Einst begehrte Wohnlage, nahm die Attraktivität der Hochhauswohnungen nach der Wende deutlich ab. Trotz ihres schlechten Rufs erlebt Deutschlands einst größte Plattenbausiedlung heute einen regelrechten Boom - und das nicht nur wegen der billigen Mieten.
Ein Dorf "hochkant"
In der Marzahner Promenade 14 leben etwa 350 Menschen in 144 Wohnungen, verteilt auf 20 Stockwerke. In dem "Dorf hochkant" läuft es auf den ersten Blick ganz gut. Doch Vandalismus, Ruhestörung oder kleinere Nachbarschaftsstreits gehören hier ebenfalls zum Alltag. Wie hat sich das Zusammenleben im Haus, das vor der Wende erbaut wurde, verändert?
Hausmeister Thorsten Hauff kennt die 20 Stockwerke der Marzahner Promenade 14 wie seine Westentasche. Er ist "Hausi" der alten Schule und hat das Haus und die Wehwehchen seiner Bewohner gut im Griff. "Du musst deine Arbeit lieben, wenn nicht, kannst du gleich zu Hause bleiben." Falsch entsorgter Müll, zugestellte Kellerräume und fast täglich neue Graffiti an den Wänden - Hausmeister Hauff hat alle Hände voll zu tun, das Gebäude in Schuss zu halten. Wenn es bei einem Mieter dann noch von der Decke tropft und eine Wohnungsübergabe im Kalender steht, kommt Hausmeister Hauff ganz schön ins Schwitzen. Doch auch er sieht nicht alles schwarz. Denn das Leben in der Platte hat auch seine schönen Seiten.
Das weiß niemand besser als Bernd Engling. Als Haus-Chronist, Mietervorstand und Chorleiter der "Marzahner Promenaden-Mischung" ist der 74-Jährige eine Schlüsselfigur der Marzahner Promenade 14. Seit 34 Jahren engagiert er sich für die Gemeinschaft im Haus, begutachtet als Teil des Mieterbeirats einmal im Monat den Zustand der Platte und leistet mit dem liebevoll eingerichteten Haus-Klub im 20. Stock einen unschätzbaren Beitrag zur Kultur im Gebäude. Veranstaltungen können hier wegen der Coronapandemie gerade nicht stattfinden. Bei einer abendlichen Jamsession mit Akkordeon und Saxofon wird es im Klub aber für kurze Zeit wieder sehr lebendig.
Und wie erleben andere Bewohner die Gemeinschaft im Haus? Die zehnjährige Glorias Mukami aus Kenia lebt seit 2019 in Marzahn, singt im Chor "Marzahner Promenaden-Mischung" bei Bernd Engerling, ist in Marzahn aber noch nicht ganz angekommen. Für Familie Rokosz aus Polen sollte Marzahn nur eine Zwischenstation sein, wurde dann aber zum Wohlfühl-Zuhause. Mutter Justina erzählt, warum sie heute nicht mehr aus Marzahn wegwill.
Die "ZDF.reportage" taucht ein in den Mikrokosmos einer Berliner "Platte".