Faktencheck-Aus bei Instagram, Facebook: Das sind die Folgen

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    Regeln bei Instagram und Facebook:Die Folgen von Zuckerbergs Faktencheck-Wende

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    von Nils Metzger
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    Der Meta-Konzern beendet in den USA seine Kooperationen mit Faktencheck-Redaktionen. Auch die Regeln für Hassrede werden aufgeweicht. Welche Auswirkungen hat das für Deutschland?

    Meta Connect Konferenz
    Faktencheck-Aus bei Meta: Künftig sollen anstatt Profis einfache Nutzer Falschinformationen auf Facebook und Instagram kennzeichnen.08.01.2025 | 2:04 min
    Meta, der weltgrößte Anbieter von sozialen Medienplattformen, hat eine weitgehende Kehrtwende im Umgang mit Falsch- und Desinformation angekündigt. Unmittelbar vor dem Amtsantritt von Donald Trump teilte Meta-Chef Mark Zuckerberg in einer Videobotschaft am Dienstag mit, in den USA seine Kooperationen mit externen Faktencheck-Journalisten einzustellen.
    Auch Warnhinweise und sonstige Einschränkungen für nachgewiesen falsche Inhalte auf den Plattformen werden zurückgeschraubt. Die Einschränkungen für Hassrede werden in bestimmten Punkten aufgeweicht.

    Wie sollen künftig falsche Inhalte gekennzeichnet werden?

    Anstelle von professioneller Verifikation soll bei Facebook und Instagram künftig ein System von nutzergenerierten Anmerkungen, sogenannten Community Notes, treten. Wie die genau funktionieren sollen, ist noch nicht bekannt. Vorbild könnte die Plattform X sein, bei der Elon Musk ein eben solches Hinweissystem auf Nutzerbasis eingeführt hat. Auch YouTube experimentiert damit nach eigenen Angaben.
    Nach Ansicht von Experten können Community Notes durchaus eine sinnvolle Ergänzung zu professionellen Faktenchecks darstellen - insbesondere bei politisch weniger aufgeladenen Themen. Sie allein reichten aber bei Weitem nicht aus, um die Verbreitung von falschen Inhalten wirksam zu unterbinden.
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    Mark Zuckerberg, der Chef von Meta, kündigte an, Faktenchecks bei Instagram und Facebook in den USA wieder abzuschaffen. In Zukunft sollen die User selbst herausfinden, was wahr und was falsch ist.08.01.2025 | 2:27 min

    Welche Auswirkungen haben die Veränderungen bei Meta?

    "Gerade bei akuten Krisen oder im Kontext von Kriegen ist die Arbeit professioneller Redaktionen essentiell, um die Verbreitung von Desinformation einzudämmen", betont Katharina Nocun, Autorin und Expertin für Verschwörungsdenken. "Wenn Meta sich zukünftig an X orientiert und den professionellen Faktencheck durch ein System ersetzt, in dem Nutzerinnen darüber entscheiden, was als falsch oder irreführend markiert wird, spielt das den Verbreitern von Desinformation massiv in die Hände."

    Es ist geradezu tragisch, dass kurz vor Trumps Amtsantritt das 2016 eingeführte Faktchecking-Programm eingestampft wird - ausgerechnet in einer Zeit, in der es mehr denn je auf schnelle und zuverlässige Faktenchecks ankommt.

    Katharina Nocun, Expertin für Verschwörungsdenken

    Die Meta-Entscheidung, künftig weniger Geld für das Erstellen von Faktenchecks bei Dienstleistern bereitzustellen, könnte sich nun doppelt negativ auswirken: Viele der Nutzer-Korrekturhinweise auf X verweisen in ihren Belegen auf die Arbeit jener Faktencheck-Redaktionen, deren Finanzierung nun gekürzt wird. Künftig dürften also insgesamt weniger verifizierte Inhalte zur Verfügung stehen.
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    Wie begründet Mark Zuckerberg die Veränderungen?

    In seinem Video-Statement am Dienstag warf Zuckerberg Faktencheckern vor, "zu viel politische Schlagseite zu haben" und "mehr Vertrauen zerstört als geschaffen zu haben".
    Mehrere der Meta-Kooperationspartner in den USA wiesen diese Unterstellung entschieden zurück. "Ich glaube nicht, dass wir irgendetwas aus Parteilichkeit heraus getan haben", sagte Neil Brown, Präsident des Poynter-Instituts, das die Faktchecking-Seite "PolitiFact" betreibt, gegenüber der "New York Times". "Es gibt einen Berg an Dingen, die man verifizieren könnte - und wir schnappen uns, was wir können."
    Lori Robertson, leitende Redakteurin von "FactCheck.org", schrieb in einem Blogbeitrag:

    Wir haben keine Inhalte entfernt und konnten das auch gar nicht.

    Lori Robertson, FactCheck.org

    Jede Entscheidung dieser Art sei allein von Meta getroffen worden, so Robertson. Auch andere bisherige Kooperationspartner von Meta stellten klar, dass sie keinerlei Kontrolle darüber hätten, wie der Konzern die von ihnen verifizierten Informationen nutzt, oder welche Inhalte auf seinen Plattformen zurückgehalten oder eingeschränkt werden.

    Die Einstellung von Faktencheck-Kooperationen ist nur ein Teil der Veränderungen auf den Meta-Plattformen. Auch die in den USA gültigen Hausregeln gegen Hassrede wurden zurückgeschraubt - etwa mit Blick auf sexuelle Minderheiten: "Wir erlauben Anschuldigungen psychischer Erkrankung oder Abnormalität mit Blick auf Gender oder sexuelle Orientierung (…)."

    In der deutschen Version dieser Guidelines finden sich keine entsprechenden Regelungen, hier ist vergleichbare diskriminierende Sprache weiterhin untersagt. "Das ist die Art der Meinungsfreiheit, die die Rechte will: eine, die bestimmte Gruppen wieder zum Verstummen bringt", schreibt der Medienjournalist Stefan Niggemeier auf X zu den Veränderungen.

    Was für Meta ebenfalls eine Motivation sein könnte, das unbequeme Faktencheck-Thema zurückzufahren oder an Nutzer auszulagern: Mehrere Betroffene hatten, teils erfolgreich, gegen fehlerhafte Faktenchecks und ihre Markierung als Falschinformation auf Facebook geklagt.
    Heike Slansky
    Der Facebook-Konzern "Meta" will künftig auf Faktenchecks auf den eigenen Plattformen verzichten und einige Regeln vereinfachen. Heike Slansky berichtet über die Hintergründe. 07.01.2025 | 1:28 min

    Wird es auch in Deutschland Änderungen geben?

    Bislang hat Meta keine Änderungen für den deutschen oder europäischen Markt bekanntgegeben. Auf eine Anfrage von ZDFheute reagierte Meta am Mittwoch nicht. Aktuell sind drei Redaktionen in Deutschland Teil des Faktencheck-Programms des Meta-Konzerns: die Nachrichtenagenturen dpa und AFP sowie das Rechercheportal Correctiv. Sie werden von Meta für das Bereitstellen von Faktenchecks bezahlt.
    Auch andere Medien unterhalten Faktencheck-Redaktionen, etwa den ZDFheuteCheck, hier aber ohne eine direkte Kooperation mit Meta oder seinen Plattformen. Die dpa teilte ZDFheute auf Anfrage mit:

    Die dpa ist weiterhin Faktencheck-Partner von Meta. Wir haben einen laufenden Vertrag, zu dessen Details wir uns allerdings nicht äußern können.

    dpa-Stellungnahme

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    "Es ist ein Gang nach Canossa, den Mark Zuckerberg hier praktiziert, ein Kniefall vor Donald Trump", sagt Markus Beckedahl, Digitalexperte, zu den neu angekündigten Meta-Richtlinien.08.01.2025 | 5:18 min
    Expertin Nocun geht davon aus, dass die Entscheidungen in den USA auch Auswirkungen auf Deutschland haben werden: "Zuckerberg hat in seinem Statement gegen europäische Gesetzesvorgaben ausgeteilt, die er als Einschränkung der Meinungsfreiheit darstellt", sagt Nocun. "Die EU-Kommission bemängelt seit Jahren, dass Meta nicht genug gegen die Verbreitung von Hass und Desinformation unternimmt." Nun sei zu befürchten, dass sich Meta Seite an Seite mit Musks X gegen die Durchsetzung des EU Digital Services Acts stemmen werde.
    Ein Sprecher der EU-Kommission warnte Meta am Mittwoch gegenüber dem MDR vor einem solchen Schritt: "Falls sich die Plattform dann nicht an das Gesetz über digitale Dienste halten sollte, könnten wir tatsächlich auch eine Geldstrafe erlassen, die bis zu sechs Prozent des weltweiten Umsatzes einer solchen Plattform mit sich ziehen könnte."

    Experten zu Metas Kehrtwende
    :Zuckerbergs "Kniefall" vor Trump

    Meta sattelt um: Nach Trumps Wahlsieg hat der Konzern die Beendigung seines Faktencheck-Programms in den USA angekündigt. Ein Experte sieht darin eine "180-Grad-Kehrtwende".
    Mark Zuckerberg, CEO von Meta, Archivbild
    mit Video

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