Seine Erfindung ist heute das Rückgrat der Weltwirtschaft: Der Dieselmotor, den Rudolf Diesel Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt hat, treibt heute nicht nur Lkw, Pkw, Traktoren oder auch Hochseeschiffe an, sondern auch Kraftwerke, die auf der ganzen Welt Strom und Wärme produzieren. Doch der Erfolg seiner Erfindung hat dem idealistischen Tüftler selbst letztendlich kein Glück gebracht.
Er arbeitet oft über seine Grenze hinaus und riskiert seine Gesundheit: Der junge Ingenieur Rudolf Diesel hat es sich Ende des 19. Jahrhunderts zur Lebensaufgabe gemacht, eine neuartige Kraftmaschine zu entwickeln. Die Dampfmaschine hat sich zu dem Zeitpunkt zwar bewährt. Sie verbraucht aber Unmengen teurer Kohle. Deswegen können nur Wohlhabende Dampfmaschinen bezahlen. Den Handwerkern nimmt sie lediglich die Arbeit weg und treibt sie in die Armut.
Eine Maschine für alle
Der junge Ingenieur Rudolf Diesel will die Verhältnisse ändern. Er will eine neuartige Kraftmaschine bauen, die sich viele leisten können. Seine Idee ist es, einen Motor zu bauen, der klein und handlich ist. Dazu mit einer noch nie dagewesenen Leistung und mit einem wesentlich geringeren Verbrauch an teurem Kraftstoff. Andere Erfinder haben schon versucht, die Dampfmaschine durch Gas- und Benzinmotoren zu ersetzen. Doch solche Motoren sind nur bedingt verwendbar und kosten Unsummen.
Dieselexperte Viktor Glass erzählt eine Anekdote über Diesels "schwarze Geliebte" - wie man damals Diesels Maschine nannteRudolf Diesels Maschine soll nach einem neuen Prinzip funktionieren: der Selbstzündung. Hierbei wird Luft allein durch Zusammenpressen auf mehrere Hundert Grad erhitzt. Wird dann Kraftstoff eingespritzt, entzündet er sich von selbst. Auf die Idee ist Diesel durch ein gängiges Kompressionsfeuerzeug gekommen. Hierbei wird in einem Glaskolben mit leicht brennbarem Zunder Luft so schnell und fest komprimiert, dass durch die Hitze des Drucks der Zunder glüht. Diesel hofft, mit einem viel höheren Druck jeden Treibstoff entzünden zu können - und den Kraftstoffverbrauch senken zu können.
Enorme Hürden
Viele halten den jungen Ingenieur für einen realitätsfremden Träumer. Niemand kann sich vorstellen, dass ein Material einen solch enormen Druck aushalten kann, den Diesels Selbstzünder braucht. Außerdem ist unklar, wie der Treibstoff eingespritzt werden soll.
Denn Pumpen und präzise Ventile gibt es damals noch nicht, um den Treibstoff dosiert in den Brennraum einzuspritzen. Der Vorgang ist bis heute der Schlüsselmoment bei der Entwicklung eines Dieselmotors: Der Zeitpunkt der Einspritzung muss auf die Tausendstel-Sekunde exakt berechnet sein, ebenso die Menge des Kraftstoffs, die beim Autodiesel nur wenige Tropfen beträgt.
Erstes betriebsfähiges Modell
Nur mit Mühe gelingt es ihm, einen Investor zu finden. Erst als Diesel den Druck im Motor auf einen Bruchteil seiner letzten Berechnung senken möchte, erhält er erst von der Maschinenfabrik Augsburg eine Zusage. Schließlich beteiligt sich auch die Firma Friedrich Krupp finanziell, und Diesel kann ab 1893 endlich seinen Probemotor entwickeln. Doch aus der geplanten halbjährigen Entwicklungszeit werden vier Jahre mit vielen Rückschlägen: 1897 ist das erste funktionstüchtige Modell fertig. Es hat eine Leistung von 20 PS.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts beginnt dann der Siegeszug des neuen Motors. Sein Konzept wird immer weiter verbessert und adaptiert. Unermüdlich reist Diesel durch die Welt, um Lizenzen für seinen Motor zu verkaufen. Die Industriellen reißen sich um die Verträge, der Erfinder wird in kurzer Zeit zum Millionär. Doch jahrelange Patentprozesse zerrütten nicht nur Diesels Gesundheit, es geht auch wirtschaftlich mit ihm bergab - als Geschäftsmann hat der geniale Tüftler kein Talent.
Mysteriöses Verschwinden
Schließlich gerät Rudolf Diesel durch seine Erfindung in den Fokus der Politik. Der Kaiser selbst soll sein Buch über die Kraftmaschine gelesen haben. Doch Anfragen der Kaiserlichen Marine lehnt Diesel ab. Er lässt wissen, dass er seinen Motor für kriegerische Zwecke nicht zur Verfügung stellt. Das löst Missfallen aus.
Doch den Ingenieur plagen immer mehr finanzielle Probleme. Obwohl sich der Ausbruch des Ersten Weltkriegs ankündigt, bereitet Diesel ein geschäftliches Treffen im Konkurrenzland Großbritannien vor. Am 29. September 1913 geht er an Bord des Postdampfers Dresden, um später in London an einem Treffen zur Einweihung einer neuen Fabrik für Dieselmotoren teilzunehmen. Er scheint guter Laune zu sein, wird aber, nachdem er abends in seine Kabine gegangen ist, nie wieder gesehen.
Opfer eines Mordkomplotts?
Am 10. Oktober findet die Besatzung eines niederländischen Lotsenboots die Leiche eines Mannes im Wasser. Eugen Diesel identifiziert wenige Tage später die Leiche seines Vaters. Die genauen Todesumstände werden nie geklärt. Seine Hinterbliebenen zweifeln die Theorie an, der Erfinder habe sich angesichts seines bevorstehenden finanziellen Ruins selbst getötet - auch wenn einiges auf einen Suizid hindeutet.
Tatsächlich gibt es den Verdacht, dass der Erfinder einem Mordkomplott zum Opfer gefallen ist. Eine der Thesen besagt, dass Diesel angesichts des nahenden Ersten Weltkriegs ermordet wurde. Denn er verkaufte Lizenzen für seinen Motor an die beiden rivalisierenden Mächte Frankreich und England - was dem deutschen Militär missfiel. Eine andere These geht davon aus, dass Diesel im Auftrag der Ölindustrie beseitigt wurde, da er gerade an einer Biodiesel-Variante arbeitete. Denn es war auch sein Ziel, vom Erdöl unabhängig zu werden. Bis heute konnte das Rätsel um die myteriösen Todesumstände Rudolf Diesels nicht gelöst werden.