Spione im Tierreich - Überlebenskünstler

Wie schon die erste Staffel von „Spy in the Wild“ wurde auch die zweite Staffel von der britischen Produktionsfirma John Downer Productions im Auftrag der BBC hergestellt. Im Interview gewähren die drei Produzenten Phil Dalton, Huw Williams und Matt Gordon einen Einblick hinter die Kulissen der komplizierten Dreharbeiten.

Bildquelle: ZDF/John Downer Productions

Was ist in der zweiten Staffel anders als in als in der ersten?
Huw Williams: Zunächst war es uns wichtig, noch bessere Spionage-Roboter zu bauen, noch realistischer in Aussehen und Aktion. Dank neuester Technologien und Kameras haben wir sogar eine Reihe fliegender Spione mit Erfolg eingesetzt. Und natürlich haben wir andere Tiere und Lebensräume weltweit dokumentiert. Die zweite Staffel zeigt Tierverhalten, wie man es zuvor noch nicht gesehen hat.

Phil Dalton: Vor allem haben wir unglaublich viele neue Spionage-Roboter zum Einsatz gebracht, insbesondere eine neue Generation flugfähiger Animatroniks. So hat ein Spionage-Pelikan die größte je gefilmte Versammlung von Teufelsrochen aus der Luft aufgenommen. Und unser künstliches Gorillababy hat erstmals überhaupt singende Berggorillas dokumentiert.

Matt Gordon: Ich möchte noch hinzufügen, dass wir einige Spione im Herzen von Tiergruppen platzieren konnten, weil die Roboter bestimmtes Verhalten der Tiere nachahmen konnten. So erhielten wir Aufnahmen, die wir mit herkömmlichen Filmmethoden so nicht hätten drehen können.

Wie läuft der Bau eines so komplexen Spionage-Roboter ab?
Matt: Zuerst klären wir, welche Tierart wir unter die Lupe nehmen wollen. Dann überlegen wir, welches Individuum wir nachbauen wollen. Beispielsweise wäre es im Falle der Gorilla-Familie wenig zweckmäßig gewesen, den gewaltigen Silberrücken zu imitieren. Da war das Baby in vielerlei Hinsicht praktikabler. Schließlich einigen wir uns über Aussehen und Fähigkeiten des Animatroniks. Dabei arbeiten wir eng mit Fachwissenschaftlern, wenngleich wir selbst Biologen oder Zoologen sind. Zum Beispiel funktionieren bei Gorillas Lernen und Kommunikation zum großen Teil über Augenkontakt. Also haben wir auf Lidschluss, Augenbewegungen und Gesichtsmimik besonderen Wert gelegt. Erst nach wochenlangem Studium von Videos, Bildern und Literatur entwickeln wir gemeinsam mit den Ingenieuren das Konzept für einen Spionage-Roboter.

Huw: Wir arbeiten mit zahlreichen Designern und Konstrukteuren zusammen. Wir versuchen, die Spione so auszustatten, dass ihre Eigenschaften bei den auszuspähenden Tieren nur neutrale oder freundlich-interessierte Reaktionen hervorruft. Dabei bringt uns die Fülle an Fakten und Details gelegentlich ins Schleudern. Unsere Meeresschildkröte etwa ist in Aussehen und Bewegungsweise von einem echten Exemplar kaum zu unterscheiden.

Wie lange dauert die Herstellung eines Animatroniks?
Matt: Das ist ganz unterschiedlich. Im Durchschnitt vielleicht drei Monate, vom ersten Konzept, Zeichnungen der Entwürfe, Diskussionen über Spezifikationen und Fähigkeiten und dem eigentlichen Bauen bis zur Gestaltung der Körperoberfläche.

Welcher Spion war am schwierigsten zu bauen?
Matt: Da gab es schon einige, deren Konstruktion komplizierter war als die der meisten. Vor allem die fliegenden Spione stellten unsere Ingenieure vor besondere Herausforderungen, denn zusätzliches Gewicht und veränderter Luftwiderstand bewirkten teils stark abweichende Flugeigenschaften der zugrundeliegenden Drohnen. Aber eines der komplexesten Modelle war mit Sicherheit das Gorillababy. Dutzende von Mini-Motoren und beweglichen Teilen waren nötig, um die Gesichtsmimik so naturgetreu zu ermöglichen.

Phil: Auch das Konzept für den Spionage-Kolibri war technisch schwierig umzusetzen. Er sollte vergleichsweise winzig sein, um zwischen den Zweigen der Bäume zu agieren, in alle Richtungen hochgradig manövrierfähig sein und eine 4K-Kamera tragen können. Aber das Ergebnis ist schon sensationell.

Huw: Unsere Meeresschildkröte ist definitiv an Komplexität und Detailtreue kaum zu überbieten. Sie schluckt, kriecht und bewegt den Kopf wie eine echte. Sie legt Eier und wirkt insgesamt so realistisch, dass sie für mich eine der am schwierigsten zu realisierenden Konstruktionen war.

Wer kontrolliert die Roboter während der Dreharbeiten?
Matt: In besonders schwierigen Momenten haben wir schon mal direkt eingegriffen. Zum Beispiel erforderte die Steuerung des Gorillababys zwei Operatoren. Aber ansonsten überließen wir das den Animatronik-Ingenieuren. Die verfügen in diesen Dingen über wesentlich größere Erfahrung.

Wie viel Filmmaterial haben die Drehteams nach Hause gebracht?
Phil: Mehr als 8.500 Stunden für alle vier Folgen. Das bedeutet, für eine Folge mussten wir 2.125 Stunden Drehmaterial sichten, um daraus die besten Szenen auszuwählen. Eine Menge Arbeit. (Anm.d.Red.: aus diesen vier Originalfolgen haben wir zwei Folgen für Terra X zusammengestellt)

Ging ein Spion im Einsatz verloren?
Phil: Wir haben alle Roboter nach dem Dreh wieder einfangen können. Allerdings war manch einer etwas lädiert. Das Spionage-Wildschwein, das uns die Komodo-Warane zerlegt haben, konnten wir nur noch in Einzelteilen bergen.

Inwiefern unterscheiden sich die Aufnahmen der Spionage-Kameras von solchen herkömmlicher Kameras?
Phil: Die Tiere reagieren sehr unterschiedlich. Die meisten sind anfangs neugierig und inspizieren die Spione vorsichtig. Schnell erkennen sie dann, dass es sich nicht um Beute handelt. Dann entspannen sie sich und die Animatroniks sind für sie Teil der Szenerie. Ab da können wir so nah bei den Tieren höchst interessantes Verhalten filmen und auch Geräusche aufnehmen. Da entstehen völlig andere Bilder als beim Dreh mit Teleobjektiven. Die Aufnahmen lassen den Betrachter die Szenen auf viel intimere Weise erleben. Gewiss, manchmal versuchen die Tiere mit den Robotern zu kommunizieren, aber genau dann können wir absolut unerwartetes Verhalten filmen.

Bildquelle: ZDF/John Downer Productions

Spione im Tierreich - Überlebenskünstler
Erstausstrahlung ZDF am 5. September 2021, 19:30 Uhr

Film von John Downer
Deutsche Bearbeitung Michael Leja

Redaktion TV Axel Gomille
Redaktion Online Michael Büsselberg

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