TOP TEN Januar 2025
1. Der Bauernkrieg feiert seinen 500. Geburtstag – und noch immer herrscht große Uneinigkeit darüber, worin die Ursachen und Ziele bestanden. Die Oxford-Historikerin Lyndal Roper wagt eine ungewöhnliche Interpretation: Nicht wirtschaftliche Ungerechtigkeit löste die Aufstände aus, sondern Religion und Ökologie. Warum die Utopie der Bauern uns näher ist, als wir heute glauben. 99 Punkte
2. (2) 1929 stirbt der erfolgreiche Außenminister Gustav Stresemann. Damit beginnt eine Zeit der Ratlosigkeit, in der die Demokraten den Aufstieg der Nazis mitverfolgen müssen. Der Journalist Jens Bisky stellt die Frage nach Handlungsoptionen auf dem Weg in den Faschismus. Ein Panorama deutscher Schicksalsjahre, mit erschreckenden Parallelen zur Gegenwart. 52 Punkte
3. Wenn wir heute von Klima sprechen, meinen wir das durchschnittliche Wetter; eine verengte Perspektive, denkt die Sozialwissenschaftlerin Eva Horn. In der Vergangenheit war der Begriff des Klimas umfassender, das Verhältnis der Menschen zu Luft und Temperatur sinnlicher. Ein interdisziplinärer Essay zwischen Wissenschaft, Literatur und Kunst, der das Bewusstsein schärft. 51 Punkte
4. Thomas Mann wird gerne als Intellektueller betrachtet, der über dem politischen Tagesgeschehen stand. Der Literaturkritiker Kai Sina wendet sich gegen dieses Bild: Vom antidemokratischen Konservativen zum prominenten Gegner des Nationalsozialismus – der Jahrhundertschriftsteller hatte zeitlebens klare politische Überzeugungen, die sich auch in seinem Werk widerspiegeln. 50 Punkte
5. 2021 sitzt Diane Foley in einem Gefängnis jenem Mann gegenüber, der sich gerade des Kidnappings, der Folter und der Ermordung ihres Sohnes schuldig bekannt hat. James Foley berichtete als Kriegsreporter in Syrien, vom IS wurde er hingerichtet. Ein Denkmal für einen großen Journalisten, zugleich ein Zeugnis über die Macht von Vergebung. 43 Punkte
6. Zwei verwaiste Kolibris zog die Naturforscherin Sy Montgomery im Brutkasten auf – seitdem haben es ihr die kleinen Tierchen angetan. Kolibris bestehen vor allem aus Luft, trinken ständig Nektar, fliegen als einzige Vögel rückwärts. Und: Sie sind vom Aussterben bedroht. Ein faszinierender Blick in die Wunderkammer der Natur. 34 Punkte
7. (6) Als Jude wurde der Journalist József Debreczeni 1944 nach Auschwitz deportiert. Seinen Alltag der folgenden zwölf Monate schrieb er nieder, detailliert und mit beißendem Humor. Ein Zeugnis großer Menschlichkeit inmitten von Schrecken und Entmenschlichung – 70 Jahre nach Erstveröffentlichung erstmals auf Deutsch. 30 Punkte
8. Der fremdartige Körperbau von Spinnen löst in uns Ekel, aber auch Faszination aus: vom griechischen Arachne-Mythos über Kierkegaards Spekulation über das Dasein bis zu Marx zur Arbeitswertlehre mit Blick auf die ersten Spinnmaschinen – der Journalist Lothar Müller erzählt die faszinierende Kulturgeschichte der Spinne. 27 Punkte
9. (7) Gefühle sind keine Privatsache – denn sie haben mehr mit der Gesellschaft zu tun als mit uns selbst. Medien, Politik und das Berufsleben triggern Angst, Enttäuschung, Wut, Scham und Liebe. Die Soziologin Eva Illouz erkundet den Gefühlshaushalt des modernen Menschen, indem sie Kulturprodukte von Proust bis Netflix analysiert. Originell und augenöffnend. 25 Punkte
10. (10) Kurz nach dem Giftanschlag im Jahr 2020 begann der russische Oppositionelle Alexej Nawalny, an seinen Memoiren zu schreiben. Nun erscheinen sie posthum: über Nawalnys Jugend, sein Werdegang zum Aktivisten, die gegen ihn gerichteten Kampagnen und Anschläge – bis zu den letzten Jahren in Gefangenschaft. Ein Abschiedsbrief, der plädiert, den Widerstand nicht aufzugeben. 25 Punkte
10. Im Kontext der Zerstörung in der Ukraine denkt Timothy Snyder über Freiheit nach: Welche Bedeutung hat sie, wenn sie nicht nur negativ, also als Abwesenheit russischer Besatzung interpretiert wird? Die konkrete Vision eines würdigen Lebens ist es, was die Ukrainer anspornt, erkennt der Yale-Historiker. Eine Gedankenreise zu den existenziellen Fragen unseres Zusammenlebens. 25 Punkte
Jedes Jury-Mitglied der Sachbuch-Bestenliste vergibt monatlich an vier Sachbücher je einmal 15, 10, 6 und 3 Punkte.
Die Jury der Sachbuch-Bestenliste: René Aguigah (Deutschlandfunk Kultur), Peter Arens (ZDF), Maja Beckers (DIE ZEIT) Susanne Billig (Deutschlandfunk Kultur), Ralph Bollmann (F.A.S.), Stefan Brauburger (ZDF), Alexander Cammann (DIE ZEIT), Gregor Dotzauer (Der Tagesspiegel), Heike Faller (DIE ZEIT), Daniel Fiedler (ZDF), Anja Fix (3sat), Jenny Friedrich-Freksa (Kulturaustausch), Manuel J. Hartung (ZEIT-Stiftung), Thorsten Jantschek (Deutschlandfunk Kultur), Kim Kindermann (Deutschlandfunk Kultur), Hannah Lühmann (DIE WELT), Tania Martini, Susanne Mayer (DIE ZEIT), Peter Neumann (DIE ZEIT), Catherine Newmark (Deutschlandfunk Kultur), Jutta Person (freie Literaturkritikerin), Jens-Christian Rabe (Süddeutsche Zeitung), Christian Rabhansl (Deutschlandfunk Kultur), Anne Reidt (ZDF), Anna Riek (ZDF), Stephan Schlak (Zeitschrift für Ideengeschichte), Katharina Schmitz (der Freitag), Hilal Sezgin (freie Autorin), Catrin Stövesand (Deutschlandfunk), Elisabeth von Thadden (DIE ZEIT)