Dank ihm avanciert die Eisenbahn zum gefragten Transportmittel: George Stephenson entwickelt Anfang des 19. Jahrhunderts die Dampflokomotive entscheidend weiter. Er baut die schnellste Maschine, erfindet eine neue Radform und leitet den Bau der ersten öffentlichen Eisenbahn. Aber er hat mächtige Gegner.
Englands Wirtschaft boomt in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Erfindung der Dampfmaschine hat hier die industrielle Revolution eingeläutet, die sich nach und nach auch auf Europa ausweitet. Vor allem die Textilindustrie in Manchester wird zum Motor dieses epochalen wirtschaftlichen Umbruchs im Königreich.
Kanalmonopol der Adligen
Doch dem Fortschritt steht ein Hindernis im Wege: Der Warenverkehr muss mühselig über ein altes, schmales Kanalnetz abgewickelt werden - ob Baumwolle für die Textilfabriken oder Kohle für die Dampfmaschinen. An einigen Stellen können die beladenen Schiffe nur im Schritttempo gezogen werden.
Vor allem das langsame Treideln durch Tunnel und Schleusen erschwert den Transport. Für jedes Passieren der Kanalabschnitte verlangen die adligen Besitzer obendrein hohe Gebühren. Das wollen sich die Geschäftsleute in Manchester nicht mehr länger bieten lassen: Mit der Hilfe des Ingenieurs George Stephenson wollen sie ein neues Transportsystem errichten und dem Zwangssystem der Adligen ein Ende setzen.
Dampflokomotive auf Schienen
George Stephenson ist von der Idee fasziniert, eine Dampfmaschine auf Schienen laufen zu lassen. Damit soll die Ware sehr viel leichter und schneller transportiert werden können. Von seiner Arbeit in einer Kohlegrube weiß er, dass die hier eingesetzten Pferde ein Vielfaches an Gewicht bewältigen können, wenn die Wagen auf Schienen gezogen werden und nicht auf Wegen.
Ein britischer Ingenieur hat es ihm bereits vorgemacht: Richard Trevithick stellte 1804 eine Dampfmaschine auf Räder. Doch sie war für den Einsatz auf den Schienenwegen der Kohleminen, wo sie in Betrieb gehen sollte, viel zu schwer. Die gusseisernen Gleise zerbrachen oft, weil sie nur für die viel leichteren Pferdewagen konzipiert worden waren.
Optimiertes Modell Stephensons
Auch die ersten Loks, an denen andere Ingenieure tüfteln, sind ganz und gar nicht zuverlässig: Ihre Kessel verlieren ständig Dampf, und sie entgleisen häufig. Während viele der Eisenbahn-Pioniere nach und nach aufgeben, lässt sich Stephenson von den scheinbar unlösbaren Problemen nicht abschrecken. Er eröffnet eine eigene Lokomotivfabrik und bastelt dort an einem verlässlicheren Modell.
Erste öffentliche Eisenbahn
Schließlich findet er die richtige Balance zwischen dem Gewicht der Maschine und der Kraft, die sie vorwärts bewegen soll. Vor allem das Rad verändert er. Ein Spurkranz verhindert das Entgleisen. Und die Lauffläche des Rades formt Stephenson etwas schräg. Das hat den Vorteil, dass die abfallenden Laufflächen die Achsen selbst in Kurvenfahrten aufgrund der Schwerkraft immer auf der Schiene zentrieren. Als die Probefahrten mit seiner Dampfmaschine ohne Zwischenfälle verlaufen, präsentiert George Stephenson seinen Erfolg der Öffentlichkeit: Zu der Jungfernfahrt seiner "Locomotion" am 27. September 1825 strömen mehr als 50.000 Menschen herbei.
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Es ist die erste Strecke, auf der Passagiere mit einer Dampflok befördert werden - und die erste öffentliche Eisenbahn, die darauf in Betrieb geht. Sie zieht 38 Wagen, die zum Teil mit Kohlen und Weizen beladen sind, aber überwiegend Sitzplätze aufweisen. Rund 650 Personen bringt Stephenson am Tag der Einweihung mit seiner Lok von Stockton nach Darlington.
Liverpool-Manchester-Strecke
Die Verbindung zwischen Stockton und Darlington ist nicht das einzige Projekt, an dem Stephenson arbeitet. Die Manchester Geschäftsleute beauftragen ihn außerdem damit, eine Verbindung zwischen Liverpool, dessen Hafen von großer Bedeutung ist, und der wachsenden Industriestadt Manchester zu bauen. Eine große Herausforderung, denn noch nie sind Schienen so weit verlegt worden. Zudem führen die rund 56 Kilometer durch unwegsames Gelände und passieren ein Sumpfgebiet.
Wendepunkt im Transportwesen
Außerdem treiben die mächtigen Kanalbesitzer ihr böses Spiel: Die Eisenbahn sei völlig unsicher und eine große Gefahr für Leib und Leben, hetzen sie die Öffentlichkeit gegen die geplante Linie auf. Kaum ein Tag vergeht, ohne eine neue, irreführende Schreckensmeldung. Zusätzlich beauftragen die Adligen einen der besten Anwälte des Landes. Er soll die Politiker im Londoner Parlament dazu bringen, die Baugenehmigung für die Strecke zu verweigern und Stephenson als gefährlichen Fantasten hinzustellen.
Es wird ein zäher Machtkampf. Doch am Ende zählt die Aussicht auf ein lukratives Geschäft: Die Geschäftsleute bieten dem einflussreichsten Kanalbesitzer schließlich ein Fünftel der Aktien ihrer Linie an - der Adlige greift zu. Von nun an schweigen auch die anderen Monopolisten, und dem Bau der Strecke steht nichts mehr im Weg.Die Liverpool-Manchester-Strecke wird am 15. September 1830 eingeweiht. Mehr als 100.000 Zuschauer kommen. Der Tag markiert den Wendepunkt im Leben von George Stephenson. Er wird zukünftig auch die Lokomotiven für die 56 Kilometer lange Strecke liefern. Denn seine Lok "Rocket", die Rakete, hat sich im berühmten Rennen von Rainhill als die beste und schnellste Maschine herausgestellt. George Stephenson leitet fortan den Bau großer Eisenbahnlinien in England und ist auch im Ausland - in Belgien, Holland, Frankreich, Deutschland, Italien und Frankreich - als Berater für die Expansion der Eisenbahnnetze gefragt, die nun beginnt. Die Zeit der umwälzenden Transporttechnik, des Eisenbahnwesens, bricht an - und setzt dem Transportmonopol der adligen Kanalbesitzer ein Ende.
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