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"Frauen machen das öffentlicher"

Interview mit Iris Berben

Iris Berben spielt die weibliche Heldin, eine Frau in den Wechseljahren, deren Leben durch eine Reihe von neuen Belastungen plötzlich aus den Fugen gerät. Die Schauspielerin war von der Romanvorlage und der Lässigkeit der Beschreibung sofort angetan. Den Film hält sie mit seinem lakonischen Humor und seiner Wärme für eine sehr gelungene Umsetzung des Buches.

Helen (Iris Berben, r.) kümmert sich liebevoll um ihre Mutter Margret (Gertrud Roll). Diese hat einen Schlaganfall erlitten und lebt seither im Altenheim.
Helen (Iris Berben, r.) kümmert sich liebevoll um ihre Mutter Margret (Gertrud Roll) in "Meine Familie bringt mich um" (2011)
Quelle: ZDF und Stefan Erhard


ZDF: Helen, die Heldin des Films bildet sich ein, ihr Mann betrüge sie mit einer anderen Frau. Und sie hat auch andere Ereignisse zu verkraften, die plötzlich auf sie einstürmen. Was hat Sie an der Rolle gereizt?

Iris Berben: Was mir an der Rolle gefallen hat, war die Perspektive. Wie durch ein Fenster auf Helen, ihre Familie und die alltäglichen Probleme zu schauen. Ein zeitlich relativ kurzer Blick auf die Befindlichkeit einer Frau, die überfordert ist und die sich neu orientieren möchte. Sie hat das Gefühl: "Ich hab doch eigentlich alles richtig gemacht, warum gleitet mir gerade alles aus den Händen?". Es hat sicher etwas mit einer Häutung zu tun, mit der sie in einen anderen Lebensabschnitt hinein kommen will, der sich ankündigt. Und sie ist jemand, die die Fäden immer in der Hand haben will und denkt; ohne mich geht natürlich gar nichts.
Helen muss lernen, damit fertig zu werden, dass die Kinder ihr eigenes Leben zu leben beginnen. Und dass die Blicke ihres Mannes auf eine andere Frau keine Katastrophe bedeuten, sondern sein Wahrnehmen des Lebens um ihn herum. Dinge, die sie auch für sich immer in Anspruch genommen hat. Mir hat gefallen, mit welcher Leichtigkeit das Thema behandelt wird. Obwohl vieles auf sie einstürzt, nicht zuletzt die Erkrankung der Mutter. Das sind zunächst keine komischen Themen. Und trotzdem haben wir versucht, sie mit Wärme zu zeigen, auch mit Komik.


ZDF: Komik ist also nicht ausgeschlossen wenn es um schwierige Lebensphasen geht. In der öffentlichen Vorführung beim Hamburger Filmfest hat das Publikum zwar nicht gerade auf die Schenkel geklatscht, aber doch stellenweise sehr gelacht. Wie haben Sie die Reaktionen erlebt?

Berben: Mit Reaktionen wie Lachen hatte ich gar nicht so gerechnet. Ich dachte, man schmunzelt über manches, aber es war richtig lautes Lachen. Aber es kamen auch die Szenen, wo dem einen oder anderen das Lachen im Halse stecken geblieben ist.


ZDF: Der Film hat einen sehr ruhigen Rhythmus. Ist es auch dieser Rhythmus, der den Film sehenswert macht?

Berben: Ganz bestimmt! Ich hab die Romanvorlage gerne gelesen und mir gefiel diese Flapsigkeit, diese Lässigkeit und Lockerheit, mit der die Romanautorin die Schwierigkeiten der Heldin beschrieben hat ausgezeichnet. Und ich finde, dass der Film eine ganz tolle Adaption dieses Romans geworden ist. Der hat ja mehrere Themen: Schmerzhafte, wie die Krankheit der Mutter, etwas leichtere wie die Schwierigkeiten im Familienbetrieb oder das sich ändernde Verhältnis zu den Kindern. Von den Vermutungen über den Mann gar nicht zu reden. Auf Helen stürmt das alles gleichzeitig ein und zeigt zunächst ihre Unfähigkeit damit umzugehen. Um das alles zu erzählen braucht der Film einen klugen Grundrhythmus. Den gefunden zu haben, ist das Verdienst von Regisseurin Christiane Balthasar.

Es kommt ja kein Zeigefinger vor, es wird nicht moralisiert. Es ist eher ein Zustandsbericht von einer Familie ...
Iris Berben


ZDF: Der Film handelt auch vom Zusammenleben mehrerer Generationen. Wird er auch von verschiedenen Generationen gesehen werden?

Berben: Das hofft man immer, ich würde mich natürlich freuen, denn da finden sich ganz unterschiedliche Generationen wieder. Es kommt ja kein Zeigefinger vor, es wird nicht moralisiert. Es ist eher ein Zustandsbericht von einer Familie, in der jeder seinen eigenen Platz sucht. Wo er ist und wo er sein will oder was er verlassen will oder was neu anfangen will. Ich glaube, das ist eine gute Schnittstelle für alle.

ZDF: Es wird ja auch über männliche Wechseljahre gesprochen, die deutlich anders abzulaufen scheinen. Wäre das nicht auch mal ein Stoff für einen Film?

Berben: Also Männer scheinen souveräner damit umzugehen. Ich sage "scheinen", weil ich nicht glaube, dass Männer und Frauen da wirklich sehr unterschiedlich sind. Frauen thematisieren Wechseljahre mehr und offener als Männer, die im Laufe ihres Lebens ja auch unterschiedliche biologische Entwicklungen durchmachen.
Die Heldin zieht ja auch eine Art Zwischenbilanz: War es das Leben, was ich wollte? Bin ich nur aus Verantwortung geblieben oder ist es vielleicht auch das gute Gefühl? Wo stehe ich? Wo will ich noch hin? Wie will ich meine Kräfte einteilen? So ein Resümee zu ziehen, ist nicht unbedingt eine weibliche Domäne, Männer setzen sich mit solchen Fragen auch auseinander. Nur Frauen machen das öffentlicher.

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