Drohungen und Polizeischutz: Druck auf Ärzte in der Pandemie
Morddrohungen und Polizeischutz:Ärzte in der Pandemie: Bedroht und diffamiert
von Julia Klaus
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Ärzte geraten in der Corona-Pandemie immer mehr unter Druck. Den einen wird unterstellt, gar keine Mediziner zu sein - andere brauchen bei Impfsprechstunden Polizeischutz.
Sie äußern sich öffentlich zum Impfen oder zur Lage auf den Intensivstationen - und werden dafür bedroht, beleidigt und benötigen teils Polizeischutz. Ärzte geraten in der Pandemie immer mehr in den Fokus. Die Methoden der Maßnahmen-Kritiker werden dabei immer abstruser. Erst kürzlich wurden in Lokalzeitungen Stellenanzeigen von angeblich ungeimpften Pflegekräften geschaltet - viele davon sind jedoch Fake-Annoncen.
Nun wurde einem Arzt, der sich auf Twitter "Narkosedoc" nennt und zum Masketragen und Impfen aufruft, unterstellt, dass hinter ihm eine Agentur stehen würde, dass er also eine Art Impf-Strohmann sei. Das angebliche Ziel: Menschen Angst zu machen.
Der "Narkosedoc" hat sich gegenüber ZDFheute als praktizierender und leitender Arzt einer deutschen Intensivstation verifiziert. ZDFheute kennt seinen Namen, hat seinen Arztausweis und seine Krankenkassenkarte gesehen. Auf Twitter schreibt er unter einem Pseudonym, denn ohne Erlaubnis seines Arbeitgebers wären die kritischen Innenansichten aus dem Klinikbetrieb nicht ohne Weiteres möglich.
Auf der Covid-Intensivstation kämpft Nadine stündlich um Menschenleben.11.04.2021 | 12:50 min
Auch Herzchirurg und Anästhesist diffamiert
Auch gegen einen Herzchirurgen und einen Anästhesisten lief eine regelrechte Kampagne, die ihnen unterstellte, gar keine Ärzte zu sein. Auch mit "Lam3th", dem Herzchirurgen, und "Anästhet", dem Narkosearzt, hat ZDFheute gesprochen und ihre Identitäten und beruflichen Positionen verifiziert. Alle drei wollen nicht unter ihrem Klarnamen schreiben, denn sie fürchten radikale Pandemie-Kritiker.
Meine Frau hat mir verboten, meinen Klarnamen zu benutzen. Sie sagt: Ich möchte keinen Mob vor unserer Haustür haben.
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Lam3th, Herzchirurg
Ich habe keine Lust, dass meine Familie und ich bedroht werden.
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Anästhet, Narkosearzt
Lesen Sie hier den Bericht des Herzchirurgen über seinen Klinik-Alltag in Corona-Zeiten - ZDFheute hatte bereits im Dezember mit ihm gesprochen:
Jurist: Üble Nachrede ist strafbar
Was steckt hinter dem Agentur-Vorwurf? Der "Narkosedoc" schreibt unter seinem Pseudonym auch Artikel für den Medizin-Blog "DocCheck" - etwa zu Patientenverfügungen oder zum Notarzteinsatz bei Covid-19-Patienten.
Der emeritierte Professor für Ökonomie der Uni Hannover, Stefan Homburg, behauptet nun mit Verweis auf ein angebliches Leak, dass eine Agentur hinter dem "Narkosedoc" stecke. "Finanziert mit Millionen und Abermillionen von Politik und Pharmaindustrie wird Ihnen eine Scheinwelt vorgegaukelt, fast wie in der 'Matrix'". Seine Universität hatte sich von Homburg wegen problematischer Corona-Aussagen bereits im Mai 2020 distanziert.
Als Beweis dient Homburg, dass die Namen von DocCheck-Redakteurinnen unter dem Label "Autor" in dem angeblichen Leak auftauchen. Die große Verschwörung, die er wittert, erklärt DocCheck gegenüber ZDFheute so: "Bei Bloggern, die unter Pseudonym publizieren, übernehmen DocCheck-Mitarbeiter*innen die Administration des Blogs. Bedingt durch die Rechtestruktur unseres CMS erscheinen sie dann als 'Ersatzautor' im Quellcode." CMS nennt man das interne System, mit dem Webseiten organisiert werden.
Der Autor bestätigt das Vorgehen: Er schicke seine Texte an die Redaktion, die pflege sie dann ein und veröffentliche sie.
Mit der Fehlinterpretation der Daten durch Homburg hat sich auch das Hacker-Kollektiv Anonleaks befasst - der IT-Experte Manuel Atug sagt gegenüber ZDFheute, dass er dies für "sehr plausibel" hält. Der Rechtsanwalt Chan-jo Jun stuft den Vorwurf als üble Nachrede ein - eine Straftat, die mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden kann.
Morddrohungen, weil er zum Impfen informiert
Ein Mediziner, der zeitweilig sogar Polizeischutz beim Impfen brauchte, ist der Neu-Ulmer Hausarzt Christian Kröner. Er hatte einen Zettel zum Thema Impfen im Wartezimmer ausgehängt - und war darin humoristisch mit einigen Verschwörungserzählungen umgegangen. Über die sozialen Medien wurde der Impfzettel massenhaft geteilt. Bis zu 20 Millionen Personen könnten ihn gesehen haben, schätzt der Thinktank ISD. So geriet er auf den Schirm von Impfkritikern. Im Sommer, als Jugendliche geimpft werden konnten, bekam er Drohungen:
Es kamen Schreiben, SMS und Anrufe mit Morddrohungen. Ich habe über 300 Strafanzeigen gestellt.
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Christian Kröner, Hausarzt
Kröner beobachtet, wie die Corona-kritische Szene online gegen Ärzte und Medizinerinnen vorgeht. Er rät, sich zu wehren.
Ich sehe es nicht ein, mich in einer Demokratie mundtot machen zu lassen.
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Christian Kröner, Hausarzt
Am Mittwoch berät der Bundestag zum ersten Mal über die allgemeine Impfpflicht. Das Thema mobilisiert die impfkritische Szene seit Monaten. Die Drohungen gegen Ärztinnen und Ärzte, die sich öffentlich zum Impfen äußern, dürften nicht abreißen.
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