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Weltkunstschau in Kassel:US-Kuratorin Beckwith leitet neue documenta
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Die vergangene documenta 15 machte mit antisemitischen Vorfällen Schlagzeilen. Nun stellt sich die Weltkunstschau in Kassel neu auf - mit der New Yorker Kuratorin Naomi Beckwith.
Naomi Beckwith tritt die Nachfolge des Künstlerkollektivs Ruangrupa an, das die umstrittene documenta 15 kuratiert hatte.
Quelle: dpa
Die künstlerische Leitung der nächsten Weltkunstausstellung documenta in Kassel steht fest: Die am New Yorker Guggenheim-Museum tätige Kunsthistorikerin Naomi Beckwith wird die documenta 16 im Jahr 2027 kuratieren und damit konzeptionell prägen, wie documenta-Geschäftsführer Andreas Hoffmann in Kassel bekanntgab.
Die 48-jährige US-Amerikanerin ist stellvertretende Direktorin und Chefkuratorin am Guggenheim Museum. Die zurückliegende documenta war wegen antisemitischer Darstellungen und wegen des Umgangs der Kuratoren damit stark kritisiert worden.
Beckwith: documenta eine "Institution"
Beckwith selbst sagte, die Frage sei, was Kunst heute in einer Welt der Unsicherheit leisten könne, um "Krisen zu durchleben". Denn Künstler seien Meister der Improvisation. Und die documenta sei "eine Institution, die der ganzen Welt und genauso auch Kassel gehört". Mit Blick auf die zurückliegende documenta sagte Beckwith:
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Viel Kritik an Kuratoren der documenta 15
Die 15. Ausgabe der alle fünf Jahre stattfindenden Kunstschau wurde vom indonesischen Künstlerkollektiv Ruangrupa kuratiert und dauerte vom 18. Juni bis 25. September 2022. Für einen Skandal sorgte die Präsentation des Banners "People's Justice" des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi mit antisemitischen Motiven. Das Werk zeigte unter anderem einen mit Davidstern dargestellten Soldaten mit Schweinsgesicht, der einen Helm mit der Aufschrift "Mossad" trug - dem Namen des israelischen Auslandsgeheimdienstes.
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Bereits im Vorfeld der documenta 15 waren erste Stimmen laut geworden, die Ruangrupa und einigen eingeladenen Künstlern eine Nähe zur anti-israelischen Boykottbewegung BDS vorwarfen. Kurz nach der Eröffnung wurde eine Arbeit mit antisemitischer Bildsprache entdeckt und abgehängt. Später lösten weitere Werke scharfe Kritik und Forderungen nach einem Abbruch der Ausstellung aus.
Auch bei Suche nach neuer Leitung kriselte es
Auch bei der Suche nach einer künstlerischen Leitung für die documenta 16 kriselte es. Nach Antisemitismus-Vorwürfen gegen ein Mitglied der Findungskommission war im November 2023 zunächst dieses Mitglied und später die gesamte Kommission zurückgetreten. Ein neues Gremium hatte der Aufsichtsrat erst Anfang Juli berufen. Die Folge: Die neue Kuratorin hat nun fast ein Jahr weniger Vorbereitungszeit.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) begrüßte die Berufung Beckwiths. "Sie bringt mit ihrer wegweisenden, international ausgerichteten kuratorischen Tätigkeit die besten Voraussetzungen mit, um die nächste documenta zu einem Erfolg mit weltweiter Ausstrahlung zu machen", erklärte Roth in Berlin. Insgesamt sei die documenta nun auf einem sehr guten Weg.
OB Schoeller: "Einer ihrer schwersten Krisen"
Der Aufsichtsratsvorsitzende der documenta und Museum Fridericianum gGmbH, Oberbürgermeister Sven Schoeller (Grüne), sagte, die seit 1955 bestehende documenta habe sich "in einer ihrer schwersten Krisen" befunden und sei von nicht wenigen Personen totgesagt worden. Dem hielt er entgegen:
Die documenta bleibe "der Ort, an dem die dringenden gesellschaftlichen Themen der Gegenwart im Licht künstlerischer Formensprache besprochen werden".
Die documenta 16 findet vom 12. Juni bis 19. September 2027 statt. Die Schau gilt neben der Biennale in Venedig als wichtigste Ausstellung für Gegenwartskunst.
Quelle: dpa, epd, KNA
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