1 (-) Ein Auf und Ab der Gefühle: Mit erzählerischer Kraft und psychologischem Hintergrundwissen erzählt die Therapeutin Lori Gottlieb Geschichten aus ihrer eigenen Therapiepraxis. Alle Gefühle, die die Patienten empfinden, kennt auch der Leser: Abwehr, Widerstand, Trauer, Enttäuschung, Wut, Erstaunen, Hoffnung und immer wieder diese zarte Liebe zu diesem krummen, widerstandsfähigen menschlichen Leben. 61 Punkte
2 (1) Der britische Archäologe Ian Morris zeichnet in seinem Buch das ganz große Bild: die Entwicklung der Menschheit in drei Stufen. Dabei stellt er dar, dass die Art der Energiegewinnung auch die soziale Moral bestimmt. Gesellschaften der "Jäger und Sammler" würden egalitär handeln, während in modernen, fossilen Gesellschaften Toleranz, aber auch ungleiche Verteilungen von Ressourcen vorherrschten. Das Ergebnis: der Kampf ums Öl. 40 Punkte
3 (4) Jede dritte Frau wird zum Gewaltopfer. Gewalt gegen Frauen ist ein alltägliches Phänomen, auch wenn es nur selten in die Öffentlichkeit gerät. Die Strafrechtsanwältin Christina Clemm erzählt Geschichten von Frauen, die körperliche und sexualisierte Gewalt erlebt haben. Dabei schildert sie nicht nur Fallbeispiele, sondern gibt auch Einblicke in die Arbeit von Justiz und Polizei. Eine wichtige Studie gegen das Schweigen. 38 Punkte
3 (-) Simone de Beauvoir ist eine der bekanntesten Philosophinnen des 20. Jahrhunderts und zugleich eine der umstrittensten. Zu Lebzeiten schockierte sie ihre Umwelt durch ihre freie Verbindung mit Jean-Paul Sartre und durch die frühfeministische Studie "Das andere Geschlecht". Die englische Historikerin Kate Kirkpatrick hat nun eine Biografie über die Existenzialistin geschrieben und zeichnet ein komplexes Bild – jenseits von Klischees und vorschnellen Urteilen. 38 Punkte
5 (1) Brendan Simms ist Professor für Geschichte an der Universität Cambridge und legt eine neuartige Biografie über Adolf Hitler vor. In seiner Studie vertritt er eine neue These: Hitlers Denken richtete sich nicht etwa, wie allgemein angenommen, vorrangig gegen den "Bolschewismus", sondern gegen "Anglo-Amerika". So zeigt sich: Hitlers globaler Expansionskrieg war vor allem ein Angriff auf das angloamerikanische Lebensmodell. 30 Punkte
6 (-) Der Berliner Politologe Bernd Ladwig hält es für ein moralisches Grundgebot, Säugetieren kein Unrecht zuzufügen. Die Praxis des Tötens von Nutztieren zur Fleischerzeugung sei immer mit Leid und Schmerz verbunden, schreibt der Philosoph. Die These seiner neuen Moraltheorie: Tiere können ihre Rechte selber nicht verteidigen, also müssen wir Menschen auf ihre Interessen Rücksicht nehmen. 28 Punkte
7 (9) Wo findet das wirkliche Leben statt? Muss man den Rückzug suchen in die unberührte Natur? Oder nach der Unsterblichkeit greifen? Diese Fragen verknüpft Michael Hampe in einer Reflexion, die auch eine Erzählung sein könnte. Hampes Text hilft zu erkennen, wie uns die Unterscheidung zwischen Schein und Wirklichkeit daran hindert, mit unserem Leben wirklich klarzukommen. 25 Punkte
7 (-) Was über Jahrhunderte als ärztliche Kunst bezeichnet wurde, können Maschinen jetzt schon besser: Krankheiten diagnostizieren, individuelle Behandlungen auswählen oder operative Eingriffe durchführen. Sind Ärzte aus Fleisch und Blut schon bald überflüssig? Das fragt der Arzt und Autor Christian Maté in seinem Buch und zeigt: Ganz so weit wird es wohl nicht kommen. Aber beim Arzt der Zukunft werden andere Fähigkeiten wichtig sein als heute. 25 Punkte
7 (-) Hierarchisch strukturiert wie eine chinesische Familie: So sieht die gerechte Weltordnung aus, die dem Philosophen Zhao Tingyang vorschwebt. Der Chinese will die Welt retten mit einem chinesischen Prinzip namens "Tianxia", der in etwa "Alles unter dem Himmel" bedeutet. Wenn wir Menschen dieses nicht ausgrenzende Prinzip befolgen, glaubt Zhao, so entstehe eine Welt ohne Nationalstaaten und Feindseligkeit – aber auch ohne Demokratie. 25 Punkte
10 (-) Der Journalist Michael Kraske ist kurz nach der Wende aus dem Sauerland nach Leipzig gezogen. Seit Jahren beobachtet er schon, wie in Sachsen rechte Strukturen in der Bevölkerung und in den Behörden Fuß fassen und demokratische Kräfte massiv angreifen und einschüchtern. In dem Buch „Der Riss“ berichtet er über seine erschreckenden Erfahrungen und fordert schließlich einen "New Deal Ost". 24 Punkte
Jedes Jury-Mitglied der Sachbuch-Bestenliste vergibt monatlich an vier Sachbücher je einmal 15, 10, 6 und 3 Punkte.
Die Jury der Sachbuch-Bestenliste: René Aguigah (Deutschlandfunk Kultur), Peter Arens (ZDF), Susanne Billig (Deutschlandfunk Kultur), Ralph Bollmann (F.A.S.), Stefan Brauburger (ZDF), Alexander Cammann (DIE ZEIT), Gregor Dotzauer (Der Tagesspiegel), Heike Faller (DIE ZEIT), Daniel Fiedler (ZDF), Jenny Friedrich-Freksa (Kulturaustausch), Manuel J. Hartung (DIE ZEIT), Thorsten Jantschek (Deutschlandfunk Kultur), Kim Kindermann (Deutschlandfunk Kultur), Inge Kutter (DIE ZEIT), Hannah Lühmann (DIE WELT), Ijoma Mangold (DIE ZEIT), Tania Martini (taz), Susanne Mayer (DIE ZEIT), Christoph Möllers (HU Berlin), Catherine Newmark (Deutschlandfund Kultur), Jutta Person (freie Literaturkritikerin), Bettina von Pfeil (ZDF), Jens-Christian Rabe (Süddeutsche Zeitung), Christian Rabhansl (Deutschlandfunk Kultur), Anne Reidt (ZDF), Anna Riek (ZDF), Stephan Schlak (Zeitschrift für Ideengeschichte), Hilal Sezgin (freie Autorin), Catrin Stövesand (Deutschlandfunk), Elisabeth von Thadden (DIE ZEIT), Julia Voss (Leuphana-Uni Lüneburg)
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