100 Jahre DAAD:Globaler Wettstreit um Bildung und Wissen
von Eva Schmidt
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Seit 100 Jahren fördert der DAAD den Wissenschaftsaustausch - auch diplomatische Eiszeiten bremsen ihn kaum aus. Wie Deutschland profitiert und welche Herausforderungen bestehen.
Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) förderte 2023 gut 140.000 Studierende, Graduierte und Forschende.
Quelle: dpa
Vor gut 100 Jahren liegt Deutschland nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg am Boden. Ein Student aus Heidelberg besucht die USA und organisiert von dort aus Stipendien für seine Kommilitonen in der Heimat. Aus der Idee entwickelt sich im Januar 1925 der Vorläufer des heutigen DAAD, kurz für Deutscher Akademischer Austauschdienst. Der Heidelberger Student, Carl Joachim Friedrich, wird später noch eine Menge von sich reden machen - unter anderem hat er am Grundgesetz mitgewirkt.
Zu seinem runden Jubiläum blickt der DAAD wieder auf eine Welt im Umbruch. Vertretungen in Minsk oder Teheran sind geschlossen, Programme aus Deutschland nach Russland liegen auf Eis.
Mehr Konkurrenz für DAAD durch China und Golfstaaten
Auf die wachsenden Konflikte reagiert der DAAD mit einer sogenannten "Außenwissenschafts-Realpolitik". Was darunter zu verstehen ist, erklärt Frens Stöckel, Referatsleiter DAAD-Netzwerke, am Beispiel der Region Westbalkan. Dort bauen vor allem China, aber auch die Golfstaaten ihre Interessen erheblich aus. China finanziert nicht nur Infrastrukturprojekte wie Straßen oder Bahnhöfe.
Der politische Begriff "Westbalkan" umfasst jene Balkan-Staaten, die noch keine EU-Mitglieder sind. Es handelt sich um Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien.
"Auch auf dem Westbalkan sind die Konfuzius-Institute im Zeichen von 'Soft Power' aktiv, bieten Sprachlern- und Kulturangebote an und versuchen, ein positives China-Bild in den Gesellschaften zu verankern - neben ihrem ohnehin starken wirtschaftlichen Engagement", sagt Frens Stöckel gegenüber ZDFheute. Die Konfuzius-Institute sind umstritten, denn sie stehen in der Kritik, vor allem ein Instrument der Kommunistischen Partei Chinas zu sein.
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Um den Einfluss demokratiefeindlicher Staaten in Europa einzudämmen, versucht der DAAD, den Westbalkan in den akademischen Austausch mit der EU einzubinden. Das geschieht etwa durch Summerschools oder Doppelabschluss-Programme.
140.000 Menschen profitierten 2023 von Stipendium
Der DAAD bezieht sein Geld aus öffentlichen Mitteln, zu den Gebern gehören unter anderem das Auswärtige Amt und die EU-Kommission. Der Haushalt 2023 lag bei rund 840 Millionen Euro, nach eigenen Angaben fließen bis zu 14 Prozent in Verwaltung und Betrieb, der Rest in den akademischen Austausch.
Auch wenn sich weltpolitisch die Fronten verhärten, gerät die Nachfrage nicht ins Stocken: Der DAAD förderte 2023 gut 140.000 Menschen. Förderung heißt Stipendien und Programme in beide Richtungen: Für Deutsche ins Ausland und für internationale Studierende, Graduierte und Forschende nach Deutschland.
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USA beliebtes Ziel bei deutschen Stipendiaten
Die deutschen Stipendiaten zieht es vor allem in die USA, auf den weiteren Plätzen folgen das Vereinigte Königreich, Frankreich, Kanada und Japan. Auch umgekehrt ist das Interesse aus dem Ausland an deutschen Unis und Hochschulen weiterhin hoch, sagt DAAD-Pressesprecher Michael Flacke.
Zugpferd sei die Qualität von Forschung und Lehre in der Breite, betont Flacke: "Da ist die TH Deggendorf genauso gefragt wie die TU München."
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Initiative für mehr ausländische Fachkräfte an vielen Unis
Seit Frühjahr 2024 gibt es an gut 100 deutschen Universitäten und Hochschulen eine Fachkräfteinitiative. Sie soll Studierenden aus dem Ausland den Übergang in den deutschen Arbeitsmarkt erleichtern. 45 Prozent von ihnen bleiben zunächst nach dem Abschluss in Deutschland. Die sogenannte "Bleibequote" ausländischer Studierender ist im internationalen Vergleich relativ hoch.
Zu den DAAD-Geförderten gehören bekannte Persönlichkeiten wie der deutsche Astronaut Alexander Gerst, die US-Schriftstellerin Susan Sontag oder der südkoreanische Künstler Nam June Paik, viele Nobelpreisträger wie der Mediziner Harald zur Hausen und auch Politiker wie Karl Lauterbach.
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