Ob mit Sternchen, Doppelpunkt, Unterstrich oder Binnen-I: Durch das Gendern werden Frauen und diverse Geschlechter in der Sprache berücksichtigt. 39 Prozent der unter 25- bis 34-Jährigen finden geschlechtergerechte Sprache wichtig, 52 Prozent weniger oder gar nicht wichtig. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein ist das Gendern mit Sonderzeichen an Schulen bereits untersagt; in Bayern, Hessen und Thüringen ein solches Verbot in Planung. Das sorgt für viel Protest. Brauchen wir gendergerechte Sprache für mehr Gleichberechtigung oder spaltet sie die Gesellschaft?
Zugang erleichtern
Saskia kämpft für eine gendergerechtere Sprache, um Frauen und diverse Geschlechtsidentitäten sichtbarer zu machen. Saskia ist 30 Jahre alt und überzeugt, dass Gendern auf diese Weise die Gleichberechtigung voranbringt: "Sprache schafft Realität und bestimmt, was wir am Ende als normal oder nicht normal definieren." Saskia ist nicht-binär, das heißt Saskia identifiziert sich weder ganz mit dem weiblichen noch mit dem männlichen Geschlecht. Gendergerechte Sprache signalisiere eine gesellschaftliche Anerkennung dieser Identität: "Meine Geschlechtsidentität hat in dieser Gesellschaft so gut wie keine Berechtigung und wird nicht ernst genommen. Allein dieses Sternchen würde eine Haltung zeigen, dass ich wenigstens existieren darf."
Als Content-Creator*in, Podcaster*in und Dozent*in klärt Saskia untern anderem übers Gendern auf und möchte Menschen den Zugang zum Thema erleichtern. Denn für mehr Zuspruch in der Bevölkerung sei vor allem eines wichtig: "Wir müssen das Thema sprachlich runterbrechen und erklären, dass es dabei um unsere Werte geht und uns alle betrifft."
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Anliegen einer Minderheit
Julia gendert meistens nicht: "Ich lehne so gut wie alle Formen des Genderns ab." Die 29-Jährige ist Journalistin, Sprache ihr Werkzeug. Zwar ist auch Julia Gleichberechtigung wichtig, die Sprache ihrer Meinung nach aber das falsche Mittel zum Zweck: "Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie viele Leute denken, dass Gendern wirklich etwas in der Realität verändert. Die Realität prägt meint Denken, nicht die Sprache." Am generischen Maskulinum, also der Bezeichnung von gemischtgeschlechtlichen Personengruppen mit der männlichen Form, hat Julia nichts auszusetzen: "Man sollte das generische Maskulinum beibehalten, weil es die fairste Form für alle ist."
Julia stört sich daran, dass viele Medien gendergerechte Sprache benutzen, obwohl die Mehrheit der Bevölkerung diese ablehne: "Man diktiert einer Mehrheit, was eine Minderheit gern hätte", so ihr Eindruck. Gendern führe zu einer Lagerbildung und damit auch zur Spaltung der Gesellschaft. Wer es nicht tue, werde von Befürworter*innen häufig vorverurteilt: "Wenn ich nicht gender, denken Leute oft, ich sei irgendwie rückständig. Mich nervt, dass man oft so abgestempelt und mit Wörtern wie 'rechts' etikettiert wird."
Ist Annäherung möglich?
Bei "Sag's mir" treffen zwei Menschen aufeinander, für die gendergerechter Sprache einen ganz unterschiedlichen Stellenwert hat. Schaffen es zwei Fremde, sich trotz konträrer Positionen näher zu kommen?
"Sag's mir" mit den Gästen Saskia Michalski, Content Creator*in und Podcaster*in, sowie Julia Ruhs, Journalistin.