1 (-) Der britische Archäologe Ian Morris zeichnet in seinem Buch das ganz große Bild: die Entwicklung der Menschheit in drei Stufen. Dabei stellt er dar, dass die Art der Energiegewinnung auch die soziale Moral bestimmt. Gesellschaften der „Jäger und Sammler“ würden egalitär handeln, während in modernen, fossilen Gesellschaften Toleranz, aber auch ungleiche Verteilungen von Ressourcen vorherrschten. Das Ergebnis: der Kampf ums Öl. 46 Punkte
1 (-) Brendan Simms ist Professor für Geschichte an der Universität Cambridge und legt pünktlich zum 75-jährigen Kriegsende eine neuartige Biografie über Adolf Hitler vor. In seiner Studie räumt der Historiker mit einem großen Klischee auf: Nicht die Sowjetunion diente Hitler als Vorbild für das Dritte Reich, sondern „Anglo-Amerika“ samt Rassismus, Kolonialismus und Länderraub. So zeigt sich: Hitlers Expansionskrieg war eine zutiefst westliche Idee. 46 Punkte
3 (-) Angst, Ekel, Aufklärung, Verlorengehen in Apparaturen und aggressiven Therapieverfahren – mit der Krankheit Krebs ist eine komplexe Geschichte der Emotionen verbunden. Die Historikerin Bettina Hitzer beschreibt sie in ihrem Buch und erzählt, wie sich der Umgang mit der Diagnose im 20. Jahrhundert verändert hat. Heute dominiert vor allem die Hoffnung, die Krankheit überwinden zu können und sich als Mensch neu zu finden. 43 Punkte
4 (-) Jede dritte Frau wird zum Gewaltopfer. Gewalt gegen Frauen ist ein alltägliches Phänomen, auch wenn es nur selten in die Öffentlichkeit gerät. Die Strafrechtsanwältin Christina Clemm erzählt Geschichten von Frauen, die körperliche und sexualisierte Gewalt erlebt haben. Dabei schildert sie nicht nur Fallbeispiele, sondern gibt auch Einblicke in die Arbeit von Justiz und Polizei. Eine wichtige Studie gegen das Schweigen. 42 Punkte
5 (3) Wie kann man sprechen, ohne in Klischees zu verfallen? Welche Kategorien gibt es, um Menschen nicht in Schubladen zu stecken? Darüber schreibt die 1988 geborene Journalistin Kübra Gümüsay in ihrem Buch. Sie macht sich auf die Suche nach einer Sprache, die gemeinschaftliches Denken zulässt, ohne Differenzen zu kaschieren. Ein Pamphlet für eine Gesellschaft, die trotz wachsender Unterschiede miteinander reden kann. 39 Punkte
6 (1) Was heißt es, jüdisch zu sein? Und wer bestimmt darüber? Delphine Horvilleur ist französische Rabbinerinnen und eine prominente Stimme des liberalen Judentums. In ihrem Essay diskutiert sie moderne jüdische Identitätspolitik, beleuchtet die Verquickungen zwischen Judenhass und Frauenfeindlichkeit und spannt dabei den Bogen von historischen Texten bis zur politischen Gegenwart. Ein beeindruckend wie weitsichtiges Buch. 35 Punkte
7 (6) Dora Benjamin war die Frau von Walter Benjamin, aber vor allem eine Intellektuelle: Sie schrieb über Musik und Philosophie und verfasste Romane. Eva Weissweiler hat die Beziehungsgeschichte zwischen Dora und Walter Benjamin untersucht. Ihre Biografie wirkt wie Serienstoff: Zuneigung, Affären, das erste Kind, schließlich die Scheidung – und überall stets der rigorose Eigenbrötler Walter Benjamin. 31 Punkte
8 (-) Im Alter von 25 Jahren gründet er „Die Fackel“; die „Letzten Tage der Menschheit“ werden zur radikalen Abrechnung mit dem Weltkrieg; die „Dritte Walpurgisnacht“ stemmt sich gegen Hitler: Karl Kraus’ Werke sind legendär. Doch was haben sie uns heute noch zu sagen? Jens Malte Fischer holt den Satiriker und sein Werk mit seiner großen Biografie in die Gegenwart zurück. 30 Punkte
8 (-) Wale, Bisonherden oder dichte Urwälder: Sie alle sind vom Aussterben bedroht. Die wilde Vielfalt ist einer vom Menschen kolonialisierten Landschaft gewichen, die nur unseren Konsumwünschen entsprechen soll. Eileen Crist analysiert, wie es so weit kommen konnte. Zugleich zeichnet die Soziologin den Weg in eine neue Zivilisation, die ihrer Mitwelt wieder Platz einräumt. Ein eindringlicher Appell zum Handeln. 30 Punkte
9 (-) Kunstfälschungen haben Hochkonjunktur. Für den globalisierten Kunstbetrieb sind sie allerdings zur Herausforderung geworden. Massenhafte Fälschungen erzeugen nicht nur erheblichen finanziellen Schaden, sie führen auch immer wieder Museen und die Forschung auf peinliche Irrwege. Der Kunsthistoriker Hubertus Butin zeigt mit Blick auf sagenhafte Fallbeispiele, dass sich das Phänomen nicht auf einzelne Straftäter reduzieren lässt. 25 Punkte
9 (-) Wo findet das wirkliche Leben statt? Muss man den Rückzug suchen in die unberührte Natur? Oder nach der Unsterblichkeit greifen? Diese Fragen verknüpft Michael Hampe in einer Reflexion, die auch eine Erzählung sein könnte. Hampes Text hilft zu erkennen, wie uns die Unterscheidung zwischen Schein und Wirklichkeit daran hindert, mit unserem Leben wirklich klarzukommen. 25 Punkte
9 (-) Dieses Buch macht Lust auf Bildung: Jan Roß, Politikredakteur der Wochenzeitung „Die Zeit“, beschreibt anhand seiner eigenen Bildungsgeschichte die Freude und den Wert von Lehre und Allgemeinwissen. Der Text ist ein starkes Plädoyer für die alten Griechen und eine amüsante Verteidigung aller Vorbehalte gegen das moderne Regietheater. 25 Punkte
9 (-) Sie leben im Kühlwasser von Atomreaktoren oder im Darm von Zwergzikaden und können mitunter 40 Millionen Jahre lang schlafen. Ein neues Buch gibt nun Auskunft über Bakterien. Es ist eine wilde, fremde Welt, die sich hier auftut. Neben den Texten von Ludgwar Weß enthält das Buch Illustrationen von Falk Nordmann, der die haarigen Plättchen und bewimperten Kügelchen auf farbigen Bildern zeigt. 25 Punkte
Jedes Jury-Mitglied der Sachbuch-Bestenliste vergibt monatlich an vier Sachbücher je einmal 15, 10, 6 und 3 Punkte.
Die Jury der Sachbuch-Bestenliste: René Aguigah (Deutschlandfunk Kultur), Peter Arens (ZDF), Susanne Billig (Deutschlandfunk Kultur), Ralph Bollmann (F.A.S.), Stefan Brauburger (ZDF), Alexander Cammann (DIE ZEIT), Gregor Dotzauer (Der Tagesspiegel), Heike Faller (DIE ZEIT), Daniel Fiedler (ZDF), Jenny Friedrich-Freksa (Kulturaustausch), Manuel J. Hartung (DIE ZEIT), Thorsten Jantschek (Deutschlandfunk Kultur), Kim Kindermann (Deutschlandfunk Kultur), Inge Kutter (DIE ZEIT), Hannah Lühmann (DIE WELT), Ijoma Mangold (DIE ZEIT), Tania Martini (taz), Susanne Mayer (DIE ZEIT), Christoph Möllers (HU Berlin), Catherine Newmark (Deutschlandfund Kultur), Jutta Person (freie Literaturkritikerin), Bettina von Pfeil (ZDF), Jens-Christian Rabe (Süddeutsche Zeitung), Christian Rabhansl (Deutschlandfunk Kultur), Anne Reidt (ZDF), Anna Riek (ZDF), Stephan Schlak (Zeitschrift für Ideengeschichte), Hilal Sezgin (freie Autorin), Catrin Stövesand (Deutschlandfunk), Elisabeth von Thadden (DIE ZEIT), Julia Voss (Leuphana-Uni Lüneburg)
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