Impfschäden nach Corona-Impfung schwer nachzuweisen
Interview
Corona-Impfschäden:Nebenwirkungen der Impfung schwer nachweisbar
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Tausende Patienten klagen über Langzeitfolgen der Corona-Impfung. Ob das wirklich so zutreffe, sei derzeit bei jedem eine neue Detektivarbeit, erklärt Experte Bernhard Schieffer.
Dauerhafte Impfschäden sind extrem selten, aber es gibt sie. Bei der Corona-Impfung sind vor allem Thrombosen, Herzmuskelentzündungen und Gehirnentzündungen zu nennen. 03.07.2023 | 6:13 min
"Post-Vac-Syndrom": So werden negative Langzeitfolgen der Impfung zusammengefasst. Die Symptome ähneln dabei teilweise denen von Long Covid. Unter anderem sind nach der Impfung gegen das Coronavirus mit mRNA-Impfstoffen in sehr seltenen Fällen Herzmuskelentzündungen aufgetreten. Doch nur wenige Ärzte kennen sich mit dem seltenen Phänomen aus.
Impfschäden melden
Auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes können Betroffene einen Impfschaden melden und dafür entschädigt werden. Im Gesetz wird der Impfschaden definiert als "die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung".
Rund 6.700 Menschen haben in Deutschland seit Beginn der Corona-Impfkampagne die Anerkennung eines Impfschadens beantragt - bei rund 63 Millionen Geimpften. 2.350 Anträge sind entschieden worden - 285 davon positiv, also nur rund 12 Prozent. Der ursächliche Zusammenhang ist offenbar leicht in Zweifel zu ziehen.
Das ganze Interview mit dem Kardiologen Bernhard Schieffer, Leiter der Anlaufstelle für Betroffene mit Symptomen nach einer Covid-Impfung, bei 3satNANO.22.05.2023 | 4:27 min
Als Leiter der Anlaufstelle für Menschen mit Post-Covid-Symptomen an der Universität Marburg hat Kardiologe Bernhard Schieffer einen realistischen Blick auf die aktuelle Lage:
ZDFheute: Nur um mal eine zahlenmäßige Einschätzung zu bekommen, wie groß ist bei Ihnen die Warteliste?
Bernhard Schieffer: Wir haben im letzten Jahr knapp 2.000 Patienten durchgescreent, haben aktuell 7.000 bis 8.000 Patienten, je nachdem, an welchem Tag Sie reinschauen, auf der Warteliste.
ZDFheute: Das Problem kann man also nicht unterschätzen. Die Fälle, die wir in dem Beitrag gesehen haben, ist das ein typisches Symptomverhalten, das Sie auch tagtäglich sehen?
Schieffer: Ja. Das Problem ist ja auch von den Kollegen schon angesprochen worden. Es ist extrem schwierig zu identifizieren, welcher Patient tatsächlich eine - mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit - Nebenwirkung von der Impfung hat und welche Patienten irgendwelche anderen immunologischen Konstellationen haben, die dann mit der Impfung das Fass zum Überlaufen bringen, wodurch eine Post Covid ähnliche Symptomatik entsteht. Es ist extrem schwierig und langwierig.
Krank nach Corona-Impfung: Wer haftet für die Folgen?25.04.2023 | 11:31 min
ZDFheute: Wenn ich Sie so höre, erinnert mich das an die Anfangszeit von Corona, zu der die Ärzte und Ärztinnen relativ hilflos waren und nicht wussten, was können wir denn tun? Ist das vergleichbar?
Schieffer: Das ist tatsächlich genauso vergleichbar. Und nicht nur in der Anfangszeit von Corona. Wenn man das medizinhistorisch betrachtet: Meine Kollegen, die sich mit Polio auseinander gesetzt haben, oder als HIV aufkam, da standen wir als Mediziner genauso vor einer unbekannten Erkrankung und haben uns erstmal gefragt, warum ist das so? Warum sind bestimmte Menschengruppen in dieser Art und Weise betroffen?
Und so entwickelt sich ein klinisches Bild, was sich jetzt mehr und mehr als Post Covid zeigt. Grundlagenforschung zeigt, Covid ist Covid und Post Covid ist Post Covid. Und da gibt es kaum Veränderungen. Ob das jetzt durch die Impfung ausgelöst wird - in seltenen Fällen - oder nach Infektionen - das ist ja die viel größere Menge an Patienten, denen wir im Moment entgegen stehen.
ZDFheute: Sie haben gesagt, das Verhältnis Infektion und Impfung ist etwa 10:1, also viel mehr Menschen, die nach einer Infektion solche Symptome aufweisen. Was passiert bei dem von Ihnen angesprochenen Screening?
Schieffer: Wir schauen anhand eines Fragebogens, anhand von Laborparametern, in welche Richtung es gehen könnte und setzen dann bei einzelnen Punkten nochmal nach. Wenn es beispielsweise einen immunologischen oder infektiologischen Defekt gibt, wird dann weiter gesucht.
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ZDFheute: Die Frage ist vermutlich zu kurz und zu lapidar, um sie so zu stellen, ich tue es trotzdem: War denn die Impfung trotzdem richtig?
Schieffer: Ja! Das kann man gar nicht anders sagen. Bei all dem, was wir abschätzen können, hat sie so viel mehr an Vorteil gebracht, auch in bestimmten Bevölkerungsgruppen, an Freiheitsräumen und auch an Sicherheit, dass wir auch heute immer noch sagen können, bei all den Patienten, die wir sehen, dass diese Impfung uns große Freiheiten gebracht hat, die wir auch nicht missen wollen.
Das Gespräch führte NANO-Moderator Gregor Steinbrenner.
Die Corona-Infektion liegt Monate zurück, doch gesund fühlen sich viele Betroffene noch lange nicht. In speziellen Ambulanzen versucht man, Patienten mit Langzeitfolgen zu helfen.