"Auf einem endlichen Planeten ist unendliches Wachstum nicht möglich", sagt der Schweizer Ökonom Mathias Binswanger. Das spricht für Verzicht. Andere sagen: Nur durch Wachstum und neue Techniken ließe sich der Klimawandel stoppen. Eine Grauzone.
Yasmin Polat und Christian Stöcker gehen den Fragen nach und treffen unter anderen Aktivistinnen und Aktivisten der "Letzten Generation". Sie fordern Verzicht: Seit Wochen kleben sie sich auf Straßen fest, blockieren den Verkehr, hindern Hunderte Autofahrer daran, zur Arbeit zu kommen. Sie fordern von der Bundesregierung den Verzicht auf die Förderung von Nordseeöl. "Es tut mir leid, aber wir müssen auch sagen, dass die Menschen, die da gerade im Verkehr sitzen, die sind, die später potenziell kein Essen mehr haben, deren Haus in einer Flut kaputtgeht", sagt Aimée van Baalen, die sich mitten auf der Kreuzung am Frankfurter Tor in Berlin auf den Asphalt geklebt hat. Einige Passanten reagieren mit Wut, andere aber teils auch mit Applaus auf die Aktion der "Letzten Generation".
Seine Verantwortung für die Klimarettung will Gründer Tim Böltken anders wahrnehmen. Er setzt auf Fortschritt, grünes Wachstum und entwickelt mit seiner Firma in Karlsruhe klimaneutralen Kraftstoff, der Erdöl mittelfristig überflüssig machen soll. Synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, könnten bald Flugreisen oder die Schifffahrt klimafreundlicher werden lassen. Noch steckt die energieintensive Herstellung dieser Kraftstoffe in den Kinderschuhen, und die Industrie tut sich mitunter schwer mit der Umstellung. Noch sind E-Fuels doppelt so teuer wie fossiler Kraftstoff. Trotzdem setzt sich Böltken große Ziele: "Wir wollen im Jahr 2035 bis zu fünf Prozent des gegenwärtigen europäischen Ölbedarfs über diese synthetischen E-Fuels ersetzen", sagt er.
Der Weg zum klimaneutralen Fliegen ist also noch weit, denn auch andere Technologien mit Wasserstoff oder Batterien sind noch längst nicht marktreif. Inzwischen steigen die Passagierzahlen an deutschen Flughäfen wieder deutlich an, auch die Flugindustrie setzt auf Wachstum. Die FraPort AG baut gerade das neue Terminal 3, auf dem bis zu 19 Millionen Passagiere pro Jahr abgefertigt werden sollen.
Mitgetragen hat dieses Projekt der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir von den Grünen, der vor seiner Wahl noch versprochen hatte, das neue Terminal verhindern zu wollen. Dem Wachstum steht er weiter skeptisch gegenüber, doch er habe sich den Bedürfnissen des Marktes beugen müssen. Der hessische Wirtschaftsminister glaubt nicht, dass Verbote der richtige Weg sind. Vielmehr setzt er auf Einsicht: "Vielleicht ist ein Wander-Wochenende im Taunus oder im Odenwald sehr viel besser für die Menschen als ein Shopping-Wochenende in New York, Mailand oder London, wo man mit dem Flugzeug hinfliegt."
Die Doku-Reihe "ZDFzoom: Grauzone" behandelt kontroverse Themen und stellt sich gegen ein vereinfachtes Schwarz-Weiß-Denken. Die Hosts decken Missstände in ihrer Komplexität auf und lassen Menschen mit ganz unterschiedlichen Sichtweisen zu Wort kommen. Ziel ist auch ein Verstehenwollen der "Gegenseite". Das Doku-Format vermittelt zugleich fundiertes Wissen über ein Thema, damit sich die Zuschauerinnen und Zuschauer in aktuellen Fragen aus der eigenen Lebensrealität eine Meinung bilden können.
Mehr unter http://grauzone.zdf.de