Bange Blicke richten sich auf die DFB-Pokalspiele und die Bundesliga. Der ausgerufene Kampf gegen Hass und Hetze in den Stadien steht schon am Dienstag im DFB-Pokal-Viertelfinale Schalke 04 - Bayern München (20.45 Uhr/ARD) vor einer Bewährungsprobe.
Aufgrund der rigorosen Haltung des FC Schalke 04, der bei diffamierenden Plakaten und Sprechchören "ungeachtet der Spieldauer, des Resultats oder etwaiger Konsequenzen" seine Mannschaft umgehend vom Platz holen will, scheint die Gefahr eines Spielabbruchs groß. Die Schalker haben mit dieser Vorgabe aus der bisher geltenden Drei-Stufen-Regel (zweimalige Unterbrechung vor dem Abbruch) einen Ein-Stufen-Plan gemacht.
Sorgen bei Schalke 04
Um die Eskalation zu verhindern und so ein Zeichen zu setzen, wird hinter den Kulissen in Gelsenkirchen fieberhaft gearbeitet. Es gibt "Gespräche mit allen Fangruppierungen mit dem klaren Ziel und der Erwartung, dass sie solches Fehlverhalten nicht tolerieren, geschweige denn unterstützen", ließ der Klub wissen: "Die Werte unseres Vereins und des Leitbilds, das wir uns selbst gegeben haben, lassen keinerlei Spielraum für Toleranz angesichts von Hass, Intoleranz und Diffamierung."
Ob diese Gespräche erfolgreich sind, ist fraglich. Bisher haben sich die Ultras nach ihren Anfeindungen vom Wochenende gegen Mehrheitseigner Dietmar Hopp von der TSG Hoffenheim uneinsichtig gezeigt.
Zu groß ist die Wut der Gruppierungen über die Rückkehr der Kollektivstrafe für Fans von Borussia Dortmund, die in den kommenden beiden Spielzeiten nicht mehr ins Sinsheimer Stadion dürfen.
So sieht die Organisation ProFans die Situation im deutschen Fußball als "ziemlich verfahren" an. "Es gibt derzeit keinerlei Anzeichen, dass es sich befriedet. Das alles ist unerträglich - auch für uns", sagte Sprecher Sig Zelt der Deutschen Presse-Agentur auch mit Blick auf die Pokalspiele in dieser Woche: "Es ist alles offen. Ich persönlich gehe davon aus, dass es weiter eskaliert."
Michael Gabriel, Projektleiter bei der Koordinationsstelle der Fanprojekte (KOS), befürchtet das Schlimmste. "Wenn jetzt die Latte für Spielabbrüche nach unten abgesenkt werden sollte, ist zu befürchten, dass dies dann von den Fanszenen als Aufforderung verstanden werden könnte, es mal darauf ankommen zu lassen", sagte Gabriel, der eine "Spirale der Eskalation" erkannt hat, der "Frankfurter Rundschau": "Mein Wunsch wäre es, dass man jetzt innehält und beide Seiten nach Möglichkeiten suchen, miteinander ins Gespräch zu kommen."
Hopp: Grundlos massiv beleidigt
Genau das lehnt Hopp aber ab. "Ich sehe keinen Sinn darin, mich mit Menschen auseinanderzusetzen, denen ich noch nie etwas getan habe, die mich seit Jahren grundlos massiv beleidigen und gar keinen Konsens wollen", sagte der 79-Jährige.
Den Vorwurf aus den Reihen der Fans, wonach die Verantwortlichen der Klubs und der Verbände dem TSG-Macher "nur" deshalb zur Seite springen, weil er ein einflussreicher Milliardär sei, weist Hopp zurück: "Beleidigungen gegen jeden Menschen sind zu verurteilen, egal wo und in welcher Form."
In diesem Zusammenhang fordert auch Jörg Schmadtke nun eine eindeutige Haltung der Klubs und der Verbände. "Es ist ja hoch interessant, dass auf der einen Seite sehr deutlich reagiert wird, was ich auch richtig finde, in anderen Fällen wird aber darüber hinweg geguckt", sagte der Manager des VfL Wolfsburg der "Bild-Zeitung": "Da muss schon eine Eindeutigkeit her."
Rummenigge fordert Rauswurf
Sollte der Konsens hergestellt werden, wonach zukünftig jede Art der Diffamierung nicht mehr toleriert wird, dürfte das weitreichende Konsequenzen haben. Der von Bayern-Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge angedeutete Rauswurf der Ultras aus den Stadien hat schon Unterstützer gefunden.
"Die Verantwortlichen müssen einfach mehr Mut haben", sagte der langjährige Klub-Funktionär Heribert Bruchhagen bei "Sport1": "Das betrifft mich selbst. Ich bin immer wieder in die Kommunikation gegangen, statt Leute rauszuwerfen."
Auch Max Eberl machte klar, dass man Hetzer "nicht mehr in den Stadien haben" will. Eine Folge könnten laut des Sportdirektors von Borussia Mönchengladbach personalisierte Tickets sein: "Das heißt aber wiederum: keine Stehplätze mehr. Das will man aber auch nicht."
Hopps Anwalt Christoph Schickhardt forderte im "SWR" noch drastischer Maßnahmen: "Es muss zu Hausdurchsuchungen kommen, da muss man auch mal jemanden einen Tag in der Zelle lassen."
Quelle: dpa