Das Gegenteil von Inklusion
Cinderella weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt haben. Die 30-Jährige kam neun Wochen zu früh mit einem Sauerstoffmangel zur Welt und hat seitdem eine Gehbehinderung. Werkstätten sind für Cinderella Orte, an denen Menschen mit Behinderung ausgenutzt werden: "Es gibt immer Firmen oder auch Personen, die finanziell davon profitieren, dass jemand mit einer Behinderung in einer Werkstatt beschäftigt ist."
Außerdem sei die niedrige Bezahlung der Werkstattbeschäftigten nicht mit der UN-Behindertenrechtskonvention vereinbar, laut der das Recht auf die Bestreitung des eigenen Lebensunterhaltes besteht. Statt Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft zu integrieren, schotte man sie in Werkstätten ab. Werkstätten von jetzt auf gleich abzuschaffen sei für Cinderella aber nicht die Lösung: "Es geht darum, wie wir die Werkstätten transformieren können, sodass sie wirklich inklusiv sind."
Kein Ort der Ausbeutung
Sabine arbeitet seit mehr als 10 Jahren in einer Berliner Werkstatt für behinderte Menschen. Sie hat das fetale Alkoholsyndrom, eine Behinderung, die durch mütterlichen Alkoholkonsum während der Schwangerschaft entsteht und zu geistigen und körperlichen Einschränkungen führt. Die 44-Jährige stört sich am negativen Image der Werkstätten: "Wann immer ich irgendwelche Medienberichte sehe, ist von diesem Ausbeutungssystem die Rede. Das ist aus meiner Sicht nicht korrekt." Für sie schaffe eine Werkstatt angepasste Arbeitsplätze für Menschen, die den Ansprüchen des regulären Arbeitsmarktes nicht gewachsen seien.
Sabine ist gerade deshalb mit ihrem Arbeitsplatz zufrieden: "Ich kann hier arbeiten, ohne dass starker Druck auf mich ausgeübt wird und finde Hilfe und Unterstützung, die ich außerhalb der Werkstatt wahrscheinlich nicht hätte." Zwar sei ihr Werkstatteinkommen gering, allerdings erhalte sie, wie die meisten Werkstattbeschäftigten, zusätzlich Grundsicherung und weitere staatliche Sozialleistungen: "Wenn man das dazurechnet, ist das eigentlich eine ziemlich große Summe Geld und die würdest du auch bekommen, wenn du einen regulären Platz auf dem Arbeitsmarkt hättest."
Bei "Sag’s mir" treffen zwei Menschen aufeinander, die sich beide mehr Inklusion wünschen, aber ganz anders über Behindertenwerkstätten denken. Schaffen es zwei Fremde, sich trotz ihrer unterschiedlichen Sichtweisen anzunähern?
"Sag’s mir" mit den Gästen Cinderella Glücklich, Beraterin für Inklusionsstrategien und Sabine Zobel, Beschäftigte in einer Werkstatt für behinderte Menschen.