Lange Sandstrände, sanfte Hügelketten und zerklüftete Vulkane auf der einen Seite, Regenwälder und ein mächtiger Gebirgszug auf der anderen Seite. Die vielfältige Natur in Neuseeland sucht weltweit ihresgleichen und begeistert die Wissenschaftler, früher wie heute. Im zweiten Teil von "Abenteuer Neuseeland" erleben die Zuschauer Walforscher bei ihren Einsätzen vor der Küste und bekommen spannende Einblicke in die Arbeit von Geologen und Naturschützern.
Es waren deutsche Wissenschaftler wie Julius von Haast, die Anfang des 19. Jahrhunderts Neuseeland erforschten. Das "Land der langen weißen Wolke", wie die Maori ihre Heimat nennen, war weitgehend unentdeckt. Voller Leidenschaft bereiste von Haast das Land. Er entdeckte Berge und Flüsse, ausgestorbene Riesenvögel und gründete das erste Museum Neuseelands.
Am anderen Ende der Welt
Über einen Zeitraum von mehreren Monaten reisten die Autoren Christopher Gerisch und Kay Siering immer wieder nach Neuseeland. Insgesamt verbrachten sie mit ihren Kamerateams zehn Wochen am anderen Ende der Welt. Dabei stellten die unterschiedlichen Naturräume die Crew immer wieder vor große Herausforderungen. Das Filmteam campierte tagelang an einem abgelegenen Goldgräber-Fluss, kletterte im Dauerregen über die Eismassen der neuseeländischen Gletscher und kämpfte sich mit einem Segelboot durch den Sturm in der Bay of Islands.
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Uwe Kaulfuß - Geologe und Paläontologe
Dr. Uwe Kaulfuß lehrt und forscht zeitweise an der Otago-Universität in Dunedin, Neuseeland. Immer wieder unternimmt er Exkursionen ins Gelände, vorwiegend in die Gegend von Otago. Besonders interessiert ist der Geologe und Paläontologe an Fossilien, die etwas über die Entstehung des Inselreiches erzählen. Die Ausgrabungsstelle Foulden Maar ist einzigartig für Neuseeland und die ganze Südhalbkugel. Die trichterförmige Mulde vulkanischen Ursprungs war einst ein hochexplosiver Vulkan. Von den 23 Millionen Jahre alten Vulkanen ist heute bis auf ein paar Vulkankegel und einen abgelegenen Vulkankrater nicht mehr viel zu erkennen. Seit 2003 wurden hier mehrere tausend hervorragend erhaltene Fossilien gefunden: Pflanzen und Tiere, die in oder um den See lebten. Die Flora umfasst Farne, Blätter, Blüten mit Pollen, Früchte, Samen und Holz. Die wissenschaftlichen Daten weisen auf einen vielfältigen Lorbeer- Regenwald hin, der auf dem vulkanischen Boden rund um den See wuchs. Auch Insekten und Spinnen waren ein wichtiger Bestandteil des Waldes. Im See lebten Fische, Kieselalgen, Schwämme und Wasserpflanzen. Uwe Kaulfuß und sein Team haben in Neuseeland die Chance, ein uraltes Wald-Ökosystem zu rekonstruieren.
Ingrid Hutzler - Naturschutzbiologin
Ingrid Hutzler ist am Bodensee aufgewachsenen und vor 23 Jahren ausgewandert. Ihre neue Heimat ist die Südinsel Neuseelands. Ingrid Hutzler ist Naturschutzbiologin, sie hat ihr Studium an der Massey University in Neuseeland absolviert. Die unkomplizierte und sympathische Ingrid kümmert sich um bedrohte Vögel und Pflanzen Neuseelands. In Teilzeit arbeitet Ingrid als Executive Officer bei der "Ornithological Society of New Zealand" und ist als freie Mitarbeiterin beim "Department of Conservation" mit Projekten beschäftigt, die zum Erhalt endemischer Arten Neuseelands beitragen. Zu ihren Arbeiten gehört das Fangen und Beringen von Austernfischern, die in der Tasman Bay leben. Ingrid Hutzler arbeitet an einem Master-Projekt über die Neuseeländischen Austernfischer. Ingrid will die Bewegungen dieser Vögel in Relation zu ihrem Futterverhalten, mit Einsatz GPS-Sendern erforschen. Ein weiterer Punkt ihrer Forschung sind die Pfuhlschnepfen. Die erstaunlichen kleinen Vögel fliegen zur Brut 27.000 Kilometer von Neuseeland nach Alaska und wieder zurück. Das ist Vogelflug-Langstrecken-Rekord.
Jochen 'John' Zaeschmar - Segler, Meeresbiologe, Walforscher
Der gebürtige Ostfriese Jochen Zaeschmar wurde nach seinem BWL-Grundstudium Umweltaktivist und arbeitete zunächst als Ranger in England. Während eines Urlaubs 1997 in Neuseeland verliebte er sich und ist seitdem geblieben. Jochen kaufte sich ein Boot und begann ein paar Jahre später Segeltörns für Touristen anzubieten, die die unberührte Natur Neuseelands erleben möchten. Er geht mit Touristen schnorcheln, angeln, wandern und begleitet auch Kayak-Touren. Sein größtes Interesse gilt allerdings schon immer den Walen. Auf seinen Touren sammelte er über viele Jahre hinweg Daten über die Meeressäuger und ist in zwei Walstrandungsgruppen aktiv. Er leitet praktische Lehrgänge zur Rettung von gestrandeten Meeressäugern. 2010 begann er einen Masterstudiengang in "Conservation Biologie" an der Massey University in Auckland. Schon lange interessiert er sich ganz besonders für den Kleinen Schwertwal. Er hat schon einiges über diese Art herausgefunden. Seine Fotos und Filmaufnahmen beweisen, dass Kleine Schwertwale gemeinsam mit Delfinen jagen. Ein Verhalten, dass bisher als unmöglich galt. Durch seine Forschung gilt er inzwischen weltweit als einer der drei Spezialisten auf diesem Gebiet. -
Julius von Haast- Naturforscher
Keiner erforscht so hartnäckig und so begeistert die verborgenen Schätze Neuseelands wie Julius von Haast. Er ist der "Man of Moa", der Entdecker des ausgestorbenen Riesenvogels Moa. Der mutige und ausdauernde Haast ist nicht nur ein Experte in Geologie, sondern auch eine führende Gestalt in der noch jungen akademischen Welt Neuseelands. Seine Schriften über die Geologie und Landschaften sind exakt und detailliert. Dabei entstehen seine Reiseberichte teilweise unter schwierigsten Bedingungen: auf eisigen Berggipfeln, im Buschland oder in der triefenden Nässe der Westküstenwälder. Durch ihre lebhafte Darstellung schildern sie sehr treffend die Großartigkeit der Natur Neuseelands. Der Ausnahmeforscher Haast war von dieser Doppelinsel am anderen Ende der Welt begeistert, erkundete das Land mit allen Fasern seiner Sinne und seines Intellekts.
Beauftragt nach Auswanderungsmöglichkeiten für Deutsche zu forschen, betritt Julius von Haast am 21. Dezember 1858 neuseeländischen Boden. Schon kurze Zeit später erkundet Haast mit dem österreichischen Geologen Ferdinand von Hochstetter die Nordinsel. Die Forscher streifen durch eine Welt, in der alles neu ist: Tiere, Pflanzen und die Maori. Ihre Kultur, Sprache und Lebensart übt eine große Faszination auf die Europäer aus.
Ein Jahr später setzen beide zur Südinsel über. In der Provinz Nelson gehen sie Hinweisen auf Gold-, Kohle- und Kupferquellen nach. Was die beiden Forscher in den wenigen Monaten an Wissen zusammentragen, geht jedoch weit über bloße Entdeckung hinaus. Sie studieren Relikte der Moas, das Leben der Kiwis. Riesige Mengen unbekannter Tiere und Pflanzen werden erfasst, Sammlungen von Gesteinen, Mineralien und Fossilien angelegt.
Nach Abreise Hochstetters startet Haast seine erste eigene Expedition. Er will die fast undurchdringlichen Bergwälder von Nelson an der Westküste erkunden. Die Provinzregierung dagegen verlangt, dass Haast Rohstoffquellen findet, Holzvorkommen abschätzt und Wege durch die bergige Wildnis auskundschaftet. Bei ununterbrochenem Starkregen durchquert Haast reißende Wildbäche, kämpft sich durch das Dickicht aus messerscharfen Blättern, lässt sich am Tag von Sandfliegen malträtieren und nachts von Moskitos. Doch nicht zuletzt durch seine mitreißende Art ist diese Expedition ein voller Erfolg: Haast bestätigt die legendären Kohlevorkommen am Grey River, deren vier Meter dicke Ader sich bis an die Erdoberfläche zieht. Ein großer Forscherdrang packt Haast. Lediglich die Küstenregionen sind gut erforscht, weite Teile des unzugänglichen Inlands noch "weiße Flecken".
Mit seinem nächsten Auftrag 1861 macht sich Haast endgültig einen Namen als überaus fähiger Geologe. Er soll die Provinz Canterbury erkunden und nach Mineralien suchen. Und nach Gebirgspässen, damit die Siedler die Neuseeländischen Alpen durchqueren können. Die hohen Berge schieben sich wie eine unüberwindliche Mauer zwischen die flachen Regionen im Osten und die schmale Küstenregion im Westen. Der erste Versuch, einen Tunnel durch das Gebirge zwischen Lyttelton und Christchurch zu treiben, ist gescheitert. Das Gestein ist zu hart. Haast untersuchte die Abfolge von Lavaströmen und alten Kraterwänden. Sein Bericht sorgt dafür, dass der Tunnelbau erfolgreich zu Ende gebracht wird. Endlich erhält er einen Titel: Er wird zum Provinzial-Geologen von Canterbury ernannt und nimmt die britische Staatsbürgerschaft an.
Seine nächste Expedition führt ins Zentrum der Südalpen zur Quellregion des Waitaki. Danach erkundete er die Gletschergebiete des Distrikts Tasman. Binnen vier Monate benannte er zahlreiche, teilweise von ihm bestiegene Hauptgipfel, Gletscher und Flüsse. Erkundungstour folgte nun auf Erkundungstour.
Anfang 1862 beginnt die Expedition in die Region des Mount Cook. Die Suche nach Goldadern bleibt erfolglos. Im Dezember folgt die Makarore-Expedition. Haast gelingt unter großen Strapazen der Durchbruch zur Westküste. Mit schwelgerischen Worten voller Naturromantik beschreibt Haast einige Monate später in seinem Bericht an die Provinzialregierung die Naturschönheiten, die er entdeckt hat. Doch einigen Politikern reicht das nicht. Sie wollen praktische Ergebnisse: Goldadern und andere Bodenschätze. Sie zweifeln, ob der Deutsche sein Geld wert ist, ob er seinen Beitrag zur Entwicklung Neuseelands wirklich leistet. Es ist für Haast eine schmerzliche Erfahrung, dass auch in Neuseeland die reine Wissenschaft bei weitem nicht von allen als eine lohnende Investition angesehen wird.
Wohl auch wegen des politischen Drucks macht sich Haast noch im Jahr 1862 erneut auf. Diesmal in die südlichen Regionen Canterburys an der Grenze zu Otago. Er will herausfinden, ob sich die Goldadern vielleicht bis Canterbury ziehen. Außerdem haben ihn Maori von einem Pass hinter dem Wanaka-See erzählt, über den man die Westküste erreichen könne. So ein Pass wäre ein gewaltiger Schritt vorwärts zur Erschließung des Landes.
Überraschend stellt sich heraus, dass es relativ einfach ist, den Makarore bis zu seiner Quelle zu folgen. Nur 40 Kilometer den Fluss hinauf, bis sie zu einer Stelle kommen, in der das Wasser auf einmal nach Norden fließt: Die Wasserscheide ist erreicht. Der Pass liegt nur 220 Meter über dem Wanaka-See, umgeben von Gletscherregionen. Der Pass trägt heute den Namen "Haast Pass".
1865 bricht der Forscher erneut in die Alpen Neuseelands auf. Sein Auftrag: die neu entdeckten Goldfelder im Westland zu untersuchen. Haasts Forschergroßtat besteht diesmal darin, einen riesigen Gletscher zu erkunden. Damals ist er noch drei Kilometer länger und reicht fast auf Meeresniveau herunter. Haast benennt den Eisriesen nach dem Monarchen Österreichs "Franz-Joseph-Gletscher".
1866 schließlich macht Haast sensationelle Funde: Er gräbt Knochen des Moa und des harpagornis moorei, eines Riesenadlers, aus, der später nach ihm "Haast-Adler" geannt wird. Daraufhin wird er "Fellow" der Royal Society und 1869 Direktor des Canterbury Museum. In den folgenden Jahren engagiert er sich hauptsächlich für den wissenschaftlichen Nachwuchs, begibt sich nur noch auf kleine Expeditionen.
Die 1880er halten für Haast noch zwei Höhepunkte bereit: Adelstitel und wissenschaftlicher Ritterschlag. 1885 wird er zum Kommissionsmitglied ernannt, für Neuseelands Beitrag zur "Colonial and Indian Exhibition" in London. Der Aufenthalt in Europa 1886 wird ein großer Erfolg. Aus "Haast" wird "von Haast": Der österreichische Kaiser erhebt ihn in den Adelstand. In Großbritannien erhält er die Ehrendoktorwürde der Universität Cambridge. Nach Rückkehr von seiner Europareise stirbt Haast überraschend am 16. August 1885. Zu seiner Beerdigung kommen mehr als 1000 Menschen, darunter höchste Vertreter der Regierung.
Der deutsche Forscher hat nicht nur viele geologische Reichtümer Neuseelands entdeckt, sondern den Menschen vor allem die Augen für den weitaus kostbareren Schatz - ihre grandiose Naturlandschaften - geöffnet.
Bibliografie Julius von Haast:
Heinrich Ferdinand von Haast: The Live and Times of Sir Julius von Haast, Wellington 1948
Mark Edward Caudel, Julius Haast: Towards a New Appreciation of His Life and Work, Masterarbeit, University of Canterbury 2007
Mike Johnson, Sascha Nolden: Travels of Hochstetter and Haast in New Zealand, Nelson 2011
Rodney Fisher: Sir Julius von Haast, in: James N. Bade (Hg.): Eine Welt für sich. Deutschsprachige Siedler und Reisende in Neuseeland im 19. Jahrhundert, Bremen 1998In der Tradition der Programme "Abenteuer Sibirien" und "Abenteuer Alaska" liefert der Zweiteiler einen umfassenden Überblick über Neuseeland: faktenreich und spannend, erzählt mit schönsten Bildern.
Erstausstrahlung ZDF: Sonntag, 4. Januar 2015, 19.30 Uhr
Buch & Regie: Christopher Gerisch, Kay Siering
Redaktion TV: Susanne Hillmann, Renate Marel
Redaktion Online: Oliver Unbehend