Josef Ressel studiert vier Semester an der technischen Universität Wien Naturgeschichte, Chemie, Mechanik und Hydraulik. Dann verliert sein Vater die Arbeit, die Familie verarmt. Ressel muss das Studium abbrechen und Förster werden. Doch seine Leidenschaft gilt weiterhin der Technik.
Erfindungen ohne Profit
Im Jahre 1821 wird der junge österreichische Förster nach Triest versetzt. Die Wälder an der Küste und ganz Istriens gehörten damals zum österreichischen Reich. Als kaiserlich-königlicher Domänen-Vizewaldmeister ist Josef Ressel verantwortlich für die österreichischen Marinewälder in einem riesigen Gebiet. Die Wälder liefern Holz für den Schiffsbau der österreichischen Flotte. Für Kiel, Spanten und Formstücke werden vor allem Krummhölzer aus Eiche benötigt. Die Hölzer werden direkt im Wald ausgewählt. Ressel hat die Vorräte zu berechnen, die Auswahl der Hölzer zu treffen und für termingerechte Lieferung nach Venedig zu sorgen. Ständig macht er Verbesserungsvorschläge: neue Berechnungsformeln, neue Messinstrumente, neue Wegenetze. Bei seinen Vorgesetzen gilt er bald als Störenfried.
Inspiriert von der Nähe zum Meer beschäftigt sich Ressel zunehmend mit Problemen der Navigation und der Schifffahrt. Er wohnt nun mit seiner kleinen Familie seit mehreren Jahren in der adriatischen Hafenstadt Triest. Seine Frau Jakobine hatte er auf einer Dienstreise kennen gelernt und wenige Wochen später geheiratet. Schon bald waren sie zu dritt. In der wenigen freien Zeit arbeitet er an Erfindungen. Er erhält sogar ein Patent auf ein neuartiges Messgerät, doch Geld verdient er dadurch nicht. Mit 800 Gulden Jahresgehalt bringt er seine Familie gerade so durch. "Was braucht man mehr als einen Stuhl, einen Tisch, ein Bett, um glücklich zu sein", tröstet er seine Frau Jakobine.
Zu dieser Zeit wird Triest mit Venedig nur durch eine Dampf-Schifffahrtslinie verbunden. Die Passagiere müssen 19 Stunden lang auf dem Raddampfer Carolina II. ausharren. Ohrenbetäubender Lärm und beißender Ruß macht die schaukelige Fahrt zu einer Tortur. Ein englischer Geschäftmann namens William Morgan hält das alleinige Privileg, diese lukrative Linie mit einem Raddampfer zu befahren. Fast täglich beschweren sich Reisende. Manche fordern Schadenersatz. Sie könnten ja den langsameren Postsegler nehmen, meint Morgan überheblich. Der Brite wird bald ein erbitterter Gegner von Ressel werden.
Wenig effektiver Raddampfer
Die wenigen Raddampfer sind nur nahe der Küste im Einsatz. Denn bei hohem Seegang sind solche Raddampfer ungeeignet. Dann heben sich die Seitenräder häufig aus dem Wasser und drehen in der Luft. Doch selbst unter besten Bedingungen wirkt der Vortrieb eines Raddampfers nicht sehr effektiv. Die Hälfte der Zeit kreist das Antriebsblatt über der Wasserfläche, taucht es ein, drückt es das Schiff zunächst nur nach oben. Nur ein Sechstel der Radumdrehung beschleunigt schließlich das Wasser nach hinten und erzeugt Vortrieb. An einem Abend im Jahre 1825 ist ein befreundetes Ehepaar zu Gast. Ressel ist gerade mit dem Raddampfer von einer Dienstreise aus Venedig zurückkehrt. Seiner Frau und den Freunden schildert er entsetzt, wie ungeeignet dieser Antrieb auf dem Meer sei, wie sehr die riesigen Radkästen bei Anlegemanövern gefährdet seien. Da bringt ihn ein Korkenzieher schlagartig auf eine verwegene Idee: So wie eine Schraube sich in einen Korken bohrt, kann sie sich auch ins Wasser bohren. Und vorn an einem Schiff angebracht, könnte die Schraube es hinter sich her ziehen. An diesem Abend reift ein Plan in Joseph Ressel, der ihn sein Leben lang nicht mehr loslassen sollte.
Wiederentdecktes Prinzip
Schon mehr als 2000 Jahre zuvor hatte Archimedes eine Endlosschraube entwickelt. Sie ließ sich hervorragend zur Bewässerung von Feldern einsetzen. Und erst vor wenigen Jahrzehnten hatte man das Prinzip wieder entdeckt und die archimedische Schraube in Holland zur Entwässerung ganzer Landstriche eingesetzt. Eine kleine archimedische Schraube am Schiff angebracht, müsste in der Lage sein, Wasser zu beschleunigen und so das Schiff in Fahrt zu bringen.