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Feuerwerk aus Osteuropa:Böller: Finger weg - sonst Finger weg
von Stefan Kelch
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Eine Präventionskampagne der Bundespolizei in den Regionen zu Tschechien und Polen soll helfen. Über diese Grenzen kommen das ganze Jahr über illegale Feuerwerkskörper ins Land.
Illegale Böller: Von Hörverlust bis Tod ist alles möglich. Symbolbild
Quelle: dpa
"Finger weg" - das ist dieser Tage das Hauptthema von Polizeihauptmeisterin Jessica Große. "Finger weg - sonst Finger weg" - so lautet das Motto einer Kampagne der Bundespolizei. Große steht am Grenzübergang Zittau. Sie winkt Autos auf den Seitenstreifen, die aus Polen oder Tschechien kommen. Aus diesen beiden Nachbarländern werden Böller und andere Feuerwerkskörper nach Deutschland geschmuggelt, die hier illegal sind.
Das ganze Jahr über achten die Grenzpolizisten auf diesen Aspekt bei ihren Kofferraumkontrollen. Denn das ganze Jahr über werden die gefährlichen Explosivkörper geschmuggelt - oder aus Unkenntnis in den Nachbarländern gekauft und nach Deutschland transportiert.
Ab heute kann in Deutschland für das Feuerwerk an Silvester eingekauft werden. Die Polizei warnt vor illegalen Böllern aus dem Ausland – diese können besonders gefährlich sein. 28.12.2023 | 1:34 min
Knall mit drastischen Folgen
Böller, das ist Felix Martens vom Bundesverband der Pyrotechnik wichtig, seien per Definition nur eine Kategorie von Feuerwerkskörpern - die sogenannten Knallkörper. Sie machten nur vier Prozent des Jahresumsatzes aus. Und sie reduzierten "die Kulturpraktik des Feuerwerks zum Jahreswechsel auf den bloßen Knall".
Ein Knall mit möglicherweise drastischen Folgen. Während der Kontrolle der Autos drückt Polizistin Große an der Zittauer Grenze den Leuten einen Flyer in die Hand. Der warnt vor Unfällen mit illegalen Böllern. Von Hörverlust bis Tod ist alles möglich.
Auge und Finger verloren durch illegale Feuerwerkskörper
Martin B. aus Zittau erlitt einen solch verheerenden Unfall. Er verlor dabei sein linkes Auge. Einer seiner Bekannten zündete neben ihm eine sogenannte Kugelbombe aus Tschechien. "Sie explodierte zweimal, Funken flogen herum", gibt er in dem Flyer zu Protokoll.
Sein verletztes Auge war nicht mehr zu retten.
Auf einem Spielplatz in Landsberg (Sachsen-Anhalt) fand der 12-jährige Jan einen Böller. Er nahm ihn mit nach Hause. Sein Plan: ihn anzünden und aus dem Kinderzimmerfenster werfen.
Doch dazu kam es nicht. "Der Böller ging direkt in meiner Hand los. Es gab einen lauten Knall. Ich bin aufs Bett gefallen und habe laut geschrien, meine Eltern sollen den Krankenwagen rufen!" Das Zimmer war voller Blut; Jans rechte Hand war zerstört. Trotz mehrfacher Operationen muss Jan nun mit drei Fingern zurechtkommen.
So reagieren eigentlich alle der Angesprochenen bei den Grenzkontrollen. Es käme für sie gar nicht infrage, illegale Böller auch nur anzufassen. Man sei sich der Gefahren bewusst.
Die Berliner Silvesternacht ist jedes Jahr eine Herausforderung für Polizei und Feuerwehr. ZDF-Reporter Carsten Behrendt besucht eine Berliner Feuerwache in Neukölln.27.12.2023 | 10:05 min
Polizei will Schüler für Gefahren sensibilisieren
Dennoch geschehen eben immer wieder Jahr für Jahr Unfälle mit den sogenannten "ungeprüften Feuerwerken" oder denen der Kategorie F3 und F4 - die nur von Profis gezündet werden dürfen.
Die Bundespolizeiinspektion Ebersbach-Neugersdorf spricht vor allem Schüler der 7. und 8. Klassen an. Jessica Große war in allen Schulen der Oberlausitz, hat 1.200 Schülern erklärt, warum sie auf jeden Fall die Finger von illegalen Feuerwerkskörpern lassen sollten.
Auch der Schock heiligt die Mittel. Die Schicksale vom einäugigen Martin B. und von Jan mit den drei Fingern sollen drastisch klar machen, welche Folgen Unwissenheit oder Dummheit haben können. Louis Dutschmann aus der Pestalozzi-Oberschule Neusalza-Spremberg hat das Schockvideo der Bundespolizei die Augen geöffnet: "Ich werde das wahrscheinlich nicht mehr machen… die Leute tun mir leid".
Feuerwerkskörper werden nach ihrem Verwendungszweck und dem Grad der Gefährlichkeit in die Kategorien F1 bis F4 eingeteilt.
Kategorie F1 - Kleinstfeuerwerk
(sehr geringe Verletzungsgefahr)
Kategorie F2 - Silvesterfeuerwerk
(geringe bis mittlere Verletzungsgefahr)
Kategorie F3 - Mittelfeuerwerk
(mittlere bis große Verletzungsgefahr)
Kategorie F4 - Großfeuerwerk
(große Verletzungsgefahr)
Ungeprüftes Feuerwerk
(sehr große Verletzungsgefahr)
Quelle: Bundespolizei
Kategorie F1 - Kleinstfeuerwerk
(sehr geringe Verletzungsgefahr)
- Mindestalter 12 Jahre
- Umgang ganzjährig erlaubt
Kategorie F2 - Silvesterfeuerwerk
(geringe bis mittlere Verletzungsgefahr)
- Mindestalter 18 Jahre
- Umgang im Freien ohne Gefahr für andere nur vom 31.12. bis 1.1. oder mit besonderer Genehmigung der Kommune gestattet
Kategorie F3 - Mittelfeuerwerk
(mittlere bis große Verletzungsgefahr)
- Mindestalter 18 Jahre
- Erlaubnis für sprengstoffrechtlichen Umgang erforderlich
Kategorie F4 - Großfeuerwerk
(große Verletzungsgefahr)
- Mindestalter 21 Jahre
- Befähigungsschein und Fachkundenachweis für sprengstoffrechtlichen Umgang erforderlich
Ungeprüftes Feuerwerk
(sehr große Verletzungsgefahr)
- keine Kennzeichnung und kein Prüfzeichen
- Kauf, Einfuhr und Umgang verboten
- Straftat nach Sprengstoffgesetz
Quelle: Bundespolizei
Stefan Kelch ist Reporter im ZDF-Landesstudio Sachsen.
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