ZDFzeit zeigt bislang unveröffentlichtes Material und lässt Zeitzeug*innen, Wegbegleiter*innen und Prominente zu Wort kommen. An ihre sehr persönlichen Begegnungen erinnern sich Moderator Günther Jauch, Klaus Meine von den Scorpions und Gorbatschow-Freund Stas Namin.
Michail Gorbatschow ist einer der bedeutendsten Staatsmänner des 20. Jahrhunderts. Er hat das kommunistische Ein-Parteien-Regime beendet. Er hat Meinungsfreiheit, Regierungskritik und Religionsfreiheit zugelassen. Er hat den Staaten des Warschauer Pakts und auch Deutschland Selbstbestimmung zugestanden. Seine Politik hat globale Veränderungen eingeleitet. Sie hat dazu geführt, den Kalten Krieg zu überwinden, die deutsche Einheit und den politischen Umbruch in Mittel- und Osteuropa zu ermöglichen.
Gorbatschow ist im Ausland beliebt, im Inland kritisch gesehen
Gorbatschow: ein armer Bauernjunge, der zum mächtigsten Mann der Sowjetunion wurde. Einer, der mit Offenheit und Witz ein neues Gesicht der UdSSR zeigte. Im Ausland geschätzt und geliebt, im Inland von manchen geschmäht und als Zerstörer des sowjetischen Imperiums angesehen, obwohl er doch genau das immer erhalten wollte. Die Transformationen, die er angestoßen hat, haben ihn überrollt. Wer ist dieser Mann, der die Welt veränderte? Welches Vermächtnis hat er hinterlassen?
Einen "genialen Zerstörer" nennt ihn Gregor Gysi. Aber wollte er zerstören? Seine Persönlichkeit, die große Widersprüche beinhaltet, ist der Schlüssel. "Gorbatschow wirkte immer wie einer, der offen war, der auf Menschen zugegangen ist, der mit Zwischenrufen kein Problem hatte, der es gut fand, wenn ihm vielleicht auch mal widersprochen wurde", erinnert sich Günther Jauch. Gorbatschow suchte das Rampenlicht, wie Rockmusiker Klaus Meine von den Scorpions hervorhebt: "Offenbar hat es ihm auch sehr viel Freude bereitet, dieser Austausch Rock 'n' Roll, Glasnost, Perestroika."
Gorbatschows Meilensteine
Gorbatschow: "Ich will leben, bis ich 90 bin"
Doch Gorbatschows Leben ist auch von Tragik überschattet. Seine geliebte Frau Raissa starb 1999, er selbst hat in Russland nur wenige Freunde, wie den Kultmusiker Stas Namin, der im ZDFzeit-Interview sagt: "Vor Kurzem war Gorbatschow bei mir zu Gast, wir haben gesprochen, ein bisschen Wodka getrunken, und er hat gesagt: 'Ich will leben, bis ich 90 bin. Länger will ich nicht leben. Ohne Raissa habe ich hier auf dieser Erde nichts mehr zu tun.'"
Die Dokumentation aus dem Frühjahr 2021 blickt dabei nicht nur zurück. Sie analysiert auch, welche Wirkung Gorbatschows Ideen und Visionen bis zu diesem Zeitpunkt hatten. Wie steht es ein Jahr vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine um die Freiheit in Russland, die er zuließ? Was wurde aus dem Traum von Wohlstand für das Volk? Was wurde aus seinen Visionen?