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Reizwäsche und Kondome

Wie Beate Uhse Sex verkaufte

"Ich will einen Orgasmus, verdammt noch mal", schreit die Gattin des Staatsanwalts. Der ermittelt gegen Beate Uhse wegen Aufforderung zur Unzucht. Unbefriedigte Frauen? Die "Retterin" Beate Uhse hatte von Sexualberatung bis Noppenkondom alles im Angebot. Hauptsache, die Lust wird gesteigert. Für die toughe Lady war der Orgasmus, auch der weibliche, ein Menschenrecht und kein Verbrechen.

Die Staatsanwaltschaft sah das anders. In den potenzsteigernden Mitteln und in Reizkondomen sah sie "eine gegen Zucht und Sitte verstoßende Aufpeitschung und Befriedigung geschlechtlicher Reize". So der seit 1919 geltende "Pornoparagraph" - §184. "In den 50er Jahren waren die Zeiten noch nicht so liberal", so erinnerte sich Beate Uhse: "Selbstverständlich liebte man, und selbstverständlich hatte man Geschlechtsverkehr, aber man sprach nicht darüber. Das wurde alles so im Geheimen, so unter der Tischkante abgehandelt."

Schon als Kind liebte sie das Abenteuer

Wie Beate Uhse das prüde Klima der 50er Jahre erschütterte, zeigt jetzt der ZDF-Spielfilm "Beate Uhse - Das Recht auf Liebe" - in der Hauptrolle Franka Potente. "Durch die Arbeit ist vor allem eine wahnsinnige Bewunderung gewachsen für diese so willensstarke Frau, die sich einfach überhaupt nicht hat unterkriegen lassen", sagt sie im Gespräch mit aspekte. Geboren wurde Beate Uhse in Ostpreußen als Tochter eines Grundbesitzers und einer Ärztin. Die Eltern erzogen sie wie ihre Brüder, Beate liebte schon als Kind das Abenteuer. Mit 17 machte sie ihren Flugschein, wurde eine der ersten deutschen Pilotinnen.

Im Zweiten Weltkrieg überführt sie im Auftrag der Luftwaffe Kampfflugzeuge an die Front. Ihr Mann, ein Kampfflieger, war 1944 gefallen. Kurz vor Kriegsende kaperte sie eine herrenlose Wehrmachtsmaschine und flog im letzten Moment mit ihrem Sohn Klaus aus dem brennenden Berlin. Was weiß man über ihr Verhältnis zum Nationalsozialismus? "Sie hat immer ein großes Geheimnis aus ihrem Leben gemacht", sagt Regisseur Hans Jörg Thurn: "Soweit ich weiß, gibt sie sich während der ganzen Zeit des Nationalsozialismus unpolitisch. Sie hat ihr Leben gerne als Abenteuer erzählt und es vielleicht etwas verklärt."

"Fachgeschäft für Ehehygiene"

Nach dem Krieg verschlägt es Beate Uhse nach Schleswig-Holstein . Dort trifft sie viele Frauen, die Angst haben, ungewollt schwanger zu werden. Sie gibt das Wissen ihrer Mutter an Frauen weiter, gibt Ratschläge zur Verhütung - der Beginn einer wunderbaren Geschäftsidee. Im Nachkriegsdeutschland verbreitet Beate Uhse ihre erste Broschüre: ein Leitfaden zur Verhütung auf der Grundlage der Knaus-Ogino-Methode. Die "Schrift X" verkauft sie für zwei Reichsmark. Die Nachfrage ist enorm. "Beate Uhse ist nicht die erste, die Aufklärung gemacht hat in Deutschland", sagt Regisseur Thurn, "aber sie ist die erste, die das an ihre Person gebunden hat. Die gesagt hat, ich stehe mit meinem Namen und meinem Gesicht dafür, dass ich diese Nation aufklären will."

Franka Potente über Beate Uhse

Auf die Aufklärungsschriften folgten Kondome und Anregungsmittel, der Kataloghandel florierte, 1962 eröffnete sie das "Fachgeschäft für Ehehygiene". Sie ist eine der ersten, die den Mief der jungen Bundesrepublik bekämpft. Lange vor den 68ern propagiert sie die sexuelle Revolution. Eine Ikone der Frauenbewegung wird sie aber nie. Was hat sie gegen die Forderungen nach Gleichberechtigung im feministischen Sinne? "Weil ich nicht der Meinung bin, dass eine Partnerschaft davon besser wird, dass man dem Mann aufträgt, dass er am Freitag die Treppe machen muss" - so ihre Antwort in einem Interview vor zwölf Jahren.

"Unzucht"

Ihr Mann soll ein echter Mann bleiben. Sie wollte eine traditionelle Familie - sicher ein Geheimnis ihres Erfolgs. Als Gattin und Mutter von zwei Söhnen hat die burschikose, bodenständige Frau so gar nichts Anrüchiges. "Ich glaube, Beate Uhse war wirklich die Tante, die jeden Tag im Garten gestanden hat", sagt Franka Potente, "die Tennis gespielt hat, Tauchschein, Familie. Das war ja wirklich so. Und ich glaube, das haben die Leute bei ihr auch gespürt."

Trotz vieler Sympathien hatte sie ein Leben lang mit Anfeindungen zu kämpfen - und mit unzähligen Prozessen wegen "Aufforderung zur Unzucht" .Von über 2000 Verfahren verlor sie nur ein einziges. Das hatte allerdings mit Unzucht- oder Pornographievorwürfen nichts zu tun: Sie musste eine Geldstrafe bezahlen, weil sie in ihren Pornokinos Bier für weniger als den gesetzlichen Mindestpreis verkauft hatte. "Sie hat diese vielen Verfahren sicher ein Stück weit sportlich genommen", meint Franka Potente: "Die hat einfach wie eine Löwin verteidigt, was sie sich mit ihrem Mann Ewe so hart aufgebaut hat."

Kämpferisch

Aber Ewe wurde zu ihrem größten Problem. In ihrem Privatleben ist sie weit weniger erfolgreich als in ihrem Unternehmen. Während Beate immer mehr Zeit in der Firma verbringt, betrügt ihr Mann sie jahrelang mit dem Kindermädchen. Und verlangt von ihr, die Geliebte soll einziehen. Zehn Jahre leben sie zu dritt unter einem Dach. Erst als Beate selbst einen jüngeren Mann kennenlernt, willigt sie in die Scheidung ein. "Wenn es ganz hart auf hart kam, hat sie still gehalten, wie ein Reh in den Scheinwerfern. Sie hat ein bisschen gewartet, bis das wieder vorüberzieht", sagt Franka Potente: "Ich kann mir vorstellen, dass sie vielleicht auch das, was sie in ihren Ratgebern gepredigt hat, Toleranz und diese ganzen Sachen, vielleicht dann auch üben musste in ihrer Ehe."

Beruflich steuert sie auf den Höhepunkt zu: Beate Uhse wird die Nummer 1 auf dem europäischen Erotikmarkt. Doch nach ihrem Tod 2001 geht es bergab. In den letzten Jahren muss das Unternehmen eine Schlappe nach der andern einstecken. Sie selbst bleibt kämpferisch bis zum Schluss. Beate Uhse, das zeigt der Film deutlich, war eine der ersten modernen Frauen: Mutter, Freigeist und erfolgreichste Unternehmerin Deutschlands.

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