Brauchen wir heute noch Religion? Oder sind wissenschaftliche Erkenntnisse ausreichende Grundlage für unser Handeln, wie Atheisten sagen? In Deutschland sind etwa 44,8 Millionen Mitglieder in den christlichen Kirchen, ca. 5,5 Millionen Muslime und etwa 92.000 Juden und Jüdinnen. Trotz dieser beeindruckenden Zahlen verzeichnet das Land so viele Kirchenaustritte wie nie zuvor – fast eine halbe Million im Jahr 2022. Steckt mit der Kirche auch der Glaube selbst in der Krise?
Ist Religion gefährlich?
Matthias Narr ist Youtuber und überzeugter Atheist. Auf seinem Kanal "BiasedSkeptic" setzt er sich kritisch mit gesellschaftlichen Themen auseinander, Religion ist eines davon: "Je mehr ich mich damit beschäftig habe, desto mehr bin ich vom Glauben weggekommen. Ich finde Religionen und Gottesüberzeugungen in sich nicht schlüssig." Für den 34-jährigen bergen Glaube und Religion einige Gefahren: "Die Geschichte hat gezeigt, dass Religion missbraucht werden kann und mitunter zu unmenschlichem Verhalten führt". Zudem kritisiert der 34-Jährige, dass der Glaube an einen nicht beweisbaren Gott eine falsche Logik legitimiere: "Wenn wir Leuten beibringen, dass in einigen Bereichen wie Religion eine unlogische Denkweise in Ordnung ist, bringen wir ihnen auch bei, das in andere Bereiche anzuwenden und das halte ich für schädlich."
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Glaube als Orientierungshilfe
In Bernd Beermanns Alltag spielt Glaube eine große Rolle. Im Alter von 21 Jahren trat er in die Ordensgemeinschaft der Kapuziner ein, die Teil der katholischen Kirche ist. Der heute 55-Jährige ist Ordensbruder auf Lebenszeit und hat damit drei Gelübde abgelegt, nach denen er lebt: "Armut, Ehelosigkeit, Gehorsam." Außerdem ist Bernd Biologe und promovierter Chemiker – für ihn kein Widerspruch: "Glaube und Wissenschaft sind für mich ganz gut miteinander vereinbar, weil sie sich mit sehr unterschiedlichen Dingen auseinandersetzen." Bruder Bernd ist überzeugt, dass der Glaube der Gesellschaft heute noch immer einen Mehrwert bietet: "Ein Glaube ist eine Orientierungslinie, woraufhin ich leben will. Es tut einer Gesellschaft gut, eine solche Orientierung zu haben."
Bei "Sag’s mir" begegnen sich zwei Menschen, die Glaube und Religion unterschiedlicher kaum bewerten könnten. Gelingt es zwei Fremden, sich trotz ihrer konträren Überzeugungen näherzukommen?
"Sag’s mir" mit den Gästen Bernd Beermann, Ordensbruder und Naturwissenschaftler, sowie Matthias Narr, Atheist und Youtuber.