Wie wird die City wieder lebendig und lebenswert? Immer mehr Städte und Kommunen sehen die Krise als Chance und stellen die Weichen für eine soziale, menschen- und klimafreundliche Stadt. "plan b" begleitet Menschen, die heute schon an den Städten von morgen bauen.
Paris ist die Vorzeigemetropole im Wandel, der Kopf dahinter heißt Carlos Moreno. "Lebendig bleiben Städte, die auf ökologische, ökonomische und soziale Werte setzten", sagt der französisch-kolumbianische Stadtforscher und hat dabei sechs Grundbedürfnisse definiert: Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Gesundheitsversorgung, Ausbildung und Freizeit. In einer lebenswerten Stadt sind sie in nur 15 Minuten zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu erreichen. Seine "Stadt der Viertelstunde" ist der Bauplan für die Zukunft von Paris. In seinem Fahrradladen erlebt Mathieu Roulleau die Veränderungen hautnah mit. Zweiräder boomen, seit die Stadt für 10 Millionen Euro im Jahr das Radwegenetz ausbaut, insgesamt sind 200 Streckenkilometer geplant - und die Pandemie pusht die Entwicklung noch: Paris radelt in eine grünere Zukunft.
Aus leer stehenden Gebäuden wie einem ehemaligen Autohaus oder einem alten Kaufhaus werden Wohnhäuser. Dabei stehen die soziale Durchmischung und die Belebung von Geschäfts- und Bürovierteln im Mittelpunkt.
Im niedersächsischen Hameln geht für Anja Hassoun gerade ein Traum in Erfüllung. In einem leer stehenden Laden mitten in der Innenstadt eröffnet sie einen Kochsalon. Ihr wichtigster Förderer: die Stadt und deren Leerstandsoffensive "Hameln handelt". Zwölf Monate lang übernimmt die Kommune die Kaltmiete und zahlt einen Zuschuss für den Ladenausbau. Statt großer Ketten sollen wieder mehr inhabergeführte Geschäfte in die Innenstadt geholt werden - und damit mehr Individualität. "In den Innenstädten fehlen Erlebnisräume, damit sie attraktiv sind", sagt Hassoun, "und das kann ich mit der Kochschule bieten."
In Kiel hat ein Zusammenschluss von Vereinen, Start-ups und Künstler*innen beharrlich eine Vision verfolgt: ein kreatives Dorf mitten in der Stadt. ALTE MU nennt sich die Initiative in der ehemaligen Kunsthochschule am Rand der Innenstadt, wo Menschen arbeiten, voneinander lernen und miteinander teilen können. Die ALTE MU überzeugte mit ihrem Konzept schließlich auch den Grundstückseigner, das Land Schleswig-Holstein: Ein Erbbaurechtsvertrag steht kurz vor dem Abschluss. Jetzt geht das Kreativzentrum den nächsten Entwicklungsschritt: Über den Ateliers, Büros und Werkstätten entsteht Wohnraum, genossenschaftlich geführt. "In der Stadtentwicklung wird viel hinter verschlossenen Türen entschieden. Wir stehen für einen anderen Weg, für gemeinschaftliches Denken, Nachhaltigkeit und Teilhabe am großen Ganzen", erklärt Vereinsmitglied Florian Michaelis.