Im Jahr 2015 wurden in Deutschland rund 890 000 Asylsuchende registriert. Seitdem sind fast zwei Jahre vergangen. Vorbei ist die große Euphorie und auch die Zuversicht der Deutschen, dass Merkels "Wir schaffen das" Realität werden könnte.
Seit der Silvesternacht in Köln und den Anschlägen von Würzburg, Ansbach, München und Berlin stoßen Flüchtlinge oft auf offene Ablehnung, überall in Deutschland.
Was bleibt zwei Jahre nach dem Kanzlerinnen-Satz "Wir schaffen das"? Wie geht es den Geflüchteten, die in Deutschland erst Schutz - und jetzt eine bezahlbare Wohnung für ihre großen Familien suchen? Wie klappt Integration in Kita, Schule und im Deutschkurs? Wie motiviert sind Flüchtlinge, wenn sie spüren, dass es nicht vorwärts geht und sie eine Nummer in den Mühlen deutscher Bürokratie sind? Wie hilfreich sind deutsche Institutionen und Behörden wirklich?
Ein Jahr lang haben wir zwei Flüchtlingsfamilien und ein Bruderpaar in Berlin mit der Kamera begleitet. Seit ihrer Flucht leben sie in Not- und Gemeinschaftsunterkünften und haben Asylanträge gestellt. Inzwischen haben sie erfahren, wie mühsam und schwierig Integration ist. Bleibt trotz vieler Rückschläge die Hoffnung, in Deutschland ein neues Leben zu beginnen?
Fanar (32), Ali (46) und ihre drei Töchter kommen aus dem Süden des Iraks. Sie erleben eine dramatische Flucht, auf einem Schlepperboot ertrinken sie beinahe und sitzen danach tagelang in einem türkischen Gefängnis. Beim zweiten Versuch gelingt die Flucht über das Meer.
Seit Oktober 2015 leben sie in Berlin-Marzahn in einer Notunterkunft. Im November 2016 wird ihr Asylantrag abgelehnt. Sie gehen in Berufung, aber die Bearbeitung ihres Widerspruchs kann bis zu drei Jahren dauern. Dabei gehören der Elektroingenieur und die Bauingenieurin genau zu den Flüchtlingen, die Deutschland gut gebrauchen könnte. Längst besucht das Ehepaar einen Deutschkurs, und ihre drei Mädchen gehen in Kita und Schule. Bis heute hat sich ihre Situation nicht verändert, ihnen bleibt nur abzuwarten.
Die Brüder Abud (27) und Mohamad (23) sind aus Damaskus geflohen, um nicht in Assads Armee dienen zu müssen - zunächst nach Malaysia. Über die Türkei und Ungarn gelangen sie nach Deutschland. Seit August 2015 leben sie in Berlin-Charlottenburg in einem Erstaufnahmeheim und teilen sich ein kleines Zimmer. Im Januar 2017 wird Abuds Asylantrag genehmigt, Mohamad dagegen wartet bis heute auf Antwort vom BAMF.
Den Start in Deutschland haben sie sich leichter vorgestellt. Auch wenn die jungen Männer mittlerweile gut Deutsch sprechen und hier erste Freundschaften schließen, vermissen sie ihre Familie und die Heimat sehr. Wie und ob sie ihre Zukunft in Deutschland gestalten können, ist ungewiss.
Familie Albasha kommt aus Homs. Ihre Heimatstadt ist durch den Krieg fast komplett zerstört, so auch das Haus der Familie. Im Sommer 2015 verlassen Thaer (43) und seine Frau Shadya (40) mit ihren vier Söhnen Syrien und kommen nach Deutschland. Sie leben mittlerweile in Berlin-Pankow in einer Gemeinschaftsunterkunft, so wie viele andere in beengten Verhältnissen. Außerdem wird im Oktober 2016 in Berlin ihr fünfter Sohn geboren.
Dem Asylantrag der Familie ist im Herbst 2016 stattgegeben worden. Seit Monaten sind sie auf der Suche nach einer Wohnung für die große Familie in Berlin – doch das ist fast aussichtslos. Nach zwei Jahren sprechen die Eltern kaum ein Wort Deutsch. Der älteste Sohn Amer (17) dagegen spricht sehr gut Deutsch. Er muss deshalb für seine Eltern sämtliche Formalitäten klären und ist genervt.