Am 7. Oktober 2023 wurde Israel von der islamistischen Terrororganisation Hamas angegriffen, die an diesem Tag über 1.200 Menschen tötete und etwa 240 Israelis als Geiseln in den Gaza-Streifen entführte. Seitdem versucht Israel, die Hamas mit Luftangriffen und Bodenoffensiven zu zerschlagen. Nach einem Jahr Krieg wurden in Gaza zehntausende Menschen getötet, darunter viele Zivilist*innen. Gleichzeitig werden immer noch 97 Israelis in der Gewalt der Hamas vermutet; 37 Geiseln wurden bereits für tot erklärt. Auch in Deutschland schlägt der Nahost-Konflikt hohe Wellen. Seit dem 7. Oktober 2023 haben sowohl antisemitische als auch antimuslimische Vorfälle zugenommen. Wie steht es in Politik und Gesellschaft um die Solidarität mit Israelis und Palästinenser*innen? Und wie kann es gelingen, die gesellschaftliche Spaltung zu überwinden?
Fehlende Empathie und Unterstützung
Liri ist Jüdin und Deutsch-Israelin. Ihre Eltern sind in Israel geboren, sie selbst in Deutschland. Nach dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober wurde der 21-Jährigen eines sehr bewusst: "Ohne die Existenz Israels könnte ich hier in Deutschland nicht sicher leben, denn der Antisemitismus ist nicht nur zwischen den Zeilen zu sehen, sondern auf offener Straße."
Zwar sei Kritik an der israelischen Regierung legitim. Die Grenze zum Antisemitismus werde allerdings immer wieder überschritten, wie Liri selbst in einem pro-palästinensischen Protestcamp an ihrer Hochschule beobachten konnte: "Wir hatten bei uns ein Protestcamp, das ich aufgrund der Rhetorik und der gezeigten Symbole tatsächlich als Pro-Hamas betiteln würde. Und das sorgt natürlich für Angst." Diese Sorgen der jüdischen Community nehme die Gesellschaft nicht ernst genug: "Ich wünsche mir mehr Empathie und Unterstützung von der Mehrheitsgesellschaft uns Juden gegenüber und generell allen, die an diesem Konflikt beteiligt sind."
Leid auf beiden Seiten sehen
Auch Iman hat den Eindruck, dass die Solidarität in Deutschland einseitig ist – allerdings für Israel. Die 25-Jährige ist Deutsch-Palästinenserin, ihre Eltern kommen aus dem Gazastreifen und ihre gesamte Familie lebt dort. "In der Bevölkerung ist die Solidarität mit den Menschen in Gaza groß, doch in Medien und Politik spiegelt sich das nicht wider. Als Palästinenser fühlt man sich dadurch entmenschlicht."
Iman hat bereits mehr als 85 Familienglieder in Gaza verloren. Seit dem 7. Oktober ist sie auf X aktiv mit dem Ziel, über die Situation vor Ort aufzuklären: "Mein Wunsch ist einfach, dass man palästinensisches Leid auch sieht. Ich sehe auch israelisches Leid." Es sei wichtig, dass die palästinensische Community in Deutschland – die größte innerhalb Europas - weiterhin die Möglichkeit habe, auf die Straße zu gehen: "Ich finde die Demonstrationsfreiheit muss gewährleistet sein. Ich finde es mega wichtig, dass wir hier aufstehen für einen Waffenstilltand, Sicherheit und Frieden für alle Menschen."
Bei Sag's mir begegnen sich zwei Menschen, die den Nahost-Konflikt aus ganz unterschiedlichen Perspektiven betrachten. Gelingt es zwei Fremden, sich trotz ihrer konträren Ansichten anzunähern?
Sag's mir mit den Gästen Liri, Studentin, Deutsch-Israelin und Jüdin, sowie Iman, Studentin und Deutsch-Palästinenserin.