Silke Zertzs Drehbuch zu diesem Krimi beruht auf Ulrich Woelks Buchvorlage "Der Test". Im Gespräch verrät die Autorin, welche Aspekte ihr beim Schreiben besonders wichtig waren und warum der Film einen Spagat zwischen Krimi und Drama wagt.
ZDF: Ihr Drehbuch zu "Tod einer Schülerin" ist nach einer Idee des Schriftstellers Ulrich Woelk entstanden. Was hat Sie an dem Stoff besonders gereizt?
Silke Zertz: Das Genre, eine Mischform aus Psychothriller und Ehedrama. Für mich als Autorin ist es immer besonders spannend, den Figuren und ihren Psychologien so nah wie möglich auf den Leib zu rücken, idealerweise zwei gleich starke Persönlichkeiten miteinander ringen zu lassen. Diese Möglichkeit hatte ich hier.
Die Abgründe von Misstrauen, Angst und Verrat tun sich im Zwischenmenschlichen auf, dort wo der Mensch am verletzlichsten ist, nämlich in der intimen Nähe mit seinem Partner, mit seiner Familie. Die Krimihandlung hält wie eine Klammer das Geschehen zusammen und sorgt für den notwendigen Fortschritt, das eigentliche Drama spielt sich für mich aber in diesem Film entlang der Frage ab, ob und wie viel Susanne Berger ihrem Mann Alex glaubt oder nicht mehr glaubt. Es ist für mich ein Film über Vertrauen.
ZDF: Wie hat sich die Vorlage von Ulrich Woelk unter Ihrer Bearbeitung verändert?
Zertz: Vor allen Dingen habe ich die drei thematischen Säulen des Films anders gewichtet. Die Auseinandersetzung mit dem Thema DNA-Massentest und der damit verbundenen Datenschutzproblematik war mir zwar wichtig, sie ist aber im Laufe der Drehbucharbeit stärker in den Hintergrund getreten und bildet nun mehr einen thematischen Subtext. Die Krimihandlung und die Rolle der Ermittler habe ich neu definiert. Es sollte eine klar nachvollziehbare, gut funktionierende Indizienkette geben, die aber nicht in Konkurrenz zu der eigentlichen Haupthandlung, dem Ehedrama, stehen sollte. Letzteres, die Geschichte des Ehepaars Berger, habe ich deutlich stärker gewichtet, vor allem die Rolle von Susanne Berger, die für mich die Schlüsselrolle einnimmt. Wie viel glaubt sie zu welcher Zeit ihrem Mann, und wann wird wodurch dieser Glauben erschüttert? "Tod einer Schülerin" lebt sehr stark davon, dass er nach den ersten Szenen, in denen der Zuschauer noch einen Krimi erwartet, eine Genrekonvention enttäuscht und statt eines Who-done-it ein Ehedrama aufblättert, in dessen Sog schließlich eine ganze Familie gerät.
ZDF: Der Film spricht auch die Gefährdung von Intim- und Privatsphäre durch das Internet an. Wie wichtig war Ihnen dieses Thema?
Zertz: Wenn man einen Film über eine DNA-Reihenuntersuchung macht, muss man sich folgende Fragen stellen: Was geschieht mit den erhobenen Daten? Eröffnet die Methode neue Möglichkeiten des Missbrauchs? Bedeuten solche Maßnahmen einen weiteren Schritt in Richtung "gläserner Bürger"? Ist es legitim, den Heuhaufen zu durchleuchten, wenn man die Stecknadel sucht?
Schnell drängt sich dann eine weitere Bedrohung unserer Privatsphäre ins Bewusstsein, nämlich der freizügige Umgang mit privaten Daten im Internet, insbesondere in sozialen Netzwerken. Das Opfer Katja Weiss war sexuell aktiv und hat freizügige Fotos von sich ins Netz gestellt. Besonders Teenager leben ihre Intimsphäre immer stärker öffentlich aus, sie füttern Computer mit ihren geheimsten Wünschen, Sehnsüchten und Begierden, sie machen sich dadurch für eine Öffentlichkeit transparent, lesbar, berechenbar. Häufig geschieht das an ihren ahnungslosen und verzweifelten Eltern vorbei, und es war mir auch ein Anliegen, dieses Thema einmal kritisch zu verarbeiten.