Millionen Menschen demonstrieren derzeit gegen Rechtsextremismus. Auslöser war ein Bericht des Recherchenetzwerks Correctiv über das "Potsdamer Treffen", bei dem u.a. AfD-Politiker*innen und Neonazis über Pläne einer massenhaften Vertreibung von Menschen aus Deutschland gesprochen haben. Doch die AfD profitiert auch von der Aufdeckung ihres "Geheimplans". So hat sie bereits in den ersten drei Wochen nach Erscheinen der Recherche 2700 neue Mitgliedsanträge erhalten. Auch bei den Wähler*innen befindet sie sich auf einem Hoch: 20 Prozent würden die AfD aktuell wählen, eine Partei, die 30-40 Prozent rechtsextreme Mitglieder hat.
Wie mit der AfD umgehen?
Der Umgang mit Rechten polarisiert. Die einen sind überzeugt, es sei wichtig mit ihnen zu reden, ihre Vorurteile mit Fakten zu widerlegen. Andere sind sich sicher, dass man Rechten keine Bühne bieten dürfe, da das zu Normalisierung ihrer Positionen beitrage. Wie sollte man einer in Teilen rechtsextremen Partei begegnen, die Zuspruch von einem Fünftel der Bevölkerung erhält? Sollte man auf Augenhöhe mit ihnen sprechen oder sie ausgrenzen?
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AfD soll keine Bühne bekommen
Aljosha Muttardi ist ein queerer veganer Arzt, YouTuber und Aktivist. Als schwuler Mann mit Migrationshintergrund fühlt sich Aljosha betroffen von den Zustimmungswerten der AfD: "Das, was gesellschaftlich als sagbar gilt, hat sich krass nach rechts verschoben." Die Gewalt an queeren Menschen habe zugenommen und er bekomme online mehr Hassnachrichten als zuvor: "Die Debattenkultur macht mir Angst."
Die AfD mache sich Ängste zu Nutze, um Feindbilder zu zeichnen. Daher sei es wichtig, dass marginalisierte Menschen selbst zu Wort kämen, statt dass nur über sie gesprochen werde. Die AfD hingegen solle nicht eingeladen werden: "Sie bekommt schon viel zu viel Bühne und die Lügen, die AfD-Vertreter*innen raushauen, können live nicht schnell genug überprüft werden." Dass die gesamte AfD als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft ist, sei Grund genug, sie nicht mehr einzuladen.
Demokratie ist keine Wohlfühlveranstaltung
Ben Krischke ist Journalist, freier Autor und Digitalchef beim Politikmagazin Cicero. Von einer Brandmauer gegen die AfD hält er nichts: "Seit Jahren sieht man doch, dass diese Taktik nicht funktioniert, die Partei ist stärker denn je." Als demokratisch gewählte Partei mit hohen Zustimmungswerten könne man die Partei nicht einfach ignorieren, sondern müsse sie zwingend in Talkshows einladen. "Es gehört zur Demokratie dazu, sich auch mit schwierigen Positionen auseinander zu setzen und auch innerhalb der AfD gibt es legitime Meinungen."
Als Journalist gibt es für Ben keine Grenze des Sagbaren. Zu schnell würden Positionen als rechtextrem eingestuft, obwohl sie noch im politischen Meinungskorridor Platz hätten: "Jede Aussage, die vom Grundgesetz gedeckt ist, ist eine legitime Aussage. Alles darüber hinaus ist Sache der Staatsanwaltschaft."
Bei Sag's mir begegnen sich zwei Fremde, die die Frage nach dem öffentlichen Umgang mit der AfD ganz anders beantworten. Gelingt es ihnen, sich trotz konträrer Haltung anzunähern?
Sag's mir mit den Gästen Aljosha Muttardi, Arzt, Aktivist, Content Creator und Ben Krischke, Journalist und Autor.