Die Jagd mit der Highspeed-Kamera nach superschnellen Phänomenen verlangt vor allem eins: Geduld. Stellen Sie sich vor, Sie wollen eine Biene beim Landeanflug auf ein Gänseblümchen filmen. Der entscheidende Augenblick dauert nur den Bruchteil einer Sekunde, und nicht nur das: Die Schärfe bei Makroaufnahmen ist Millimeterarbeit. Das erfordert höchste Konzentration vom Kameramann, der genau im richtigen Moment und mit den Augen eines Adlers auf "record" drücken und die Superzeitlupe aufzeichnen muss.
Um alles genau zu verstehen, müssen wir Sie mit ein bisschen Technik quälen: Hochgeschwindigkeitskameras haben sozusagen ein "Kurzzeit-" und ein "Langzeitgedächtnis".
Das Bienengesicht in den Fokus kriegen
Nur maximal 30 Sekunden können bei 1000 Bildern pro Sekunde aufgenommen werden. Dann ist die Datenmenge so groß, dass der Take erst einmal im "Langzeitgedächtnis" gespeichert werden muss - und das dauert so lange, wie die Zeit gedehnt wurde: Aus 30 Sekunden werden fünf Minuten. In dieser Zeit ist die Kamera "blind" für neue Aufnahmen, und das Team muss warten.
Aufatmen: Die emsige Honigsammlerin ist exakt auf dem richtigen Punkt gelandet. Zwar schaut sie nicht mit ihren riesigen Facettenaugen in die Kamera, sondern zeigt uns ihren pelzig-pummeligen Po. Irgendwann endlich ergattert die Linse ihr Gesicht. So geht das stundenlang, bis das perfekte Bild im richtigen Licht und ultrascharf entstanden ist. Belohnt wird die Geduldsprobe durch die faszinierenden Details, die in der Superzeitlupe sichtbar werden: der Taumelflug der Honigbienen, bei dem die winzigen Beinchen in der Luft pendeln, der Start der "Flügelpropeller" mit 200 Schlägen pro Sekunde - Bilder, an denen sich das Auge nicht satt sehen kann.
Mit der Kamera auf Entdeckungstour
Diese Freude und das Staunen konnten wir teilen mit den Wissenschaftlern, die uns geholfen haben, Bienen zu dressieren, exotische Fische an Licht zu gewöhnen, große Explosionen und Feuerszenarien möglich zu machen, Schüsse auf Panzerglas mit 40 000 Bildern pro Sekunde festzuhalten. Aus jeder Minute dieser Aufnahmen könne man drei Forschungsarbeiten machen, schwärmte der international renommierte Bienenforscher Prof. Jürgen Tautz von der Bildungs- und Forschungsplattform HOBOS der Universität Würzburg.
Wer Wissenschaftsdokumentationen macht, verspürt oft den Wunsch, selbst zum Entdecker zu werden. Deshalb war unsere Expedition mit der Hochgeschwindigkeitskamera in das unsichtbare Universum ein großes Geschenk. Wir konnten Dinge enthüllen, die niemand zuvor so gesehen hatte. Doch manchmal fehlte uns das Wissen, um das, was die Kamera offenbarte, deuten zu können: die faszinierenden Details zerplatzender Seifenblasen, aber auch die perfekten Bewegungsprogramme von Sportlern und Artisten. So mussten wir auch hier Experten holen, um unsere Bilder interpretieren und mit ihnen gemeinsam neue Forschungsprojekte ins Leben rufen zu können.
Kamera hilft Wissenschaft
Boxen - das müsste in der Superzeitlupe cool aussehen, dachten wir uns. Nicht nur der harte Schlag der Schwergewichtler, sondern vor allem die ultraschnellen Bewegungen der mit Superlativen überhäuften "Killerqueen" Susi Kentikian. Die dreifache Weltmeisterin im Fliegengewicht schlägt mit einem atemberaubenden Tempo von unter 200 Millisekunden und ist schneller als das Auge. Doch was können wir aus ihrem perfekten Bewegungsprofil herauslesen, das in der Superzeitlupe sichtbar ist?
Zwei ebenso passionierte wie angesehene Bewegungsforscher haben sich bereit erklärt, Susi Kentikian für unseren Film so präzise zu vermessen wie kein Boxer zuvor vermessen wurde. Prof. Martin Fischer, Jena, und Prof. Heiko Wagner, Münster, sind dem einzigartigen Talent der Athletin mit Hochgeschwindigkeitskameras, sechs Infrarotkameras, mit Analysen ihrer Muskelaktivität, durch Messungen von Beschleunigungen, Kräften und Impulsen auf die Spur gekommen - ein Joint Venture zwischen Forschung und Film, das beiden Seiten großen Spaß gemacht hat und jetzt als wissenschaftliche Masterarbeit fortgesetzt wird.