Tiere können fühlen und haben ein Bewusstsein. Haustierhalter wissen intuitiv, dass Hund und Katze ein Seelenleben haben. Forscher können Emotionen und intelligentes Verhalten inzwischen bei vielen Tieren nachweisen – vom Ferkel bis zur Honigbiene. Wie lassen sich die Erkenntnisse in bessere Haltungsbedingungen umsetzen?
Billigfleisch und Tierschutz
Tierliebe wird in Deutschland großgeschrieben - rund 14 Millionen Katzen und fast 10 Millionen Hunde leben in deutschen Haushalten. Über Tierquälerei, Tierversuche und Massentierhaltung empört sich jeder, dennoch verschwindet billiges Fleisch nicht aus den Supermärkten. Tiere werden auch vor dem Gesetz weiterhin entweder wie lebloser Besitz behandelt oder leiden unter "Wohlstandsverwahrlosung", wenn sie wie Menschen gekleidet, frisiert, fett gefüttert und in Puppenwagen spazieren gefahren werden.
Die Mehrheit der Bevölkerung ist der Meinung, dass der Mensch Tiere töten und essen darf, solange er ihnen vorher ein weitgehend artgerechtes Leben ohne Leiden ermöglicht hat. Wie lässt sich das mit den wirtschaftlichen Interessen der Agrarindustrie vereinbaren? Konkrete Gesetze und Verordnungen sind oft weniger am Tierwohl orientiert als an den Interessen der Industrie. Konzerne und Lobbygruppen bestimmen nach wie vor entscheidend mit, ob Praktiken wie die Ferkelkastration ohne Betäubung legal bleiben oder nicht. Und Verbraucher sind nur selten bereit, für bessere Haltungsbedingungen an der Fleischtheke mehr zu zahlen.
Alternativen zu Tierversuchen
Auch in der Forschung müssen Tiere ihr Leben lassen – ebenfalls ein Reizthema für viele Tierschützer. In der Kosmetikindustrie sind Tierversuche mittlerweile verboten. Doch in der Medizin ist Fortschritt ohne Tierversuche noch nicht möglich. Auf jeden Menschen kommen rein rechnerisch zwei Versuchstiere, meist Mäuse, die im Dienste der Forschung sterben müssen. Welche Rechte haben sie?
Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin hat eine der modernsten Haltungseinheiten. Etwa 50 000 Tiere leben hier. Die Forscher versuchen, die Tiere so artgerecht wie möglich zu halten, ohne wissenschaftliche Standards zu verletzen. Eine Gratwanderung. Ein Berliner Start-up möchte nun mit seiner Erfindung medizinische Tierversuche überflüssig machen.
Stress-Erkennungsprogramm für Schweine
Wissenschaftler können mittlerweile Gefühle bei Tieren messen. So analysiert ein Stress-Erkennungsprogramm für Schweine, welche Laute die Tiere von sich geben, um zu erkennen, was Stress erzeugt und was nicht. Sozusagen ein Simultanübersetzer im Schweinestall. Damit könnte die Haltung der Tiere im Stall verbessert und die Produktion gesteigert werden. Zumindest aber sollen sich die Schweine wohler fühlen. Denn Forscher wiesen nach, dass gut gelaunte Schweine ein besseres Immunsystem haben und gesünder sind. Auch bei Schafen, Ratten, Hühnern, Kühen und sogar bei Bienen konnten die Wissenschaftler Gefühle messen. Dass manche Tiere sogar auf Kinderniveau denken können, ist ebenfalls nachgewiesen worden.
"planet e." fragt, wie Tierwohl und artgerechte Haltung im Spannungsverhältnis von Verhaltensbiologie und wirtschaftlichen Interessen verwirklicht werden können.