Tausende junge Deutsche machen jedes Jahr einen Freiwilligendienst im Ausland. Im Jahr 2022 waren es über 6000 Freiwillige, rund 86 Prozent waren zwischen 18 und 20 Jahren alt. Besonders beliebte Ziele sind Länder des Globalen Südens in Lateinamerika und Afrika. Die Freiwilligendienste sollen nachhaltige Entwicklung und Frieden fördern und zur globalen Bildung beitragen. Kritiker*innen des Volunteering warnen davor, dass die Entsendung privilegierter, weißer Freiwilliger, die in der Regel ungelernte Fachkräfte sind, nicht zum Abbau globaler Ungleichheiten beitragen, sondern diese reproduziere und koloniale Narrative bediene. Haben Länder des Globalen Südens überhaupt einen Mehrwert durch junge Freiwillige aus privilegierten Ländern? Handelt es sich beim internationalen Volunteering überhaupt um echte Hilfe? Oder geht es eher um Bevormundung?
Freiwilligendienste tragen zur Völkerverständigung bei
Hannah Bruckmann hat einen Freiwilligendienst in Uganda absolviert, bei dem sie Englisch und Mathe unterrichtete. "Ich fühlte mich nicht qualifiziert für meine Tätigkeit als Lehrerin, denn ich war es de facto nicht, dennoch konnte ich vor Ort helfen, weil ich Arbeit abgenommen habe." Die 23-jährige Ethnologie-Studentin ist Ko-Gründerin eines Vereins, der sich in Uganda für Aufforstung, Armutsbekämpfung und Emanzipation einsetzt. "Die Entscheidung einen Freiwilligendienst zu machen, hat mein Leben verändert, ich hätte sonst weder Ethnologie studiert noch diesen Verein gegründet." Sie ist überzeugt, dass "Freiwilligendienste junge Menschen in ihrer Entwicklung voranbringen und die gegenseitige Perspektiverweiterung zur Völkerverständigung beiträgt."
Koloniale Kontinuitäten werden aufrechterhalten
Celia Parbey ist Journalistin, Moderatorin und Afrikawissenschaftlerin. Ihre Schwerpunktthemen sind Feminismus, koloniale Kontinuitäten und Rassismus. Die 30-jährige sieht Freiwilligendienste kritisch, "weil niemand davon profitiert außer den jungen Menschen aus dem Globalen Norden selbst." Es sei "unglaublich rassistisch, dass eine ungelernte Kraft aus einem privilegierten Entsendeland eine qualifizierte Tätigkeit im Globalen Süden macht." Celia ist überzeugt, dass "das Narrativ der weißen Retter:innen, die Menschen in Ländern Afrikas oder Lateinamerikas vermeintlich helfen, koloniale Machtverhältnisse aufrechterhält." Kulturellen Austausch findet die Deutschtogolesin sehr wichtig, "nur muss er auf Augenhöhe passieren und das ist bei den Freiwilligendiensten nicht der Fall."
Bei Sag's mir begegnen sich zwei Fremde, die konträre Ansichten zu Auslands-Freiwilligensdiensten haben. Gelingt es ihnen, sich dennoch anzunähern?
Sag's mir mit den Gästen Hannah Bruckmann, ehemalige Freiwilligendienstleistende in Uganda und Ethnologie-Studentin und Celia Parbey, Journalistin, Moderatorin und Afrikawissenschaftlerin.