Noch nicht einmal 400 Jahre hat es gedauert, um die jahrtausendealten indianischen Kulturen durch etwas völlig Neues abzulösen. In keinem anderen Reich der Weltgeschichte vollzog sich der Wandel so fundamental und so rasant wie in Amerika. Mit den Europäern wurde das "Indianerland" zum "Wilden Westen" und entwickelte sich innerhalb weniger Menschenalter zur "Weltmacht USA".
Ein stolzer Indianer aufrecht auf seinem Pferd, eine Herde mächtiger Bisons, ein Treck unerschrockener Siedler in den unendlichen Weiten des amerikanischen Kontinents.
Was ist ein Mythos, was ist Realität in unserem Blick auf die amerikanische Geschichte? Wie prägten die Ureinwohner ihren Kontinent - und was ist von diesem Einfluss geblieben? War die Verdrängung der Indianer durch die Siedler tatsächlich unausweichlich?
Massiver Kulturwandel
Maximilian Schell begibt sich auf die Spur dieses gewaltigen "Clash of Civilization", mit dem in atemberaubendem Tempo ein ganzer Kontinent seine Identität verändert. Maximilian Schell sucht nach Ursache, Wirkung und Mechanismen des massiven Kulturwandels. "Aufstieg und Fall" - wie bei keinem anderen Reich in unserer Reihe vermischt sich in dieser Folge beides zu einer unauflöslichen Einheit: Was der USA zu weltpolitischer Größe verhalf, bedeutete für die Kultur der Ureinwohner zugleich den Absturz in die Bedeutungslosigkeit.
Ein unendlich weites, kulturloses Land, in dem nur vereinzelt ein paar Wilde wohnen - so war das Bild Nordamerikas bevor Kolumbus kam. Doch auch hier sah die Realität anders aus: 500 Stämme mit 175 unterschiedlichen Sprachen und ganz individuellen Traditionen bevölkerten den Kontinent. Sie lebten als Fischer, trieben Landwirtschaft oder zogen als Nomaden über das Land. Im Mittelalter gab es Indianerstädte, die größer waren als die meisten europäischen Metropolen ihrer Zeit.
Lernen von den Indianern
Natürlich gab es Spannungen zwischen Europäern und Indianern. Einige Auseinandersetzungen weiteten sich zu furchtbaren Kriegen aus. Doch Maximilian Schell zeigt uns: Wenn die ersten Europäer nicht von den Indianern gelernt hätten, wären sie verloren gewesen. Den Umgang mit fremden Pflanzen wie Mais, Kartoffeln oder Tabak, Fortbewegung in der Wildnis, das Lenken eines Kanus.
Dass die weißen Siedler schnell Boden gegenüber den Indianern gewannen, lag weniger an ihrer überlegenen Kriegskunst als an einem Mitbringsel: Bis zu 90 Prozent der Indianer Nordamerikas fielen europäischen Krankheiten zum Opfer. Die Überlebenden versuchten auf alle nur denkbaren Arten, den Weißen Herr zu werden: Sie kämpften, sie verbündeten sich oder passten sich an.
Irokesen und Cherokee
Die Irokesen stiegen zu einem der mächtigsten Stämme auf, weil sie sich mit den Engländern verbündeten, wurden aber vernichtend geschlagen, als die Amerikaner sich selbstständig machten. Die Cherokee assimilierten sich so weit, dass sie sogar schwarze Sklaven hatten. Doch letztlich nutzte ihnen auch dies nichts. Auf dem berüchtigten Leidensweg, dem "trail of tears", verloren Tausende ihr Leben und alle ihre Heimat. Die Sioux gewannen unter ihrem großen Führer Sitting Bull völlig überraschend noch einmal eine große Schlacht. Doch nicht nur Sitting Bull fand ein tragisches Ende, sondern auch die letzte Hoffnung der Indianer starb bei dem Massaker von Wounded Knee.
Mit Hilfe aufwändiger Spielszenen führt der Film in eine Welt, deren Wirklichkeit im Nebel der Geschichte fast vollständig versunken ist und durch Legenden und Klischees längst überlagert wird. Gedreht wurde an verschiedenen amerikanischen Originalschauplätzen, an denen schon legendäre Western wie "Der mit dem Wolf tanzt" gefilmt wurden. Vor der unendlichen Weite amerikanischer Landschaften und in den Gesichtern von Indianern verschiedener Stämme lebt die faszinierende Kultur der Ureinwohner Nordamerikas wieder auf, die durch die Ausbreitung der Weißen fast verloren schien.