"Starke Schiene" nennt die DB ihr Konzept, mit dem sie mehr Verkehr auf die Schiene bringen will. Bis 2030 will sie doppelt so viele Fahrgäste transportieren. In einem "Deutschland-Takt" sollen Großstädte im 30-Minuten-Rhythmus miteinander verbunden werden.
Das heißt: viel mehr Züge, viel mehr Passagiere in Zügen und Bahnhöfen - und das bei einer veralteten Infrastruktur. "ZDFzoom" geht der Frage nach: Wie soll das funktionieren?
In Zeiten des Klimawandels ist die Bahn ein unverzichtbarer Baustein für die Verkehrswende. Soll sie gelingen, muss die Bahn wettbewerbsfähig, modern und verlässlich werden. Dabei wurde seit der Bahnreform vor über 25 Jahren nur wenig für die Erneuerung getan.
Die Bahn wollte unter diversen Bahnchefs ein börsennotierter, globaler Logistik-Player werden. Das Ergebnis sind mehr als 25 Milliarden Euro Schulden, ein unübersichtliches Firmengeflecht und eine Eisenbahn in Deutschland, bei der 2019 nur noch 75,9 Prozent der Fernzüge pünktlich waren. Das sind etwa zehn Prozent weniger als kurz nach der Bahnreform. Auch im Corona-Monat April 2020 lag die Pünktlichkeit nur bei 88,6 Prozent. Experten meinen, mehr sei auf dem maroden deutschen Schienennetz nicht zu erreichen.
Schon vor Corona litten Bahnkunden und Bahnpersonal unter Verspätungen und dem Zustand vieler Züge und Bahnhöfe. Der Bundesrechnungshof kritisiert: Die Bahn ist auf Verschleiß gefahren. Denn was richtig kaputt ist und neu gebaut werden muss, wird vom Bund bezahlt, während Pflege und Wartung aus eigenen Mitteln getragen werden müssen. Auch so ist der miserable Zustand zu erklären.
Aber wie soll die DB nun schnell zukunftsfähig werden, gar unsere Klimabilanz retten? Mit sehr viel Steuergeld: Anfang 2020 wurde in einer Vereinbarung zwischen Bahn und Bund die Bereitstellung von 86 Milliarden Euro beschlossen. Geld, das aber nur dafür reichen wird, die Bahn wieder in einen vernünftigen, funktionierenden Zustand zu versetzen. Aber wie sollen darüber hinaus die großen Ziele Verdoppelung der Fahrgastzahlen und viel mehr Verbindungen erreicht werden?
Dafür braucht es laut Bahn neue Hochgeschwindigkeitsstrecken. Aber deren Bau dauert in Deutschland mindestens 20 Jahre. Experten rechnen mit Kosten von zusätzlichen 70 bis 100 Milliarden Euro, deren Finanzierung bislang noch unklar ist. Womit die Frage, wie das alles funktionieren soll, beantwortet ist: wenn überhaupt, dann mit viel Verspätung und mit noch viel mehr Geld aus dem Bundeshaushalt.
Erst mal soll es mindestens 5,5 Milliarden Euro Corona-Hilfen vom Bund für die Bahn geben. Grund sei eine Finanzierungslücke für die weltweite Geschäftstätigkeit der DB. Während der Bundesrechnungshof gegen diese Hilfen protestiert, geht der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann (CDU), davon aus, die Mittel würden "nur in Deutschland bleiben und auch nur für die Corona-bedingten Ausfälle im deutschen Eisenbahnwesen" genutzt.
- Kamera - Florian Lengert, Gordon Volk