Die iranische Sängerin Faravaz lebt im deutschen Exil. Dass sie ihr langes Haar offen zeigen kann, ist für sie ein ungeheures Stück Freiheit, denn in ihrer Heimat wäre das lebensgefährlich. Dort greift die Sittenpolizei knallhart durch. Unter dem Slogan "Frau, Leben, Freiheit" erhoben sich vor zwei Jahren Frauen gegen die repressive Politik des iranischen Regimes. Haare wurden zum Symbol der Rebellion. "aspekte" spricht mit Faravaz und mutigen Frauen in Iran.
Auch die Fotografie-Ausstellung "Grow it, Show it! Haare im Blick von Diane Arbus bis TikTok" im Essener Museum Folkwang thematisiert, dass Haare als Protestform gegen gesellschaftliche Zustände eingesetzt werden. Sie zeigt eindrücklich: Haare sind nicht nur modisches Accessoire, sondern Ausdruck der kulturellen, gesellschaftlichen Identität.
Haarige Protestform
Reine Privatsache sind sie nicht, meint die Autorin Franziska Setare Koohestani: Haare seien von kapitalistischen Normen und Schönheitsidealen beeinflusst. Die Journalistin bezeichnet sich selbst als Hairy Queen. Sie kämpft seit jeher mit starkem Haarwuchs. Beinhaare? Damenbart? Monobraue? Lieber entfernen, als sprießen lassen! "Haare spiegeln politische Machtverhältnisse und sichern ein Stück weit den sozialen Status, sofern man sie halbwegs normgerecht gestaltet."
Wer dabei nicht mitmacht, eckt an. So können Männer mit langen Haaren schocken. Reality Check beim Heavy-Metal-Festival in Wacken: Bei den Metal-Fans sind wehende Mähnen und exzessives Headbanging nach wie vor angesagt. Aber steht das für Rebellion? Der Protest-Style der 68er war geprägt von Hippie-Matten. Damit lehnten sie sich gegen Autoritäten, militärische Kurzhaarfrisuren und den Vietnamkrieg auf.
Der Afro als Symbol für Widerstand und Emanzipation
US-Prominente wie Angela Davis kämpften mit ihren Afros für Bürgerrechte, gegen Rassismus und soziale Gerechtigkeit. Auch Influencer Noel Robinson trägt seinen Afro voller Stolz, er begeistert mit seinen Tanzvideos Millionen von Menschen. Allein auf TikTok folgen dem 23-Jährigen über 40 Millionen: Er tanzt mit Fremden und überrascht sie mit seinem riesigen Afro. Katty Salié wagt ein Tänzchen mit ihm und besucht im Anschluss ein Fotoshooting der Curly-Hair-Stylistin und -Aktivistin Fatima York. Sie bestaunt Yorks kunstvolle Haarskulpturen, Braids und Cornrows.
Warum sind Afro-Frisuren immer noch ein Politikum? Wieso verbergen A-Promis wie Michelle Obama und Naomi Campbell ihre natürlichen Haare, glätten ihre Locken und tragen Perücken? Die Ex-New Yorkerin und Wahlberlinerin setzt sich für die Vielfalt natürlicher Afro-Haare ein und sieht trotz allem einen Wandel: "It's not just a trend, it's an awakening."
Die nächste "aspekte" Sendung "Auf Wahlfahrt durch Österreich": am 27.09.2024 ab 21 Uhr in der Mediathek
Stab
- Moderation - Katty Salié