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"Ein sehr mutiges Krimiformat"

Zehn Fragen an Armin Rohde, Barbara Auer und Minh-Khai Phan-Thi

Obwohl die ZDF-Krimireihe "Nachtschicht" nur einmal im Jahr mit einer neuen Folge erscheint, hat sie eine treue Fangemeinde. Was ist das Besondere an diesen Filmen, die seit 2003 von Lars Becker so gekonnt geschrieben und in Szene gesetzt werden? Die drei Hauptdarsteller beantworten Fragen rund um die Reihe und teilen ihre Erfahrungen.

Kommissarin Lisa Brenner (Barbara Auer, li.), Kollege Erichsen (Armin Rohde) und Mimi Hu (Minh-Khai Phan-Thi)
Kommissarin Lisa Brenner (Barbara Auer, li.), Kollege Erichsen (Armin Rohde) und Mimi Hu (Minh-Khai Phan-Thi)
Quelle: ZDF und Stephan Persch


ZDF: "Reise in den Tod" ist der 10. Film der Krimireihe "Nachtschicht", sozusagen die Jubiläumsfolge. Gibt es rückblickend eine Lieblings-"Nachtschicht" für Sie?

Armin Rohde: Meine Lieblings-"Nachtschicht" ist immer die jeweils nächste, die wir drehen.

Minh-Khai Phan-Thi: Nein, gibt es nicht. Alle Folgen sind so unterschiedlich, mal düster, mal blutig, mal ironisch, da kann ich keine besonders herausheben.

Barbara Auer: Ach, ich weiß nicht, es gibt da ein paar, an die ich besonders gerne zurückdenke oder die mir irgendwie noch präsenter sind als andere: zum Beispiel "Wir sind die Polizei" oder "Ein Mord zu viel" und "Ich habe Angst".


ZDF: Die Dreharbeiten zur "Nachtschicht" finden meist im Dunkeln und im Winter statt. Der Lebensrhythmus während dieser Zeit ist ein anderer. Wie schwer fällt Ihnen die Umstellung? Gibt es Tipps oder Tricks, welche die Umstellung erleichtern?

Armin Rohde: Es gibt in dem Sinne keine Umstellung, weil ich eh ein Nachtmensch bin. Gegen die zunehmende Erschöpfung über die Wochen hat sich herausgestellt, dass es hilft, bei jeder sich bietenden Gelegenheit ein kleines Schläfchen zu machen und ausreichend Wasser zu trinken.

Minh-Khai Phan-Thi: Also für Barbara Auer und mich ist es sicherlich noch schwieriger, weil wir schulpflichtige Kinder und an den drehfreien Tagen Alltag haben. Es fühlt sich wie Jetlag an. Ich kann aber - im Gegensatz zu Barbara - sehr gut Powernappen, was ich oft zwischen den Drehpausen im Wohnwagen mache. Aber, ehrlich gesagt, fühlen wir uns alle nach fünf Wochen "Nachtschicht"-Dreh um Jahre gealtert.

Barbara Auer: Die Umstellung fällt mir sehr schwer, obwohl ich es ja vorher weiß. Aber man kann eben nicht wirklich im Voraus schlafen. Und während des "Nachtschicht"-Drehs komme ich durch den verschobenen Rhythmus oft nur zu fünf bis sechs Stunden Schlaf. Das ist einfach zu wenig. Und da wir oft im Winter drehen, ist das Frieren in der Nacht vorprogrammiert. Irgendwelche Tipps habe ich nicht. Man muss seine Kräfte gut einteilen. Ebenso, wann und wie viele Espressi man in der Nacht trinkt. Und man muss herausfinden, wie man während der Pausen in der Nacht entspannt, ohne gleich einzuschlafen.


ZDF: Gibt es eine "Nachtschicht" die besonders kräftezehrend war? Ihnen eventuell mehr als andere abverlangt hat?

Armin Rohde: Nö. Es ist immer anstrengend.

Minh-Khai Phan-Thi: Ja, die schlimmste "Nachtschicht" war auf dem Hochhausdach. Barbaras erster Fall. Es war so bitterkalt und wir haben 4-5 Tage da oben gedreht. Der Wind zerrte an uns, und zum Teil ist unsere Mimik eingefroren. Lars Becker ist zudem nicht schwindelfrei, und wir haben uns lustig gemacht und gesagt, dass wir mit dem Autor (Anmerkung: Lars Becker selbst) sprechen müssen.

Barbara Auer: Ja, die "Nachtschicht - Das tote Mädchen". Diese Geschichte zerrte an den Nerven.


ZDF: Erinnern Sie sich an eine Situation während der Dreharbeiten zu einer "Nachtschicht", bei der Sie auch heute noch lachen oder schmunzeln müssen, wenn Sie daran denken?

Armin Rohde: Bei jeder "Nachtschicht" gibt es immer wieder die Momente zwischen 03.00 und 04.00 Uhr morgens, wo alle aus einer Mischung von Müdigkeit und Konzentration albern werden, auch vergleichsweise einfache Dialogpassagen scheinen nicht zu bewältigen zu sein, ohne Kicheranfälle bei Einzelnen oder gruppenweise, bis selbst den Beleuchtern die Kabel aus der Hand fallen.

Minh-Khai Phan-Thi: Oh, da gab es unzählige, zum Beispiel in der zweiten "Nachtschicht". Da haben Ken Duken, Katharina Böhm, Armin Rohde und ich nachts so einen Lachflash bekommen, dass gar nichts mehr ging. Immer wenn sich einer gefangen hatte, fing der andere an zu kichern. Lars war irgendwann sehr genervt, aber wenn man jede Nacht dreht, dann wird man irgendwann richtig albern. Oder die Folge mit Devid Striesow, "Tod im Supermarkt". Mit ihm ist es quasi unmöglich zu drehen, weil er so viel Späße macht, dass man in manchen Szenen, wenn man genau hinguckt, bis heute sieht, dass weder Ken noch ich ernst bleiben konnten. Also Lachflashs gab es sehr, sehr viele.

Barbara Auer: Mir fällt jetzt besonders die Szene in "Wir sind die Polizei" ein, als Erichsen und Lisa bei dem Ehepaar sind, die einen Privatzoo in ihrer Wohnung haben. Und Erichsen einem Krokodil unter dem Bett des Paares ins Auge schauen muss... Da haben wir viel gelacht.

ZDF: Wie erklären Sie sich den enormen Erfolg der "Nachtschicht"? Was macht die "Nachtschicht" in Ihren Augen so besonders im deutschen Fernsehen?

Armin Rohde: Sorry. Das kann und darf ich nicht verraten.

Minh-Khai Phan-Thi: Es ist eine Mischung aus den Drehbüchern, der unkonventionellen Erzählweise, Schnitt, Kamera, Szenenbild, Kostümen und vor allem der hervorragenden Besetzung, die Lars jedes Mal zustande bekommt. Die "Nachtschicht" ist ein sehr mutiges Krimiformat, und obwohl es nur einmal im Jahr läuft, hat es eine sehr treue große Fangemeinde, auch bei Kollegen.

Barbara Auer: Ich glaube, es ist der Humor von Lars Becker. Schräge Dialoge, nicht immer politisch korrekt, und eine Mischung aus Figuren vom Rand der Gesellschaft, über eine Mittelschicht, die sich nach oben träumt und da auch gerne nachhilft bis zu einem korrupten Teil der Oberschicht. Wobei die Sympathie schon klar bei den gesellschaftlichen Randfiguren liegt. Gleichzeitig ist immer alles sehr klug beobachtet und miteinander verwoben.

Wir haben eine gemeinsame Sprache in der Arbeit entwickelt, ein unbegrenztes Vertrauen in die Fähigkeiten des jeweils andern ...
Armin Rohde



ZDF: Wenn man über einen so langen Zeitraum regelmäßig mit einem Regisseur zusammenarbeitet, welche Vorteile ergeben sich daraus?

Armin Rohde: Wir haben eine gemeinsame Sprache in der Arbeit entwickelt, ein unbegrenztes Vertrauen in die Fähigkeiten des jeweils andern, wir müssen uns gegenseitig nichts beweisen und haben einen ähnlichen Humor.

Minh-Khai Phan-Thi: Ich weiß, was Lars von mir erwartet.

Barbara Auer: Es gibt ein Ensemblegefühl, das ich sehr mag. Es ist ein bisschen familiär. Man vertraut sich und ist dennoch immer wieder aufs Neue neugierig.


ZDF: "Reise in den Tod" behandelt ein ernstes gesellschaftsrelevantes Thema, welches man nicht unbedingt in einem Krimi-Plot erwartet. Welche Aspekte waren Ihnen dabei besonders wichtig?

Armin Rohde: Die Geschichte glaubhaft und unterhaltsam zu spielen.

Barbara Auer: Natürlich gibt es da mehrere Aspekte, aber mir persönlich ist das Bewusstsein wichtig, dass wir uns den Wohlstand, in dem wir leben, nur mit Hilfe und oft auf Kosten von anderen leisten. So wie hier im Falle einer Afrikanerin, die illegal nach Deutschland gekommen ist und hier von einer ganz normalen Mittelschichtfamilie wie eine Sklavin behandelt und ausgebeutet wird. Nach der "Nachtschicht" ist vor der "Nachtschicht".

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