Als sich norddeutsche Kaufleute im frühen Mittelalter zusammenschlossen, schufen sie eines der erfolgreichsten Wirtschaftsbündnisse: die Hanse. Ihr Ziel war gewinnbringender Fernhandel. Dafür trotzten sie mit Mut und Pioniergeist der Urgewalt des Meeres, Piraten und mächtigen Konkurrenten.
Es gehört heute noch zu den eindrucksvollsten Stadttoren Deutschlands: das weltbekannte Holstentor in Lübeck. Es zeugt von der Zeit, als die Stadt die "Mutter der Hanse" war, die Drehscheibe des nordeuropäischen Fernhandels im Mittelalter. Hier wurden die Beschlüsse gefasst, das "Lübsche Recht", das für die Mitglieder der Hanse bindend war.
Dabei war die Hanse ein bunter Strauß aus
Reichs-, Bischofs-, Ordens- und landesherrlichen Städten ganz unterschiedlicher Rechtsverhältnisse. Beim Handel zogen sie aber an einem Strang: Der Bund war sozusagen ein Vorreiter des heutigen Europa mit einem einheitlichen Wirtschaftsraum.
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Faires Tauschgeschäft
Das Erfolgsmodell der Hanseaten beruhte aber nicht auf Gewalt und Ausbeutung, sondern auf Vertrauen und Zuverlässigkeit - auf Warentausch zum gegenseitigen Vorteil. So erhielten Völker wie die im stürmischen Atlantik abgelegenen Shetländer Zugang zu Waren, die sie sonst nicht so einfach bekommen konnten. Die deutschen Handelsleute bekamen im Gegenzug günstigen Fisch, den sie mit Profit in Deutschland verkaufen konnten. Für alle ein gutes Geschäft.
Dabei übernahmen die Kaufleute moderne Buchungsmethoden und das System des bargeldlosen Zahlungsverkehrs aus Italien. Die Hanse war ein modern organisiertes Handelsnetzwerk.
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Einfluss bis nach Neufundland
In seiner Blütezeit umfasste der Bund 200 Städte. Sie lagen in einem Gebiet, das heute sieben europäische Staaten umfasst: von der niederländischen Zuidersee im Westen bis zum baltischen Estland im Osten, vom schwedischen Visby im Norden bis zur Linie Köln-Erfurt-Breslau-Krakau im Süden. Ihr wirtschaftlicher Einfluss reichte sogar noch weiter bis nach Sibirien und der Ostküste Nordamerikas. Die Erschließung des großen einheitlichen Wirtschaftsraums führte zum Erstarken der Städte, vor allem in Nord- und Osteuropa.
Zentrale Umschlagsplätze waren die Kontore der Hanse in Novgorod in Nordwestrussland (St. Peterhof), in Bergen in Norwegen (Deutsche Brücke), in Brügge in Flandern und in London in England (Stalhof). Daneben unterhielt die Hanse von Russland bis nach Portugal über halb Europa verteilt zahlreiche kleinere Niederlassungen, die so genannten Faktoreien.
Illegaler Handel
Dabei betrieben die Kaufleute auch in illegalem Gebiet Handel. Der norwegische König hatte der Hanse lediglich den Handel über ihr Kontor in Bergen gestattet. Doch die Kaufleute "umschifften" das königliche Monopol und drangen noch weiter in den Norden vor. Das zeigen einstige Stützpunkte im wilden Nordwesten Islands und auf den Shetland-Inseln.
Der illegale Vorstoß demonstriert, wie mächtig die Handelsleute waren. Um wirtschaftliche Interessen durchzusetzen, verhängten sie sogar Wirtschaftsblockaden gegen Königreiche und Fürstentümer. 1523 trugen sie auch dazu bei, den dänischen König abzusetzen, der ihre Pläne durchkreuzte.
Überfalle von Piraten
Der Reichtum der Kaufleute machte aber begehrlich. Schriftquellen im Lübecker Stadtarchiv berichten von Piratenüberfällen. Vor allem im Norden betrieben Klaus Störtebeker und Consorten ihr blutiges Handwerk: Das Labyrinth der norwegischen Fjorde war ein ideales Revier für Seeräuber. Kämpfe konnten die Kaufleute in den tief eingeschnittenen, zerklüfteten Fjorden kaum gewinnen. Deshalb und weil sie schlichtweg zu teuer waren, versuchten die Hansefahrer sie zu vermeiden.
Obendrein waren die Koggen der Handelsleute keine Kriegsschiffe, auch wenn sie bewaffnet waren. Sie waren so etwas wie die Containerschiffe des Mittelalters: schlecht zu manövrieren.
Druck von außen
Im ausklingenden Mittelalter betrieben aber immer mehr englische, italienische und süddeutsche Kaufleute sowie holländische Frachtfahrer Handel mit den Zielländern der Hanseaten. Der Druck der wachsenden Konkurrenz wurde größer. Um ihr Handelsmonopol zu sichern, führte die Hanse schließlich Kriege. Noch im 15. Jahrhundert griff sie militärisch ein, um ihre Stellung in England, Flandern und Dänemark zu sichern.
Als die Landesfürsten aber Städte zum Austritt aus der Hanse zwangen, war diese den erstarkenden Ost- und Nordseestaaten nicht mehr gewachsen - zumal die Landwege im Osthandel immer größere Bedeutung erlangten.
Auch eine festere Bündnisorganisation konnte die Entwicklung nicht aufhalten - die Hanse verlor an Einfluss. 1669 fand in Lübeck der letzte Hansetag statt. Auf ihm waren nur noch sechs Städte vertreten.
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