Doch noch immer sitzen viele Flüchtlinge vor allem in Italien und Griechenland fest. Die Staaten an der EU–Außengrenze fühlen sich häufig damit allein gelassen. Bislang hat die EU keine schlüssigen Konzepte, wie man die Flüchtlinge auf andere Länder verteilt.
Die EU lässt es sich viel Geld kosten, damit andere Länder wie die Türkei und Libyen weitere Flüchtlinge auf ihrem Weg nach Europa aufhalten. Der umstrittene milliardenschwere Deal zwischen der EU und der Türkei funktioniert besser als von vielen Kritikern erwartet, vor allem in den Ferienmonaten. Doch seit die Sommerferien vorbei sind, erreichen wieder deutlich mehr Schlauchboote die griechischen Inseln in der Ägäis. Bis Mitte Oktober 2017 haben laut "International Organisation of Migration"(IOM) 145 000 Flüchtlinge Europa über das Mittelmeer erreicht.
"ZDFzoom" begleitet deutsche Bundespolizisten dabei, wie sie die griechische Küstenwache an der griechisch-türkischen Seegrenze unterstützen. Fast jede Nacht müssen sie Flüchtlinge aus seeuntüchtigen Schlauchbooten retten, sofern die sich überhaupt retten lassen wollen. Denn für die Flüchtlinge ist im Dunkel der Nacht manchmal nicht zu erkennen, ob es sich um ein türkisches oder deutsches Polizeiboot handelt, das sie da aufhalten oder entsprechend retten will.
Die Zustände im sogenannten Hotspot auf der griechischen Insel Samos gleichen bereits wieder denen im Jahr 2015. Untergebracht in Zelten oder unter Planen, warten die Flüchtlinge auf ihr Asylverfahren - und in Kürze beginnt die regenreiche und kalte Jahreszeit in der Ägäis. Trotz des Geldes aus Brüssel gerät Griechenland an seine Grenzen. Die steigende Anzahl von Flüchtlingen überfordert die Einheimischen, die auf den Tourismus angewiesenen sind.
Die versprochene Umverteilung der Flüchtlinge, die die EU 2015 beschlossen hatte, kommt nicht wie versprochen voran, auch weil sich einige Mitgliedsstaaten schlichtweg weigern, überhaupt Flüchtlinge aufzunehmen. Stattdessen haben einige Länder sogar Flüchtlinge wieder zurück nach Griechenland geschickt. Nach EU-Recht müssen Asylanträge dort bearbeitet werden, wo sie gestellt wurden. "Ein absurdes System", sagt Gerald Knaus, "das dazu führt, dass die Griechen gar kein Interesse daran haben, dass die Zustände für Flüchtlinge in den Lagern menschenwürdig sind, denn je schlechter die Zustände, desto weniger kommen, so die vereinfachte Logik."
Er ist Leiter der Denkfabrik ESI und hat den Deal der Türkei mit der EU mit erdacht. Im Interview mit "ZDFzoom" kritisiert er, dass der zweite wichtige Schritt in der Flüchtlingspolitik der EU nicht gemacht worden sei: Eine Reform des sogenannten Dublin-Systems, das die Verteilung von Flüchtlingen regelt, wird von einigen EU-Ländern erfolgreich blockiert. Es scheitert bislang, weil die EU und auch Deutschland bisher auf einen einstimmigen Beschluss bestehen. Schlechte Zustände in Flüchtlingslagern sind da kein Argument: "Das ist in erster Linie ein Problem der griechischen Behörden", meint der deutsche Innenminister Thomas de Maizière beim Treffen der EU-Innenminister in Luxemburg im Oktober gegenüber "ZDFzoom".
Stab
- Kamera - Axel Thiede