Viele Nachfolger krempeln den Betrieb ihrer Eltern ordentlich um. Stress pur – für beide Seiten.
Bei Wolfgang Grupp (79), Deutschlands bekanntestem Mittelständler, steht demnächst die Übergabe an. Er führt das Familienunternehmen TRIGEMA seit einem halben Jahrhundert. Das Filmteam trifft Wolfgang Grupp und seine Familie in ihrer Villa in Burladingen. Direkt gegenüber liegt die Produktionsstätte des Unternehmens. Der TRIGEMA-Chef fährt Umsätze im dreistelligen Millionenbereich ein und gehört mit seinem Konzern zu einem der wenigen Hersteller, die ausschließlich in Deutschland produzieren. "Ich werde die Geschäfte an meine Kinder weitergeben, besser gesagt: entweder an meinen Sohn oder meine Tochter." Doppelspitze? Ausgeschlossen. Eine Konkurrenzsituation, die nicht ungefährlich für den Familiensegen ist. Tochter Bonita leitet aktuell bei TRIGEMA die Bereiche E-Commerce und Personal. Sohn Wolfgang Junior verantwortet Verkauf und IT. Einer von beiden wird einmal die Leitung des 1200-Mitarbeiter-Unternehmens übernehmen. Die Challenge läuft.
Mit 14 Jahren den eigenen Weinberg, mit 26 die ganze Firma: Martina Bernhard aus Wolfsheim bei Mainz weiß genau, was sie möchte. Für die Eltern Sabine (47) und Jörg (50) war früh klar, dass ihre Tochter schnell eigene Wege geht. "Aber dass meine Tochter jetzt auch meine Chefin ist, daran muss ich immer noch gewöhnen", sagt Sabine Bernhard. Tochter Martina setzt eigene Schwerpunkte. Da geht auch schon mal ein Tag für die neue Instagram-Aktion oder die Design-Absprache mit einer Agentur in Mainz drauf: "Kundenbindung ist superwichtig für uns. Der Blick hinter die Kulissen fasziniert die Kunden in ganz Deutschland und auch im Ausland." Nur im Feld, da hat Martinas Vater noch das Sagen. Jetzt, bei der Weinlese, müssen alle mit anpacken. 27 Hektar Wein, alles biodynamisch, etwa 190 000 Liter pro Jahrgang.
Die Bäckerei der Familie Ostendorf in Barleben bei Magdeburg ist seit 150 Jahren in Familienhand. Drei Generationen arbeiten hier zusammen: Noch führt Mutter Kerstin (55) offiziell die Geschäfte, der 81 Jahre alte Großvater hilft nach wie vor zweimal in der Woche aus. In der Backstube hat aber längst Sohn Marcus (30) den Hut auf. Irgendwann will der junge Bäckermeister den Betrieb übernehmen, ein Spagat zwischen Tradition und Wandel. Während seine Mutter die Abrechnung noch immer mit Zettel und Stift macht, hat Marcus erkannt, dass es nur mit traditionellem Brötchenbacken nicht mehr getan ist: Er setzt auf historische Roggensorten, regionale Partner oder unkonventionelle Brotkreationen mit Algen oder Tintenfischtinte. Die extravaganten Zutaten für seine Brote sind teuer, mehr als einmal musste sich Marcus vor Noch-Chefin Kerstin für die höheren Ausgaben rechtfertigen. "Da musste ich ihr schon sagen: Entweder wir machen das so, oder ich bin weg." Mittlerweile spricht der Verkaufserfolg für das Konzept des Juniorchefs.
Die "ZDF.reportage" zeigt, welche Probleme und Hürden beim Generationswechsel in Familienbetrieben auftauchen – im Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation.