Am 7. November 1938 erschießt der jüdische Emigrant Herschel Grynszpan in Paris einen deutschen Diplomaten. Grynszpan ist verzweifelt, weil seiner in Deutschland lebenden Familie alles genommen wurde und sie ins Niemandsland zwischen Deutschland und Polen abgeschoben wurden. Die Nazis nutzen dieses Attentat, um Deutschland mit einer nie dagewesenen Welle von Pogromen zu überziehen.
„Es ist schon interessant, dass die SA es für nötig hielt in den kleineren Orten nicht die Leute aus dem Ort selber die Synagogen plündern und anstecken zu lassen, sondern sie aus anderen Orten herbeizukarren und sie am besten noch vorher mit Alkohol abzufüllen, damit sie das machen, weil man sich nicht darauf verlassen hat, dass die Leute das gegen ihre eigenen Nachbarn machen.“ (Susanne Heim, deutsche Historikerin)
Ihren Höhepunkt findet diese Gewaltwelle am 9. November in der Reichspogromnacht: In ganz Deutschland und Österreich werden hunderte Synagogen, sowie über 7.500 jüdische Läden und Geschäfte verwüstet, geplündert und in Brand gesteckt. Mindestens 400 Juden werden ermordet oder begehen aus Verzweiflung Selbstmord.
„Am Morgen bin ich dann zurück in unsere Wohnung. Es waren natürlich überall Glasscherben usw. Und ich hörte zum ersten Mal den Ausdruck Kristallnacht.“ (Stefan Georg Troller, Historiker und Zeitzeuge)
Unfassbare Erniedrigungen
Selbst diese Gewaltorgie aber scheint harmlos im Vergleich zu dem, was Deutsche Besatzungstruppen nach Kriegsbeginn am 1. September 1939 den Juden in Polen antun. Die Erniedrigungen sind unfassbar: Deutsche Soldaten verbrennen die heiligen jüdischen Schriften – und zwingen die Juden, übers Feuer zu springen, zu singen und zu tanzen. Doch das Lieblingsspiel der Nazis ist das sogenannte Bartspiel: Sie reißen den Juden ihre Bärte ab oder stecken sie in Brand. Über 600 Juden werden erschossen.
Die Juden, die nicht aus dem von Deutschland besetzten Teil Polens fliehen können, werden gezwungen, in Ghettos zu ziehen, die in allen größeren Städten eingerichtet werden. Hier sollen sie leben – auf viel zu engem Raum, ohne ausreichende Lebensmittel, ohne medizinische Versorgung – bis die Deutschen einen Plan entwickeln, was mit ihnen geschehen soll.