Digitalisierung: Von der Grundsteuer und anderen Desastern
Digitalisierung in Deutschland:Von der Grundsteuer und anderen Desastern
von Nicole Diekmann
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Die Grundsteuererklärung wäre viel einfacher, wenn Deutschland bei der Digitalisierung weiter wäre. Doch daran hakt es - immer wieder muss der Datenschutz als Ausrede herhalten.
Am Dienstag endet die Frist für die Grundsteuererklärung. Bis Donnerstag hatten diese nicht mal zwei Drittel eingereicht. Dabei war die Frist schon um drei Monate verlängert worden.
Das Projekt Grundsteuer hat der Staat also verbockt. Und zwar dermaßen offensichtlich, dass Wirtschaft und Linke ein selten einhelliges Fazit ziehen. Iris Plöger, Hauptgeschäftsführerin beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), sagt:
Viele Teile der Grundsteuererklärung muss der Bürger sich selbst erarbeiten - wobei die Informationen auf staatlicher Seite vorhanden wären. Da fragen sich viele genervt, warum sie die Arbeit der Verwaltung leisten müssen.
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Iris Plöger, Hauptgeschäftsführerin beim BDI
Domscheit-Berg: Mischung aus Inkompetenz und Desinteresse
Anke Domscheit-Berg, Obfrau der Linkspartei im Digitalausschuss des Bundestages, ergänzt: "Ich glaube, das ist eine Mischung aus allgemeiner Inkompetenz im ganzen Kabinett und allgemeinem Desinteresse für alles Digitale beim Kanzler Olaf Scholz. Man hätte rechtzeitig dafür sorgen können, dass man einen Datenaustausch zwischen den Ämtern ermöglicht. Die Datenschutzgrundverordnung erlaubt das ausdrücklich."
Experten bestätigen das.
Nur etwa 30 statt 575 Behördengänge online möglich
Aber auch für ein anderes Digitalisierungsproblem der selbsternannten "Fortschrittsregierung" aus SPD, Grünen und FDP muss der Datenschutz als Ausrede herhalten: für das Onlinezugangs-Änderungsgesetz, das das Onlinezugangsgesetz (OZG) reformieren soll. Das OZG, beschlossen 2017, geht noch auf die Große Koalition zurück.
Quelle: ZDF
Mehr zu dem Thema sehen Sie am Sonntag um 19:10 Uhr bei "Berlin direkt" im ZDF und in der ZDF-Mediathek.
Alle 575 Behördengänge in Deutschland sollten demnach bis Ende 2022 digital möglich sein. Es wurden gerade mal knapp mehr als 30, die wirklich bundesweit für alle Bürger verfügbar sind.
Nun soll das "OZG 2.0" kommen. Das aber drückt nicht etwa aufs Tempo - im Gegenteil: Darin findet sich nun gar keine Frist mehr. Und auch die Zahl der angestrebten zu digitalisierenden Vorgänge hat sich verändert.
Wir nehmen jetzt die 15 bis 16 wichtigsten Maßgaben, die für die Bürgerinnen und Bürger Entlastung bieten. Die wollen wir innerhalb eines Jahres umsetzen.
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Nancy Faeser, Bundesinnenministerin
Alles andere sei unrealistisch: "Viele Bürgerinnen und Bürger machen sich Sorgen um ihre ureigensten Daten. Wem vertraue ich die an? Irgendeinem Server in China oder in Russland? Wenn einem das alles egal ist, kann man das natürlich sehr schnell alles umsetzen", so die SPD-Politikerin.
BDI: Fehlende Digitalisierung schadet Wirtschaft
Eine solch niedrige Geschwindigkeit gefährde den Wirtschaftsstandort Deutschland, warnt Iris Plöger vom BDI. "Wenn Sie eine ineffiziente, nicht digitalisierte Verwaltung haben, bedeutet das für die Unternehmen auch deutlich mehr Personal- und Zeitaufwand. Das ist einer der vielen Faktoren, die es unattraktiv machen, in Deutschland zu bleiben."
Auch Gitta Connemann ist alarmiert. Die Abgeordnete der CDU führt die Mittelstands- und Wirtschaftsunion:
Mehr Digitalisierung bedeutet eine Konjunkturspritze nahezu zum Nulltarif.
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Gitta Connemann, Mittelstands- und Wirtschaftsunion
Davon profitierten Betriebe unmittelbar, sagt sie, denn mehr Digitalisierung heiße: weniger Personal, mehr Zeit und damit auch weniger Kosten für bürokratische Pflichten. "Das Schneckentempo der Ampel kostet Zeit und Geld”, sagt Connemann.
Connemanns Partei ist nicht unschuldig am Desaster. Als 2017 das OZG beschlossen wurde und bis Ende 2021 stellte die CDU bekanntlich die Kanzlerin. Ja, man hätte das besser machen können, räumt Connemann ein. Aber man sei ja schließlich auch mit der Corona-Pandemie beschäftigt gewesen.
Keine Partei will zuständig sein
So findet jede, ob aktuell oder in der Vergangenheit, beteiligte Partei ihre Gründe. Der Digitalminister der Ampel, Volker Wissing von der FDP, hatte für ein Gespräch mit dem ZDF leider keine Zeit, lässt aber einen Sprecher seines Hauses darauf verweisen, dass ja viele Ministerien für das Digitale zuständig seien und er nicht federführend.
Die Grundsteuererklärung wird also höchstwahrscheinlich nicht das letzte Beispiel für das schon traditionelle Digitalisierungs-Trauerspiel in Deutschland gewesen sein.
Denn Wissings Sprecher benennt das grundsätzliche Problem der deutschen Digitalpolitik: Wenn niemand wirklich verantwortlich ist, ist auch niemand wirklich schuld.
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