Jeden Tag geraten in Deutschland junge Menschen aneinander, die Fäuste fliegen, sie knacken Autos oder handeln mit Drogen. Jugendkriminalität ist kein neues Phänomen. Sehr viele Jugendlichen begehen irgendwann mal ein bis zwei Delikte. Lässt man Schwarzfahren, Internetdelikte und Drogenkonsum raus, dann geben 84 Prozent der Jungen und 69 Prozent der Mädchen zwischen dem 13. und 18. Lebensjahr an, zumindest schon einmal geklaut, etwas zerstört oder jemanden geschlagen zu haben. In der Regel leichte Taten. Die Hälfte von ihnen begeht ein weiteres Delikt, dann wieder die Hälfte ein viertes und so weiter. Am Ende bleibt eine kleine Gruppe von Intensivtätern, so fünf bis acht Prozent. Sie sind das eigentliche Problem und mit ihnen beschäftigt sich die Dokumentation von Liz Wieskerstrauch.
Mario ist so ein Intensivtäter. Um ihn zu schützen, nennen wir nicht seinen richtigen Namen. Er war schon als Kleinkind hin- und hergerissen zwischen den getrenntlebenden Eltern. Niemand hatte Zeit für ihn. Mit 12 Jahren die ersten Schnapspartys. Schule abgebrochen. Ausbildung abgebrochen. Drogenkarriere. Beschaffungskriminalität. Wegen schwerer räuberischer Erpressung wurde er zu eineinhalb Jahren Jugendstrafe verurteilt. Die Hälfte der Zeit hat er in der Jugendvollzugsanstalt Regis-Breitingen südlich von Leipzig abgesessen. Für den Rest seiner Strafe hat er einen Platz in einer streng geführten Jugendwohngemeinschaft Nahe Leipzig bekommen. Das Konzept: viel Arbeit, klare Strukturen für den Tag und eine ganze Portion Zuwendung. Doch nur wer sich in einem Stufensystem beweist, darf bleiben. Wer sich nicht einordnen will, geht sofort zurück ins Gefängnis.
Wie bestraft man jugendliche Straftäter am besten? Das Jugendstrafrecht will nicht Strafe und Sühne, es will Erziehung und Resozialisierung. Dafür gibt es zahlreiche Sanktionsmöglichkeiten, die die Richter ausschöpfen. Oft wird eine Gefängnisstrafe nur als Ultima Ratio verhängt. Und selbst dort, im Jugendgefängnis, habe erzieherische Maßnahmen vorrang. Doch der beste Schutz vor Straftaten, darauf bestehen alle Experten – Kriminologen, Gutachter, Polizisten – ist die Prävention. Also hinschauen, wenn in den Familien etwas schiefläuft, aufmerksam sein, wenn Kinder schon im Schulalter besonders aggressiv auffallen, rechtzeitig pädagogische Maßnahmen ergreifen und bei ersten Delikten sofort reagieren.
Die Polizei in Hamburg hat dafür eine eigene Abteilung für Jugendschutz eingerichtet – Polizeibeamte, die wie Sozialarbeiter mit den Jugendlichen sprechen, sie sowohl kontrollieren als auch ermahnen und sie beraten, wenn es um die Folgen ihrer Taten geht. Dabei sprechen die Beamten auch Aufenthaltsverbote für einen bestimmten Bezirk oder Tatort aus, eine aus ihrer Sichtsehr wirkungsvolle Maßnahme.