Mehr als 300.000 Menschen haben die Caspar-David-Friedrich-Ausstellung in Hamburg gesehen. Was fasziniert uns an seiner Kunst, der Romantik, und wie romantisch sind wir heute?
Romantik hat vor allem mit Sehnsucht zu tun – nach der wahren Liebe, nach Vollkommenheit im Leben, nach einem Idealzustand. Doch wo können wir diese Sehnsucht heute stillen, und welche Rolle spielen dabei Kunst und Natur?
Die Ära der Romantik
Salwa Houmsi begibt sich auf die Suche: In der Hamburger Kunsthalle testet sie, wie die Kunst von Caspar David Friedrich auf Kinder von heute wirkt - ein unverfälschter Blick dreier siebenjähriger Kunstexpertinnen auf die Meisterwerke, deren romantische Wirkung sich voll entfaltet. Salwa Houmsi setzt eine spezielle Brille auf, die ihre Blicke auf die Bilder analysiert, und der Neurowissenschaftler Arjen Alink erklärt ihr, was Caspar David Friedrich mit ihr macht, auch 200 Jahre nach seinem Tod – wie seine Malerei prototypisch ihre Aufmerksamkeit weckt und im Hirn sogar einen beruhigenden Effekt auslöst.
Aber nicht nur in der Hamburger Kunsthalle, auch in Greifswald - der Heimatstadt des Künstlers - und auf Rügen geht "aspekte" auf Spurensuche – gemeinsam mit Florian Illies und dem DJ Christian Löffler. Wie Caspar David Friedrich wurde auch der Musiker in Greifswald geboren. Er ist einer der populärsten zeitgenössischen DJs und hat zum Geburtstag des Künstlers den Greifswalder Dom in einen "Berghain der Ostsee" verwandelt.
Tiefe romantische Empfindung
Damals wie heute: Die Kunst scheint ein Ort zu sein, an dem es Menschen gelingt, ihre Sehnsüchte zu stillen. "Es war, als hätt' der Himmel die Erde still geküsst". Diese Zeilen Eichendorffs, die Robert Schumann in Musik übersetzt hat, zeigen die ganze Tiefe der romantischen Empfindung, die auch heute berührt und wirkt. Die Romantiker interessieren sich vor allem für die Fantastik, die Nacht, das Wunderbare – zu hören auch in den Kunstliedern.
In Heidelberg trifft Salwa Houmsi den Bariton Benjamin Appl. Am dortigen Liedzentrum wird nicht nur der Sangesnachwuchs gefördert, sondern man will das Lied auch aus seinem Schattendasein herausholen. Viele der Liedtexte wurden dort in der Gegend gedichtet, inspiriert auch vom Neckar und dem Rheintal - "eine Gegend wie ein Dichtertraum".
Loreley und Fernweh
Salwa Houmsi besucht die Loreley und trifft dort auf die Loreley-Beauftrage von Sankt Goarshausen. Anschließend stattet sie dem Burg-Kastellan Alexander Gessner einen Besuch auf dessen Burg Gutenfels ab. Die Nacht verbringt sie allerdings woanders, denn wer mal so richtig abschalten will, schafft das am ehesten in einem der Baumwipfelhäuser des Architekten Andreas Wenning. Oben in den Baumkronen und mit einem Ausblick auf die Ruine der Reichsburg Trifels, wie ihn Caspar David Friedrich wahrscheinlich liebend gern gemalt hätte, startet Salwa Houmsi ein Experiment: Sie bleibt über Nacht, ohne Handy, ohne Internet. Wie wird sie die Natur erleben? Wie verändert sich ihr Blick auf den Wald?
In Berlin besteigt Salwa Houmsi den Zug zusammen mit Jaroslav Rudiš. Der Schriftsteller sucht sein Glück auf den Gleisen, findet dort Inspiration für seine Bücher. Angetrieben von Fern- und Heimweh ist er auf der ständigen Suche nach Abenteuer und Freiheit. Empfindet er sich als Romantiker einer neuen Zeit?
Sehnsucht nach dem Wald
Im Elbsandsteingebirge unterbricht Salwa Houmsi ihre Reise und wandert mit einer Forst-Studentin durch die Sächsische Schweiz. Wie hat sich die Beziehung des Menschen zur Natur im Lauf der Jahrhunderte verändert, und welchen Einfluss übt die Romantik auf das moderne Umweltbewusstsein aus? In der Generation "Fridays for Future" jedenfalls wächst die Sehnsucht nach dem Wald.
Die Zahl der Forstwissenschaft-Studierenden in Deutschland hat sich in den vergangenen 20 Jahren fast verdoppelt. Anna ist eine von ihnen: Wie blickt sie auf die Zukunft des Waldes? Denn nur ein Bruchteil der deutschen Wälder gilt 2024 als gesund. Annas Begeisterung für den Wald ist mehr als eine romantische Sehnsucht nach Naturerfahrung. Sie wünscht sich einen gesunden Wald.
Die romantische Idee
Im Elbsandsteingebirge skizzierte Caspar David Friedrich Eichen, die später in seinen großen Ölgemälden ihren Platz fanden. Seine Bilder brauchen kein Vorwissen. Die Lichtstimmungen, die Rückenfiguren setzen die Betrachtenden in die Lage, sich zu identifizieren. Wie hat es Caspar David Friedrich geschafft, Bilder zu malen, die uns heute noch derart ansprechen? Und das in einem 20-Quadratmeter-Atelier in Dresden, akribisch nach seinen Skizzen, aber vollkommen frei in der Gestaltung der Motive. Er war kein kleinlicher Chronist, sondern ein ätherischer Weltflüchtiger, dem es um die Idee des Baumes, die Idee der Wolke oder der Ruine ging.
Romantik zwischen Kunst, Natur und Reisen verspricht eine tiefgehende Auseinandersetzung mit einigen der vielschichtigen Facetten der Romantik – damals und heute.
Stab
- Moderation - Salwa Houmsi