Lieferausfälle aus China und Europa bringen die Produktion in deutschen Fabriken zeitweise zum Stillstand. Und wegen des Corona-bedingten Lockdowns in Europa verlieren Näherinnen in Bangladesch ihr Einkommen.
"ZDFzoom" zeigt globale Abhängigkeiten und wie damit in Zeiten der Pandemie umgegangen wird. Acht Monate nach dem ersten Lockdown befinden sich Deutschland und die Welt weiterhin im Krisenmodus. "ZDFzoom"-Reporter Hannes Vogel spricht mit Entscheidern, Expertinnen und Betroffenen in Europa und Asien, um Antworten zu erhalten auf die Frage, wie das Virus als bisher größter Störfall die globalisierte Wirtschaft beeinträchtigt. Und er fragt: Ist die Corona-Krise der Anfang vom Ende der Globalisierung?
Als Anfang des Jahres in Asien die Produktion vieler Güter heruntergefahren wurde, zeigte sich das prompt in den Lieferketten. Der endlose Strom von Rohstoffen, Bauteilen und anderen Erzeugnissen, der den Welthandel antreibt, ebbte ab. Angela Titzrath, Chefin des Hamburger Hafenbetreibers HHLA, berichtet von bis zu 40-prozentigen Einbußen in der Schiffsfracht: "Ich glaube, die Corona-Krise ist sicherlich das schwerwiegendste Ereignis nach dem Zweiten Weltkrieg." Ist es also an der Zeit, die Produktion nach Europa zurückzuholen, um die Versorgung der Bevölkerung auch in Krisenzeiten sicherzustellen?
Die Recherchen von "ZDFzoom" zeigen, dass tatsächlich ein Umdenken in diese Richtung stattfindet. Unternehmen diversifizieren ihre Lieferketten und/oder beschleunigen die Digitalisierung. Der deutsch-französische Pharmariese Sanofi will angesichts der Krise die Produktion in Europa verstärken: "Wir müssen schnellstens diese totale Abhängigkeit von der Produktion in Asien bei viel zu vielen Wirkstoffen beenden", sagt Konzern-Manager Jacques Brom. Die Herstellung von Schutzkleidung im Inland wird mit staatlichen Geldern gefördert, um Liefersicherheit in sensiblen Bereichen zu gewährleisten. Doch was in Einzelfällen sinnvoll und notwendig ist, ergibt für die Mehrzahl der deutschen Unternehmen wenig Sinn, denn es würde die Produktion drastisch verteuern. Denn die Globalisierung ist zwar in vielerlei Hinsicht Ursache für Ausbeutung und soziale Ungerechtigkeit, doch ohne sie sähe es noch schlimmer aus.
"Weniger Globalisierung bedeutet für uns alle weniger Wohlstand", sagt Handelsexpertin Lisandra Flach vom Münchner ifo Institut. Gerade für Schwellenländer wie Bangladesch hat der "Störfall Corona" verheerende Auswirkungen - vor allem in der Textilbranche. Europäische Konzerne profitieren dort von Niedriglöhnen, um ihre Waren dann zu Dumpingpreisen auf dem europäischen und US-amerikanischen Markt zu verkaufen. Fallen massenweise Aufträge weg, ohne dass es einen Ausgleich gibt, drohen Armut und sogar Hunger. "Es werden viel mehr Menschen an Hunger sterben als an der Pandemie", befürchtet Globalisierungsexperte Ian Goldin von der Universität Oxford. Aber könnte die Corona-Krise auch Positives bewirken? Eine gerechtere Arbeitsteilung, bewussteren Konsum, weniger Luftverschmutzung, mehr soziale Verantwortung?
Auch auf diese Frage sucht Reporter Hannes Vogel nach Antworten. Die Bestandsaufnahme der Globalisierung in turbulenten Zeiten zeigt die Verwundbarkeit unserer vernetzten und komplexen Welt, und sie zeigt, dass es trotz allem kein Zurück in die Zeit vor der Globalisierung gibt.
Stab
- Kamera - Benjamin F. Wieg, Christian Trieloff
Und hier unsere Kurzfassung: