Gerichtsurteil zur Assange-Auslieferung naht
Seit Jahren kämpft Wikileaks-Gründer Julian Assange gegen seine Auslieferung an die USA. Vor dem High Court in London hat die entscheidende Anhörung begonnen. Es geht um die Frage, ob der gebürtige Australier in Berufung gegen diese Entscheidung gehen darf.
Die USA werfen Assange unter anderem Spionage vor. Er soll der früheren militärischen US-Geheimdienstanalystin Chelsea Manning beim Diebstahl diplomatischer und militärischer Dokumente geholfen und sie veröffentlicht haben.
Wikileaks-Gründer drohen 175 Jahre Haft
Darin enthalten sind teils brisante Informationen über die Kriege im Irak und in Afghanistan - es geht es auch um die Tötung von Zivilisten und Misshandlung von Gefangenen. Sollte der 52-Jährige verurteilt werden, drohen ihm bis zu 175 Jahre Haft - mindestens aber 30 bis 40 Jahre.
Assange nahm aus gesundheitlichen Gründen am Dienstag nicht an der Verhandlung teil. Seine Ehefrau fürchtet bei einer Auslieferung um sein Leben und vergleicht seinen Fall mit dem Tod von Kremlkritiker Nawalny:
In London, Berlin und Melbourne forderten Demonstranten seine Freilassung. Für sie ist Assange ein Enthüllungsjournalist, der durch die Rede- und Pressefreiheit geschützt sein sollte.
Menschenrechtsanwalt Kaleck bei ZDFheute live
Warum wollen die USA eine Auslieferung durchsetzen? Untergräbt der Fall Assange die Menschenrechte und zeigt der Westen hier eine Doppelmoral?
Darüber spricht Victoria Reichelt bei ZDFheute live mit den ZDF-Korrespondenten in Washington und London, Elmar Theveßen und Wolf-Christian Ulrich. Außerdem mit dabei: Menschenrechtsanwalt Wolfgang Kaleck.
Mit hunderttausenden Dokumenten zum Staatsfeind der USA
Kämpfer für Pressefreiheit oder Manipulator und Straftäter? Das juristische Tauziehen um Wikileaks-Gründer Julian Assange beschäftigt die Weltöffentlichkeit seit über einem Jahrzehnt.
2010 beginnt die Enthüllungsplattform mit der Veröffentlichung hunderttausender Dokumente, die brisante Informationen über die US-Militäreinsätze im Irak und in Afghanistan enthalten. An den Enthüllungen sind mehrere internationale Medienhäuser beteiligt, auch das deutsche Magazin "Der Spiegel".
Ein Vergewaltigungsvorwurf aus Schweden
Im November 2010 erwirkt die schwedische Staatsanwaltschaft einen internationalen Haftbefehl gegen Assange. Der Vorwurf: Vergewaltigung und sexuelle Gewalt gegen zwei Frauen – der Wikileaks-Gründer bestreitet das bis heute.
Der gebürtige Australier ist besorgt, dass Schweden ihn an die USA ausliefert. Er flieht deshalb in London in die ecuadorianische Botschaft und beantragt politisches Asyl. 2017 stellt die Staatsanwaltschaft Schwedens die Ermittlungen gegen den heute 52-Jährigen ein.
Sieben Jahre in der Botschaft Ecuadors in London
Nach sieben Jahren Aufenthalt in der Botschaft Ecuadors in London wird Assange 2019 das Asyl entzogen – die britische Polizei nimmt den Whistleblower fest. Seitdem sitzt er im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh. 2020 startet in London die Hauptanhörung im Auslieferungsverfahren an die USA.
Wenig später werden Assange Suizidgefährdung und Halluzinationen bescheinigt, weshalb ein Londoner Gericht Anfang 2021 entscheidet, dass der Beschuldigte nicht in die USA ausgeliefert werden kann. Die US-Regierung legt Berufung ein, das Auslieferungsverbot wird noch im selben Jahr vom Londoner High Court einkassiert.
Halfen Assange-Leaks Trump zur Präsidentschaft?
Die Enthüllungen Assanges haben im Jahr 2016 möglicherweise sogar Auswirkungen auf den US-Präsidentschaftswahl: Kurz davor veröffentlicht Wikileaks rund 20.000 E-Mails aus dem Parteiapparat der Demokraten. Sie stammen aus dem Wahlkampfteam der Kandidatin und früheren Außenministerin Hillary Clinton.
Clinton verliert die Wahl letztendlich gegen den republikanischen Kandidaten Donald Trump. Bis heute konnte nicht geklärt werden, ob die Dokumente von Russland erbeutet und zur Verfügung gestellt worden sind.
Mit Material von afp und ap.
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