Die Unterschiede zwischen Nord und Süd sind mittlerweile größer als zwischen Ost und West. Zu diesem Schluss kommen die Wissenschaftler, die exklusiv für ZDFzeit Daten aus allen 401 Landkreisen und kreisfreien Städten ausgewertet haben.
Die Deutschland-Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts Prognos vergleicht die Lebensverhältnisse in der Republik – in 53 unterschiedlichen Kategorien. Von Wirtschaft, Sicherheit bis zu Natur und Gesundheit.
ZDFzeit zeigt, wo es gut läuft – und wo nicht. In dem kleinen Dorf Ellweiler im Hunsrück drückt die Schuldenlast. Fast 400.000 Euro Schulden sind es inzwischen, doch Einnahmen gibt es so gut wie keine. Ohne Infrastruktur hat es Bürgermeister Gerhard Göttge schwer, Unternehmen nach Ellweiler zu holen. "Wir haben inzwischen gutes Internet, aber der Handyempfang hängt vom Standort ab." Eine Busverbindung gibt es nicht, und die Dorfkneipe hat inzwischen auch geschlossen. Doch der 63-Jährige will nicht aufgeben. Er und die anderen 330 Einwohner packen selbst mit an. Egal, ob die Parkbank gestrichen oder repariert werden muss oder das Dach vom Gemeindehaus - ohne Eigeninitiative würde es gar nicht gehen. "Wir sind vergessen und abgehängt vom Rest der Welt", sagt Göttge.
Solche strukturschwachen Regionen gibt es überall in Deutschland. In Göritz im Spreewald gibt es weder gute Einkaufsmöglichkeiten noch schnelles Internet. Die "Tuningfreunde Spreewald" etwa haben als Hobby ihr Auto. Die jungen Erwachsenen wollen trotz aller Widrigkeiten ihrem Dorf treu bleiben. Steffi Blaschke, 24, kann sich kein anderes Leben vorstellen: "Hier kennt jeder jeden. Der Trubel und die Anonymität in der Stadt sind nichts für mich."
Obwohl die Forscher der Deutschland-Studie nachweisen können, dass die Lebensverhältnisse in abgelegenen Gegenden viel schlechter sind, gibt es in Deutschland eine tiefe Sehnsucht nach dem Leben auf dem Land. Das zeigt eine repräsentative Umfrage für ZDFzeit. Befragt nach ihrem Wunsch-Wohnort sagen 44 Prozent der Deutschen, dass sie von einem Leben in einem kleinen Dorf auf dem Land träumen, 39 Prozent würden am liebsten in einer kleineren Stadt wohnen, und nur 16 Prozent bevorzugen die Großstadt.
Winzerin Hildegard Stigler führt so ein Landleben, das sich wohl viele vorstellen. Sie steht regelmäßig in ihren Weinbergen in Ihringen im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald. Nach der Arbeit sitzt sie mit der gesamten Familie bei der "Vesper", dem Abendessen. Natürlich mit einem Glas Wein aus dem eigenen Anbau. "Es ist ein gemütliches Leben hier", sagt sie, "das lässt uns alt werden. Wir haben keinen Stress." Tatsächlich haben Frauen in der Region Breisgau-Hochschwarzwald die höchste Lebenserwartung in Deutschland.
Insgesamt sind mehr als 20.000 Einzeldaten in die Studie eingeflossen, unterschiedlich gewichtet nach wissenschaftlichen Vorgaben. Zehn Forscher von Prognos haben ein Jahr lang daran gearbeitet, darunter Soziologen, Politologen und Volkswirte.
Das ZDF veröffentlicht die Deutschland-Studie am Donnerstag, 17. Mai 2018