Für viele gibt es bis heute keine, die besser Tennis spielte als Stefanie Graf. Ihr Vater formte sie zur Jahrhundertsportlerin. Heute feiert sie ihren 50. Geburtstag.
Steffi Graf war für einen Tag während der French Open 2019 in Paris, spielte für einen ihrer Sponsoren ein paar Bälle auf einem Sandplatz unter dem Eiffelturm. Nach Roland Garros aber kam Graf nicht. Und das, obwohl sie hier 1987 mit 17 Jahren ihren ersten Grand-Slam-Titel gegen die große Martina Navratilova gewann. Und auf dem sie vor genau 20 Jahren den letzten ihrer 22 Major-Triumphe feierte, in einem denkwürdigen Spiel gegen Martina Hingis, die das Spiel heute als "eines der besten Frauenspiele der Tennisgeschichte" beschreibt.
Manche Rekorde bestehen bis heute
Graf mochte nie die Aufmerksamkeit und das Rampenlicht, sie wollte einfach immer nur die beste Tennisspielerin der Welt sein. Das schaffte sie und mehr noch, für viele ist und bleibt sie einmalig - eine Jahrhundertsportlerin. Zwischen Juni 1987 und Juni 1999 setzte Graf neue Maßstäbe. Sie gewann im Einzel 107 Titel, führte die Weltrangliste 377 Wochen insgesamt und 186 Wochen nacheinander an, bis heute steht dieser Rekord.
Achtmal war sie am Jahresende die Nummer eins der Welt, auch das schaffte vor und nach ihr keine andere Spielerin. Auch an beiden deutschen Fed-Cup-Erfolgen 1987 und 1992 war sie entscheidend beteiligt. 1988 gewann Graf zudem alle Grand-Slam-Titel in einem Jahr und vollendete mit Olympia-Gold als bis heute einzige Spielerin den sogenannten Golden Slam.
"Fräulein Vorhand"
Athletisch setzte Graf im Frauentennis neue Maßstäbe. Keine bewegte sich an der Grundlinie so elegant, fast tänzerisch, wie sie. Mit ihrer hervorragenden Beinarbeit konnte Graf fast jeden Ball zurückbringen und sich für ihre krachende Vorhand immer wieder in Position bringen. Ihre spektakuläre Waffe brachte ihr dem Spitznamen "Fräulein Vorhand" ein, aber auch ihr markanter Rückhand-Slice-Schlag trieb die Gegnerinnen durch seine Effektivität zur Verzweiflung.
Stefanie Graf wollte nur die Beste sein und ihr Vater half ihr dabei. Peter Graf war der Prototyp des Tennisvaters. Er verfolgte sein ehrgeiziges Geschäftsmodell, seine Tochter zum Superstar zu formen. Er nannte sie seine "Lebensversicherung". Die Öffentlichkeit kannte Peter Graf nur als einen Besessenen. Als einen cholerischen Grobian, dem man unterstellte, er habe die Kindheit seiner Tochter durch überharte Drills, ständiges Gebrüll und abgeschottet vom Rest der Welt ruiniert. Schon mit 13 Jahren nahm man sie von der Schule und machte sie zum Profi.
Wie sie das selbst aus heutiger Sicht empfindet, wird man wohl nie erfahren. Denn bei den wenigen Interviews, die Stefanie Graf gibt, sind die Fragen stets präzise von ihr vorgegeben. Ihre Sozialprojekte, der jeweilige Sponsor, ihre Kinder und die innige Liebe zu ihrem Mann Andre Agassi sind als Themen okay. Der Rest ist tabu.
Nur vom eigenen unbändigen Ehrgeiz getrieben
Doch ihre Mutter Heidi und andere Weggefährten beschrieben es so: Vielmehr war Stefanie Graf schon immer nur von ihrem eigenen unbändigen Ehrgeiz getrieben. Das Himbeereis soll es nur als Belohnung für 50 gelungene Returns gegeben haben. Ihr Wille und ihr Arbeitsethos ließen die Konkurrenz von Anfang an ehrfürchtig erstarren, Training um fünf Uhr morgens war keine Seltenheit.
Aber Peter Graf war ganz klar der Boss seiner Tochter, was das Tennis anging, so wie ihre Mutter Zuhause das Regiment führte.
Vater Graf hat sich tatsächlich die Prämien- und Preisgelder, die seine Tochter Stefanie bei Tennisturnieren rund um den Globus während der 80er und 90er Jahre verdiente, meist in bar auszahlen lassen. Dann trug er die Scheine im heute legendären Jutebeutel heim, manchmal bis zu einer Viertel Million D-Mark auf einmal. Niemand stieß sich daran, die Sponsoren nicht und der Deutsche Tennisbund auch nicht. Sie profitierten schließlich alle vom Boom, den Graf gemeinsam mit Boris Becker ausgelöst hatte.
Kerber und Petkovic lernten Graf erst spät kennen
Peter Graf hatte Narrenfreiheit, diktierte Veranstaltern die Bedingungen, bestimmte Turnierpläne und setzte Antrittsgeld-Forderungen durch. Und er glaubte, für die Gelder keine Steuern zahlen zu müssen - er hatte sie ja in bar bekommen. Für diesen Irrglauben wurde er 1997 zu fast vier Jahren Gefängnis verurteilt, von denen er eines absaß. Für Steffi Graf begann ein schrecklicher Spießroutenlauf mit der Presse, sie nabelte sich von da an geschäftlich von ihrem Vater ab. Als sie im August 1999 ihre Karriere mit 30 Jahren beendete, verschwand sie mit Agassi nach Las Vegas und hinterließ ihren Nachfolgerinnen ein schweres Erbe.
Nach 1999 hatte das einstige Wunderkind, das zum Weltstar geformt worden war, mit dem Tennis abgeschlossen. Mit ihrem Vater hatte sie ihren Frieden gemacht und Peter Graf behält auch nach seinem Tod im Jahr 2013 das Image eines Gefallenen. Doch es bleibt sein Vermächtnis, dass es ohne ihn die Tennislegende Stefanie Graf nie gegeben hätte.