1 (-) Dora Benjamin ist bekannt als die erste Ehefrau von Walter Benjamin, dabei war sie vor allem eine Intellektuelle: Sie schrieb über Musik und Philosoph und verfasste Romane. Eva Weissweiler hat nun erstmals die Beziehungsgeschichte zwischen Dora und Walter Benjamin untersucht. Ihre Biographie wirkt wie Serienstoff: Zuneigung, Affären, das erste Kind, schließlich die Scheidung und Walter Benjamins harsche Ablehnung, die den Intellektuellen als rigorosen Eigenbrötler zeigt. 85 Punkte
2 (-) Die Ökonomen Esther Duflo und Abhijit Banerjee haben 2019 für ihre Studien zur Linderung der Armut den Wirtschaftsnobelpreis erhalten. Nun erscheint ihr neues Buch, das die größten Herausforderungen der Weltwirtschaft thematisiert: wachsende Ungleichheit, Globalisierung, Umweltkatastrophen, Populismus. Die beiden Ökonomen plädieren für eine Politik, die die Reichen besteuert und den Armen eine starke Stimme verleiht. 70 Punkte
3 (-) Der Schwede Patrik Svensson hat mit seinem Vater wenig gesprochen, dafür oft und reichlich Aale gefangen. Die komplexe Geschichte dieser Vater-Sohn-Beziehung erzählt der Autor durch das Prisma seiner Aalfaszination und den Wesenszügen des mysteriösen Tiers. Von Aristoteles bis Sigmund Freud lernt man nicht nur viel über dessen komplexe Biologie, sondern auch über menschliche Sehnsüchte, Ängste und Träume; über Leben und Tod. 61 Punkte
4 (-) Am 10. Oktober 2017 explodiert die Bombe: Der Journalist Ronan Farrow veröffentlicht im New Yorker einen Artikel, in dem er darstellt, wie der Filmmogul Harvey Weinstein über Jahrzehnte Hunderte Frauen belästigt haben soll. Dieses Buch rekonstruiert den Skandal und zeigt, wie ein Netzwerk den Medienmogul schützte, das tief in die Politik und die Medienlandschaft reicht. 43 Punkte
5 (-) Wie kann man sprechen, ohne in Klischees zu verfallen? Welche Kategorien gibt es, um Menschen nicht in Schubladen zu stecken? Darüber schreibt die 1988 geborene Journalistin Kübra Gümüsay in ihrem Buch. Sie macht sich auf die Suche nach einer Sprache, die gemeinschaftliches Denken zulässt, ohne Differenzen zu kaschieren. Ein Pamphlet für eine Gesellschaft, die trotz wachsender Unterschiede miteinander reden kann. 42 Punkte
6 (3) Das Buch des Kunsthistorikers Armin Zweite durchmisst das Werk des bedeutendsten lebenden deutschen Künstlers, Gerhard Richter. Über sein Leben erfährt man wenig, über das Werk wiederum alles. Zweite legt in einer erkenntnistheoretischen Tiefe und zeitgeschichtlichen Finesse offen, was Richters europäisch geprägtes Schaffen für die globale Kunst bedeutet. Ein Buch, das im wahrsten Sinne die Augen öffnet. 37 Punkte
7 (1) Dem Journalisten Jens Bisky gelingt das Unmögliche: der meistbesprochenen Stadt in Deutschland neue Facetten abzuringen. Sein Berlin-Buch beginnt im 17. Jahrhundert, als die Stadt zu neuer Größe aufsteigt, sich mit Rom und Paris messen will. Bisky porträtiert eine Metropole der Widersprüche: Ort der Macht, der Teilung, der Repression und zugleich des Widerstands und des ewigen Experiments. 30 Punkte
8 (7) Nach der wegweisenden Studie "Gesellschaft der Singularitäten" beschäftigt sich Andreas Reckwitz in seiner Essaysammlung mit dem Strukturwandel der Gesellschaft. Der Soziologe seziert die neue Klassengesellschaft, die postindustrielle Ökonomie, die Konflikte um Kultur und Identität und den Imperativ der Selbstverwirklichung, woraus Erschöpfung und Demokratiemüdigkeit entspringen. 25 Punkte
8 (-) Mit Leidenschaft begehrt der Literaturwissenschaftler Karl Heinz Bohrer gegen moralistische Gesinnungsästhetik auf. Sein neues Buch ist ein Plädoyer für den Hass, jedenfalls in der Poesie. Er analysiert Szenen der Gewalt von Homer bis Houellebecq und erschafft eine Ästhetik des Bösen, die den Wesenskern von Literatur beschreibt, "Die Tiger des Zornes sind weiser als die Rosse der Belehrung", heißt die kühne These des Buchs. 25 Punkte
10 (2) Drei Jahrzehnte lang schrieben sich der Staatsrechtler Carl Schmitt und der Historiker Reinhart Koselleck Briefe. So verschieden die beiden Intellektuellen auch waren: Sie verband eine tiefe philosophische Verbundenheit. Der Briefwechsel offenbart Schmitts randständige Stellung im akademischen Feld, Kosellecks Werdegang im Hochschulbetrieb, die werkimmanenten Unterschiede sowie historische Fragen und politische Entwicklungen ihrer Zeit. 23 Punkte
Jedes Jury-Mitglied der Sachbuch-Bestenliste vergibt monatlich an vier Sachbücher je einmal 15, 10, 6 und 3 Punkte.
Die Jury der Sachbuch-Bestenliste: René Aguigah (Deutschlandfunk Kultur), Peter Arens (ZDF), Susanne Billig (Deutschlandfunk Kultur), Ralph Bollmann (F.A.S.), Stefan Brauburger (ZDF), Alexander Cammann (DIE ZEIT), Gregor Dotzauer (Der Tagesspiegel), Heike Faller (DIE ZEIT), Daniel Fiedler (ZDF), Jenny Friedrich-Freksa (Kulturaustausch), Manuel J. Hartung (DIE ZEIT), Thorsten Jantschek (Deutschlandfunk Kultur), Kim Kindermann (Deutschlandfunk Kultur), Inge Kutter (DIE ZEIT), Hannah Lühmann (DIE WELT), Ijoma Mangold (DIE ZEIT), Tania Martini (taz), Susanne Mayer (DIE ZEIT), Christoph Möllers (HU Berlin), Jutta Person (freie Literaturkritikerin), Bettina von Pfeil (ZDF), Jens-Christian Rabe (Süddeutsche Zeitung), Christian Rabhansl (Deutschlandfunk Kultur), Anne Reidt (ZDF), Anna Riek (ZDF), Stephan Schlak (Zeitschrift für Ideengeschichte), Hilal Sezgin (freie Autorin), Catrin Stövesand (Deutschlandfunk), Elisabeth von Thadden (DIE ZEIT), Julia Voss (Leuphana-Uni Lüneburg)
Archiv: Alle Sachbuch-Bestenlisten