Türkei vor der Wahl - Was passiert bei ZDFheute live?
Wahlkampf-Endspurt in der Türkei: Entscheidet sich sogar schon im ersten Durchgang, ob die Ära Recep Tayyip Erdoğan nach gut 20 Jahren endet? Umfragen sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit seinem Herausforderer Kemal Kılıçdaroğlu voraus - manche sehen Kılıçdaroğlu sogar vorn. Er hat fast die komplette Opposition hinter sich vereint. Und ein weiterer Umstand gibt dem Sozialdemokraten Rückenwind: Am Donnerstag gab einer der anderen drei Erdogan-Herausforderer seine Kandidatur auf.
Beobachter befürchten allerdings, dass es zu Wahlmanipulationen kommen könnte und dass ein Machtwechsel nicht friedlich verlaufen könnte. Mit der Verfassungsreform 2017 hat Erdoğan auch die Justiz unter seine Kontrolle gebracht. In der medialen Berichterstattung ist seine Partei AKP im Vorteil. Das öffentliche Fernsehen ist weitgehend unter politischer Kontrolle. Unabhängige und kritische Zeitungen wurden teils eingestellt, etliche Journalisten verhaftet. Kılıçdaroğlu hat außerdem Russland die Erstellung von Deep-Fake-Inhalten und die Verbreitung von Verschwörungen im Wahlkampf vorgeworfen. "Lassen Sie die Hände von der Türkei", schrieb er auf Twitter.
Wie laufen die letzten Stunden im Wahlkampf? Welche Chancen hat der Herausforderer Kılıçdaroğlu? Sind saubere Wahlen möglich oder wird das Ergebnis beeinflusst? Darüber spricht ZDFheute live mit ZDF-Reporterin Anne Feist in Istanbul und Frank Schwabe, dem Leiter der Wahlbeobachtungskommission des Europarats. Außerdem schildert die Journalistin Meşale Tolu, die 2017 mehr als sieben Monate als politische Gefangene in türkischer Haft war, ihre Sicht auf die Türkei-Wahl.
Sorge vor Manipulation im Erdbebengebiet
"Wir haben kein Vertrauen in die Regierung", sagte der stellvertretende CHP-Chef Oguz Kaan Salıcı kürzlich gegenüber internationalen Journalisten. "Wir trauen der obersten Wahlbehörde nicht zu, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Wir verlassen uns nur auf unsere eigene Kraft." Deswegen schicken die CHP und ihr Wahlbündnis aus fünf weiteren Parteien 300.000 Freiwillige an die 50.000 Wahllokale. Sie sollen überprüfen, dass alles mit rechten Dingen zugeht:
Besonders groß ist die Sorge vor Manipulation im Erdbebengebiet. Dort könnten tote Menschen als Wähler registriert und ihre Stimmen missbraucht werden, befürchten Beobachter. "Wir wissen nicht wirklich, was mit den Ausweisen der Toten und Vermissten passiert ist", sagt Frank Schwabe, der Leiter der Wahlbeobachtungsmission des Europarats.
Zwar versichert die türkische Wahlkommission, für eine faire Wahl zu sorgen - doch das Vertrauen in staatliche Stellen ist gering. Erst vor wenigen Tagen wurden in Diyarbakir im Südosten etwa hundert Menschen festgenommen, die für eine kurdische Partei die Wahl beobachten sollten, darunter 50 Anwälte.
Mit Material von ZDF, dpa, afp, ap
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