Heute erlauben uns Satellitenbilder einen buchstäblich globalen Blick auf die Folgen menschlichen Wirkens: Landwirtschaftliche Nutzflächen überziehen große Teile der Erdoberfläche mit geometrischen Mustern, Megastädte wuchern über schier endlose Flächen, Straßen winden sich selbst durch Hochgebirge und Wüsten. Die so genannte "Technosphäre", die von Menschen hergestellten Dinge, wiegt mittlerweile mehr als die Gesamtheit aller Tiere und Pflanzen. Rund 50 Kilogramm Menschenwerk lasten statistisch gesehen auf jedem Quadratmeter des Planeten. Und die Weltbevölkerung wächst und wächst.
Ernährung als Herausforderung der Zukunft
Im Jahr 2050 werden etwa zehn Milliarden Menschen auf der Erde leben. Sie alle zu ernähren, wird eine der großen Herausforderungen der Zukunft sein. Denn nur etwa ein Achtel der Erdoberfläche kann überhaupt landwirtschaftlich genutzt werden.
Mit der systematischen Bearbeitung des Bodens geht in der Vergangenheit auch die Geburt der ersten großen Hochkulturen, wie etwa Ägypten, einher. Landwirtschaft wird zum Motor der Staatenbildung, und damit nimmt der Prozess der Weltveränderung durch den Menschen langsam Fahrt auf. Ein weiterer großer Meilenstein auf dem Weg zum Zeitalter des Anthropozäns ist das Römische Reich. Seine Ingenieure durchziehen die Welt mit einem Straßennetz von über 200.000 Kilometern Gesamtlänge und beschleunigen so die Umgestaltung der Welt und die Ausbeutung ihrer Ressourcen.
Ungeschütze Flächen erodieren
Aber auch auf der anderen Seite der Erde, in China, machen sich Menschen schon vor Jahrtausenden daran, die Welt für ihre Zwecke umzugestalten, durch die Anlage von Abertausenden Reisterrassen. Auch an entlegenen Orten zeigt sich, dass die von Menschen verursachten Umweltveränderungen keineswegs auf die Moderne beschränkt sind. Schon die Wikinger, die im 9. Jahrhundert Island besiedelten, trieben Raubbau an den Wäldern, nicht anders als die Bewohner Zentraleuropas. Im späten Mittelalter gab es auf dem Gebiet Deutschlands weniger Waldgebiete als heute – mit den bekannten negativen Folgen: Die ungeschützten Flächen erodierten zusehends durch Wind und Regen.
Der nächste große Beschleunigungsfaktor auf dem Weg zum Anthropozän ist die Entdeckung Amerikas und die Ausbeutung seiner Ressourcen durch Europäer. Den Indios war es gelungen, aus einem Wildgras die Maispflanzen zu züchten, wie wir sie bis heute anbauen. Mit einer jährlichen Ernte von mehr als einer Milliarde Tonnen prägt Mais heutzutage ganze Landschaften. Vor allem in den USA trat eine Form des industrialisierten Anbaus den Siegeszug an, der die Landwirtschaft radikal revolutionierte: auf riesigen Flächen, mit schweren Maschinen, künstlicher Bewässerung und einem gezielten Einsatz von Chemie.
Mit Kunstdünger zu mehr Ertrag
Durch dieses "Precision Farming" werden mittlerweile Erträge erzielt, die noch vor 100 Jahren unvorstellbar waren. Einen Baustein dazu lieferte der deutsche Chemiker Fritz Haber, der vor dem Ersten Weltkrieg ein Verfahren entwickelte, aus Luftstickstoff Ammoniak herzustellen, die chemische Basis für Kunstdünger. Das Haber-Bosch-Verfahren ist bis heute eine Schlüsseltechnologie, ohne die die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung kaum möglich wäre.
Eine weniger offensichtliche, aber nicht weniger folgenschwere Auswirkung des Anthropozäns ist die durch Menschen verursachte Migration von Pflanzen. Durch die Erfindung kleiner mobiler Treibhäuser durch den Engländer Nathaniel Ward im frühen 19. Jahrhundert wurde es möglich, Setzlinge per Schiff über die Ozeane zu verfrachten. So gelangten nicht nur Teepflanzen nach Indien und Gummibäume nach Asien, sondern auch eine ungezählte Schar blinder Passagiere auf den Schiffen: Mikroben, Parasiten, Insekten und andere Tiere, die viele Ökosysteme auf der Welt radikal veränderten.
Infografiken und Zahlen zum Anthropozän
Suche nach umweltverträglichen Alternativen
Die Folgen unserer Eingriffe in die Natur sind vielfach spürbar. Wegen fehlender Bienen müssen Obstfelder in China bereits künstlich bestäubt werden, und in Deutschland sind während der letzten Jahrzehnte 70 Prozent der Insekten verschwunden. Aber inzwischen werden die Probleme erkannt und ernst genommen. Vielerorts sucht man nach umweltverträglichen Alternativen, um die zehn Milliarden Menschen, die Mitte des Jahrhunderts auf der Erde leben werden, zu ernähren und dabei gleichzeitig die natürlichen Ressourcen zu schonen.