Über ein Drittel des gesamten deutschen Energiebedarfs wird zum Heizen und zur Bereitstellung von Warmwasser benötigt. Doch um die geplante Umstellung auf Wärmepumpe und Co. wird seit Monaten gestritten. Das private Heim ist zur nationalen Mammutaufgabe geworden.
Soll Deutschland wie geplant bis 2045 klimaneutral sein, müssen 21 Millionen Gebäude dringend "grüner" werden. Für die Sanierung bleiben also nur zwei Jahrzehnte Zeit.
Eines der "energetischen Sorgenkinder" steht in Glückstadt: Lennart und Anna ziehen mit ihren beiden Kleinkindern im Sommer 2023 in Omas Häuschen aus den 60er-Jahren. Die beiden Lehrer haben sich für einen Sanierungsrundumschlag entschieden: Ölheizung raus, Wärmepumpe und Fußbodenheizung rein, Dämmung, wo nötig, später soll eine Photovoltaikanlage aufs Dach.
Doch ständig ändern sich die staatlichen Förderbedingungen, der Bau verzögert sich, und das Lehrerehepaar muss aufpassen, dass die Kosten nicht explodieren. Dabei sind sie in der privilegierten Situation, sich die Sanierung leisten zu können. Aber was ist mit den anderen?
Knapp ein Drittel der deutschen Hauseigentümer wohnt in schlecht sanierten Häusern, 20 Prozent davon mit geringen Vermögen bis 100.000 Euro. Sie können sich keine hohen Investitionssummen leisten.
Zudem ist Deutschland Mieterland, fast die Hälfte aller Deutschen lebt zur Miete. Sind sie zu Passivität verdammt und sollen nur die Kosten stemmen?
In Hamburg wird der denkmalgeschützte Friedrich-Ebert-Hof aus den 20er-Jahren saniert. Die Mieter leben seit 2020 mit den Belastungen einer Großbaustelle. Vieles läuft schief, und die meisten sind frustriert vom Verhalten der Vermieterin, der städtischen Wohnungsbaugesellschaft SAGA, die über 25 Millionen Euro für die Modernisierung des historischen Ensembles investiert. Mit Fertigstellung wird die Nettokaltmiete von acht auf zwölf Euro pro Quadratmeter steigen.
Die Regierung streitet seit Monaten über einen faireren sozialen Ausgleich und die Novelle des Heizungsgesetzes. Karsten Neuhoff vom DIW sowie Mieterschutzverbände fordern eine warmmietenkostenneutrale finanzielle Beteiligung der Mieter und kritisieren die aktuelle Modernisierungsumlage auf die Mieter als sozial unverträglich, unfair und zu hoch.
Wohnungsverbände hingegen sagen, ohne finanzielle Beteiligung der Mieter gehe es nicht. Andreas Breitner, Direktor des Verbandes norddeutscher Wohnungsunternehmen, ist der Überzeugung, dass für die unsanierten Bestände aus den 60er- und 70er-Jahren die C02-Neutralität nicht bezahlbar und die Dekarbonisierung im Gebäudesektor nur über die Bereitstellung höherer Mengen erneuerbarer Energie zu erreichen sei.
Der eingeschlagene Weg zu mehr Klimaschutz und energetischer Unabhängigkeit auch im Gebäudebereich ist kein leichter. Doch hinter den Fassaden aus Beton und Glas verbirgt sich ein ungeheures Potenzial, auf das man nicht verzichten kann, wenn Deutschland seine Klimaziele erreichen will.